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ChatGPT im Ausschreibungsprozess nutzen

Untersuchung zu Potenzialen und Risiken
ChatGPT im Ausschreibungsprozess nutzen

Firmen im Artikel
Seit der Freigabe von ChatGPT für die Öffentlichkeit haben Large Language Models (LLM) einen grandiosen Siegeszug hingelegt. Für viele Einkäufer sind sie bereits heute aus dem beruflichen Alltag nicht mehr wegzudenken – wie Google & Co. Aber was können Sie wirklich? Was nicht? Welche Risiken beim Einsatz im Einkauf insbesondere im Ausschreibungsprozess sind zu beachten?

Zur Klärung der Fragen, was Large Language Modelle (LLM) im Einkauf leisten können und welche Risiken insbesondere in Ausschreibungsprozessen zu beachten sind, wurde an der Technischen Hochschule Nürnberg in den Monaten Oktober 2023 bis März 2024 eine Studie durchgeführt. Mit fünf Praxispartnern wurde jeweils gemeinsam ein konkreter Ausschreibungsprozess betrachtet und analysiert wie ChatGPT den Einkäufer unterstützen kann. Als Praxispartner nahmen die Firmen Bischof + Klein (Lengerich), LRE Medical (Nördlingen), Netzsch-Gerätebau (Selb), Nürnberger Versicherung (Nürnberg) und Phoenix Contact (Blomberg) teil.

Es wurden zehn zentrale Fragestellungen identifiziert. Zum Beispiel, wie entwickelt sich der Beschaffungsmarkt und die integrierte Technologie? Oder: Welches Angebot gibt es im Markt und wie können die Produkte verglichen werden? Die Fragen wurden im jeweiligen Fall konkretisiert und an ChatGPT (öffentliche Plus-Version) gestellt. Die Ergebnisse wurden mit den jeweiligen Einkäufern ausführlich analysiert und bewertet. Abschließend erfolgte eine Gesamtbewertung der Stärken und Schwächen von ChatGPT durch die Praxispartner und das Forschungsteam. Einige Anwendungsbeispiele illustrieren die Chancen und Grenzen von ChatGPT.

– Bedarfsspezifikation: Für die Ausschreibung eines Wägetisch liefert ChatGPT detaillierte Ausschreibungsspezifikationen und Vergleichskriterien mit Konstruktion, Materialien, Abmessung, Tragfähigkeit, Vibrationsdämpfung und Zusatzfunktionen.

– Substitutionsgüter: Im IT-Einkauf werden regelmäßig Marktübersichten zu Standard-Laptops erstellt, insbesondere zur favorisierten Marke und den Wettbewerbsprodukten. ChatGPT erstellt in wenigen Sekunden eine detaillierte Marktübersicht. Die Vergleichskriterien wurden mit ChatGPT gemeinsam entwickelt.

– Lieferzeit und Konditionen: Die Ergebnisse zu Lieferzeiten und Konditionen waren eher bescheiden. Es wurden allgemeine Hinweise gegeben, die losgelöst von der konkreten Nachfragesituation sind. Diese können eine erste Indikation darstellen. Für die konkrete Ausschreibung ergab sich kaum etwas Verwertbares.

– Gesetze: Für Verdrahtungskanäle innerhalb des Schaltschrankbaus bzw. in der Bahnindustrie wurden die geltenden gesetzlichen Bestimmungen aufgelistet und erläutert, natürlich für alle nachgefragten Länder wie beispielsweise China.

– Lieferantenanalyse: Für medizinische Pumpenspritzen des Medizintechnikherstellers, konnten im ersten Schritt drei deutsche und zwei schweizer Lieferquellen identifiziert werden. Die Evaluationskriterien der Lieferanten waren lückenhaft. Im zweiten Schritt wurde eine globale Analyse auf Kompetenzen ergänzt. Hierbei wurden insbesondere weitere Anbieter aus Amerika identifiziert. Im dritten Schritt wurden Anbieter von Komponenten der Pumpenspritze, z. B. Nadel-Hersteller oder Glaszylinder-Hersteller identifiziert.

– Anfrage: ChatGPT formuliert für Laptops eine Anfrage mit Aspekten wie Begrüßung, Hintergrund des Bedarfs, detaillierte Auflistung der benötigten Informationen wie Preise, Konditionen, Rabatte, Garantien, Lieferbedingungen.

Ergebnisse der Untersuchung

Auf Basis der fünf Fallstudien konnten folgende Wertungen zum Nutzen von ChatGPT gezogen werden:

Das Arbeiten mit ChatGPT ist einfach und erfolgt intuitiv. Im Gegensatz zu Google sind die Ergebnisse in der Regel sehr gut strukturiert. Die Ergebnisse sind teils erstaunlich tiefgehend. Hierzu trägt insbesondere die schrittweise Kommunikation zwischen Mensch und ChatGPT bei, die über mehrere Runden zu den Antworten von ChatGPT Vertiefungsfragen stellt.

Zur Steigerung der Qualität der Ergebnisse sind im Prompt-Engineering die Fragestellungen präzise zu formulieren. In der Tabelle finden Sie Prompts zu ausgewählten Fragestellungen im Ausschreibungsprozess. Diese sind auf die jeweilige Ausschreibung anzupassen. Online sehen Sie die kompletten Ergebnisse.

Die Studie arbeitete mit dem allgemeinen öffentlichen Modell von ChatGPT. Insofern wurden keine vertraulichen Daten verwendet. Der Datenschutz ist ein ernstzunehmendes Problem. Allerdings ist dieses Argument zweifach zu relativieren. Bei genauer Betrachtung sind viele Fragen nicht geheim: Was ist vertraulich an der Frage: Erstelle eine detaillierte Marktübersicht zu Standard-Laptops. Aktuell sind gekapselte LLM`s im Vormarsch, die externe Daten einholen, aber keine Informationen nach außen geben.

Der Vorteil ist häufig nicht darin zu sehen, dass ChatGPT Auswertungen erstellt, die der Mensch mit Google nicht erstellen könnte. Das Arbeiten mit ChatGPT ist einfach nur um Größenordnungen effizienter: Ein komplexes Anfrageschreiben in drei Sprachen mit Korrekturlesen und Nachbessern dauert mit ChatGPT vielleicht 30 Minuten relativ zu drei Stunden auf dem klassischen Weg. Eine Marktübersicht von Laptops ist nach zehn Minuten fertig relativ zu einem Tag im klassischen Marktforschungsprozess.

Aufgrund dieser Effizienz werden im Einkauf neuartige Anwendungen möglich, z. B. regelmäßig aktualisierte Lieferantendossiers, fachlich tiefgehende Analysen in Beschaffungsmarktstrategien oder Lieferantensuche in neuen Regionen. Falls es noch jemanden gibt, der GPT oder vergleichbare LLMs noch nicht intensiv nutzt, gibt es nur einen Rat: Sofort starten, die Registrierung dauert keine zwanzig Minuten.

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Bild: Heß, Gerhard, Liepold, Nico: Potenziale und Risiken von ChatGPT im Ausschreibungsprozess des Einkaufs, Nürnberg 2024“

Download der Studie

Die Studie „Potenziale und Risiken von ChatGPT im Ausschreibungsprozess des Einkaufs, Nürnberg 2024“ kann als pdf kostenlos unter
www.procuremPrompts_Ausschreibungenent-talk.de (aktuelles) angefordert werden.


Bild: TH Nürnberg

Prof. Dr. Gerhard Heß

TH Nürnberg und Leiter Institut für Beschaffungsstrategie.


Bild: MAN

Nico Liepold

Strategischer Einkäufer bei MAN Truck & Bus SE, zzt. der Studie Masterand an der
TH Nürnberg.

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