Es ist schon erschreckend, wenn man morgens beim Blick in die Tageszeitung mit Schlagzeilen über die Arbeitsplatzstreichkonzerte in Deutschlands Schlüsselindustrien konfrontiert wird. Darunter sind so renommierte Unternehmen wie etwa ZF, Continental, Volkswagen, Bayer, SAP, Thyssenkrupp und viele mehr. Laut Presseberichten will die ZF Friedrichshafen bis zu 14.000 Arbeitsplätze abbauen, bei Continental geht es um mindestens 7000 Positionen. Volkswagen hat fast eine Milliarde Euro zurückgestellt, um die Personalkosten bei der Marke Volkswagen um ein Fünftel zu senken. SAP hat sogar 3 Milliarden Euro vorgesehen, um den Abbau von 10.000 Stellen zu finanzieren. Die von den Unternehmen angeführten Gründe für den Personalabbau am Standort Deutschland sind zu hohe Arbeits- und Energiekosten sowie zu bürokratische und zu lange Genehmigungsverfahren. Hinzu kommen wegbrechende Aufträge und hohe Schuldenberge. Die akuten nicht zuletzt auch selbstgemachten Probleme der Großen haben gravierende Konsequenzen für die mittelständischen Zulieferer. Fast täglich erfährt man von Insolvenzen, vor denen auch gut etablierte Unternehmen, die einst als Rückgrat der deutschen Wirtschaft galten, nicht gefeit sind.
Die Folge ist ein schon seit Längerem anhaltender Anstieg der Arbeitslosigkeit. Dieser ist zurzeit so stark wie seit 2015 nicht mehr. Im Juli 2024 waren hierzulande rund 2,8 Millionen Menschen ohne Job. Dies sind 82.000 mehr als im Vormonat und immerhin 192.000 mehr als vor einem Jahr (Bundesagentur für Arbeit). Neue Stellen werden immer seltener ausgeschrieben. 703.000 offene Stellen wurden der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Juli 2024 gemeldet. Das Minus gegenüber Juli 2023 beläuft sich auf 9 Prozent. Die Prognose für den Arbeitsmarkt sei ungünstig, klagt Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit. In der Tat ist eine baldige Trendumkehr nicht zu beobachten, denn von Wachstum ist in der deutschen Wirtschaft nicht viel zu sehen. Menschen, die in die Arbeitslosigkeit geraten, kommen zurzeit schwerer wieder heraus. Der Fach- und Arbeitskräftemangel galt noch bis vor Kurzem als Deutschlands bedeutendste Wachstumsbremse. Diese Bremse scheint sich etwas zu lösen. Allerdings bleibt die strukturelle Arbeitskräfteknappheit aufgrund des demografischen Wandels. Eine Massenarbeitslosigkeit ist daher wohl nicht zu erwarten; eine schleichende Verschlechterung der Jobchancen ist jedoch Faktum.
Diese Entwicklung macht auch vor den eigentlich sehr gefragten Einkäufern nicht halt. Der Recruiting-Experte Dr. Hugo Eckseler, Talent-net, Köln, sieht einen gemischten Arbeitsmarkt. Auf der einen Seite gebe es einen hohen Bedarf an Einkaufsprofis in Wachstumsbranchen wie Energiewende und Netzausbau; auf der anderen Seite seien heute immer mehr Unternehmen abwartend bei Neueinstellungen. Zudem habe die Wechselbereitschaft von Positionsinhabern abgenommen.
Im aktuellen Umfeld kann man den Einkaufsprofis nur empfehlen, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern ihr Kompetenzprofil permanent weiterzuentwickeln und jeden Tag aufs Neue zählbare Wertbeiträge zu erbringen.