Nun ist amtlich: Die belgische Ratspräsidentschaft hat die Abstimmung über die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) verschoben. Wann und wie es weitergeht, ist offen.
Derweilen haben sich acht große Wirtschaftsorganisationen (BGA, Gesamtmetall, MITTELSTANDSVERBUND, Stiftung Familienunternehmen und Politik, textil+mode, VCI, VDMA und ZVEI) zusammengeschlossen und in einer gemeinsamen Erklärung den aktuellen Entwurf der EU-Lieferkettenrichtline wegen „handwerklicher Mängel“ abgelehnt.
In der Pressemitteilung heißt es: „Die EU-Lieferkettenrichtlinie verfolgt zwar ein richtiges und wichtiges Ziel, ist aber in der Praxis für europäische Unternehmen schlicht nicht umsetzbar.“ Sie fordern eine Versachlichung der Debatte und appellieren an die Bundesregierung und weitere EU-Staaten, bei ihrer Position der Enthaltung zu bleiben. Ziel müsse es sein, einen Gesetzesvorschlag zu präsentieren, der in der Praxis auch funktioniert und den Schutz von Menschenrechten sowie die berechtigten Interessen der Unternehmen vereint.
Denn die jetzige Fassung „könnten jedoch dazu führen, dass deutsche und europäische Unternehmen sich aus Märkten und Ländern zurückziehen. Dann wäre das Feld offen für andere Marktteilnehmer mit deutlich geringeren Standards. Damit würde dem eigentlichen Ziel der EU-Lieferkettenrichtlinie ein Bärendienst erwiesen. Daher braucht es eine Regulierung mit mehr Praxisbezug und Augenmaß.“
Zivilrechtlichen Haftung
Ein weiterer Kritikpunkt ist der übermäßig weitreichende Anwendungsbereich der Richtlinie, der über den Schutz der Menschenrechte und die unternehmenseigenen Produktions- und Arbeitsstätten hinausgeht. Die Unternehmen sollen nahezu sämtliche Stufen ihrer globalen Lieferketten auf Verstöße gegen Menschenrechte, Umwelt- und Sozialstandards überprüfen. Insbesondere Industrieunternehmen, die häufig Zehntausende oder sogar sechsstellige Zahlen von Zulieferern haben, sehen sich vor immense Herausforderungen gestellt.
Die Verbände betonen, dass viele Unternehmen nicht über die Verhandlungsmacht verfügen, um von ihren Lieferanten in den vorgelagerten Stufen der Lieferkette den geforderten Einblick zu erhalten. In diesem Zusammenhang plädieren die Wirtschaftsvertreter dafür, die Sorgfaltspflichten auf das zu beschränken, was Unternehmen tatsächlich kontrollieren und beeinflussen könnten. Dazu gehören der eigene Betrieb, Tochtergesellschaften sowie die Lieferanten der ersten Ebene der vorgelagerten Lieferkette, bei denen aufgrund der Marktmacht und des Umsatzes ein Einfluss möglich ist.
Die Wirtschaftsverbände appellieren, die Auswirkungen und Machbarkeit des Lieferkettengesetzes im Dialog mit der Wirtschaft zu prüfen und eine Lösung zu finden, die sowohl den Schutz von Menschenrechten als auch die unternehmerische Realität berücksichtigt. (sas)