Seit dem Release von ChatGPT vor bald zwei Jahren hat künstliche Intelligenz (KI) einen regelrechten Hype ausgelöst – auch im Einkauf. Nun spekulieren Investoren, Analysten und Wissenschaftler, ob wir uns in einer KI-Blase befinden.
Einiges spricht dafür: überzogene Unternehmenswerte, Milliardeninvestitionen, denen geringe Erlöse gegenüberstehen, und immer wieder skeptische Aussagen verschiedener Experten. So könnte eine Diskrepanz zwischen den Versprechungen und den tatsächlichen Fähigkeiten der KI entstanden sein. Die Begeisterung für KI hat Schwergewichte wie Nvidia und Microsoft auf Kurs-Höhenflüge geschickt. Doch jetzt scheint die Angst vor einer Blase die Börse erreicht zu haben. Der Kursverlust der Nvidia-Aktie im Juni und Juli war jedenfalls ein deutliches Zeichen. Und auch andere Tech-Werte haben an der Börse verloren.
Gleichzeitig gibt es Argumente für eine nachhaltige Entwicklung der Technologie. Auch wenn es kurzfristig wahrscheinlich zu Korrekturen kommen wird, sehen viele Experten in KI langfristig einen wichtigen Wachstumstreiber. Schließlich es ist kaum von der Hand zu weisen, dass die Technologie das Potenzial hat, die Arbeitsweisen in zahlreichen Branchen und Geschäftsbereiche zu verändern. Was es braucht, ist eine realistische Erwartungshaltung. KI ist kein Zaubertrank, der alle Probleme löst. Vielmehr handelt es sich um ein Werkzeug, das – auf dem aktuellen Stand der Technik – in Kombination mit menschlicher Expertise eingesetzt werden kann, um Mitarbeitende zu unterstützen und zu entlasten. Eine vollständige Übertragung aller Aufgaben an Maschinen ist weder realistisch noch wünschenswert.
Hier eine eindeutige Prognose abzugeben, ist nicht möglich. Dennoch gehe ich davon aus, dass KI sich bereits so fest in der Gesellschaft und Wirtschaft verankert hat, dass der Wandel unumkehrbar scheint. Nun geht es auf Anbieterseite darum, die großen Wertschöpfungspotenziale zu identifizieren und Umsätze zu generieren. Denn eins ist auch klar: Mit einem Monatsabo für 20 Dollar, lassen sich die Serverfarmen nicht für alle Zeit am Laufen halten. Irgendwann sind auch die Mittel von OpenAI & Co. am Ende.
Eine Unterstützung bei der Einordnung könnte der „Hype Cycle“ der US-Analysefirma Gartner sein. Er erklärt mit phantasievollen Namen die verschiedenen Phasen, die neue Technologien durchlaufen. Gut möglich also, dass wir uns bald auf die nächste Etappe begeben, raus aus dem Tal der Enttäuschung und über den Pfad der Erleuchtung auf das Plateau der Produktivität.
Yannick Schwab
Redakteur der Beschaffung aktuell
Kontakt: yannick.schwab@konradin.de