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Intelligentes Nachhaltigkeits-Radar für die Lieferkette

Autohersteller nutzen KI zur Minimierung von Nachhaltigkeitsrisiken
Intelligentes Nachhaltigkeits-Radar für die Lieferkette

Die Marken Porsche, Audi und Volkswagen setzen auf Künstliche Intelligenz (KI), um Nachhaltigkeitsrisiken wie Umweltverschmutzung, Menschenrechtsverstöße und Korruption nicht nur bei direkten Geschäftspartnern, sondern auch in den tieferen Stufen ihrer Lieferkette frühzeitig zu erkennen.

Die Basis für das Monitoring bildet ein intelligenter Algorithmus des österreichischen Start-ups Prewave. Mit der Technologie können lieferantenbezogene Nachrichten aus öffentlich zugänglichen Medien und sozialen Netzwerken in mehr als 50 Sprachen und aus über 150 Ländern identifiziert und ausgewertet werden. Bei Anzeichen von Nachhaltigkeitsrisiken in der Lieferkette werden die Marken benachrichtigt. Die Beschaffung prüft dann den Sachverhalt und die Einleitung von Gegen-Maßnahmen. Die KI wird so zum proaktiven Frühwarnsystem für Verstöße gegen die Nachhaltigkeitsanforderungen des Volkswagen Konzerns. Sie ergänzt herkömmliche reaktive Beschwerdekanäle wie Postfächer oder Ombudsleute. Seit Beginn des Pilotprojekts im Oktober 2020 analysieren die Marken mehr als 5000 Schlagworte und haben über 4000 Lieferanten im Blick.

Transparenz in den tieferen Lieferketten

„Mit Prewave steuern wir zielgerichtet Risiken auch in den tieferen Lieferketten. Uns geht es um Transparenz. Die künstliche Intelligenz vereinfacht die komplexe Analyse von Daten. Damit können wir uns direkt an die Partner wenden und Verbesserungen bei der Nachhaltigkeit einfordern. Unser Ziel ist es, dies gemeinsam mit den Lieferanten zu erreichen. Im Eskalationsfall, bei Nichterfüllung der vereinbarten Maßnahmen, kann dies bis zu einer Beendigung der Geschäftsbeziehung führen“, sagt Markus Wagner, Leiter Beschaffung Strategie und Nachhaltigkeit Porsche AG.

Der entscheidende Vorteil der KI ist ihre Schnelligkeit, mit der sie relevante Nachrichten online erkennen und gebündelt übermitteln kann. Wir erfahren so viel früher von Nachhaltigkeitsrisiken und können infolgedessen schneller reagieren“, sagt Marco Philippi, Leiter Strategie Beschaffung bei Audi. „Die KI ist ein ideales Beispiel, wie Digitalisierung zu mehr Nachvollziehbarkeit in der Lieferkette beitragen kann.“

Ullrich Gereke, Leiter Strategie Beschaffung des Volkswagen Konzerns, ergänzt: „Wir stellen uns unserer Verantwortung für eine nachhaltige und gerechte Lieferkette. Dafür haben wir bereits 2014 Nachhaltigkeitskriterien für unsere Lieferanten vertraglich verankert. Die Einhaltung unserer Standards wird seit 2019 im Vergabeprozess überprüft. Durch die Partnerschaft mit Prewave haben wir nun ein weiteres Instrument, mögliche Verstöße aufzudecken, diesen nachzugehen und zu verbesserten sozialen und ökologischen Bedingungen in den Produktionsstandorten unserer Lieferanten beizutragen.“

„Wir freuen uns gemeinsam mit Porsche, Audi und Volkswagen dieses Vorzeigeprojekt in der Automobilindustrie durchzuführen. Tausende, global verteilte Lieferanten werden dank unserer Technologie in Echtzeit auf Nachhaltigkeitsrisiken geprüft. Machine Learning und automatisierte Sprachverarbeitung macht so möglich, was manuell ein Ding der Unmöglichkeit wäre: Kontinuierliche Risikoabschätzungen über die gesamte Lieferkette mit der die Beschaffung dann proaktiv auf die Lieferanten zugehen kann“, sagt Harald Nitschinger, CEO Prewave.

Vorzeigeprojekt in der Automobilindustrie

Die Nachhaltigkeitsanforderungen des Volkswagen Konzerns sind im Code of Conduct für Geschäftspartner zusammengefasst. Begründete Hinweise auf Verstöße nimmt der Konzern sehr ernst und geht ihnen konsequent nach. Ab Juli 2019 wurde das Sustainability-Rating (S-Rating), ein Nachhaltigkeitsrating für Lieferanten, sukzessive in den einzelnen Konzernmarken als vergabepflichtiges Kriterium eingeführt.

Seit dessen Einführung ist Nachhaltigkeit ein verbindliches Vergabekriterium für alle Lieferanten von Produktionsmaterial und in der allgemeinen Beschaffung. Im Vergabeprozess steht Nachhaltigkeit damit auf einer Stufe mit den Kriterien Kosten, Qualität, technologische Kompetenz und Logistik. Geprüft werden zum einen Risiken in den Bereichen Soziales und Umwelt, zum anderen im Bereich Compliance – einschließlich eines ethisch korrekten Verhaltens.

In einem ersten Schritt müssen Lieferanten eine Selbstauskunft zu definierten Nachhaltigkeitskriterien abgeben – Grundlage bildet ein standardisierter und in der Automobilbranche etablierter Fragebogen. Führt die Selbstauskunft zu einem unzureichenden Ergebnis, dann folgt in einem zweiten Schritt ein Vor-Ort-Check, der von einem unabhängigen Nachhaltigkeitsauditor durchgeführt wird. Sollten weiterhin Auffälligkeiten bei der Durchführung des Audits beobachtet werden, führt dies zu einer negativen Bewertung des Lieferanten. Gemeinsam mit dem Lieferanten wird dann ein sogenannter „Corrective-Action-Plan“ aufgesetzt, mit dem die festgestellten Risiken zeitnah behoben werden müssen. Die Umsetzung der Maßnahmen unterliegt einer zentralen Überprüfung. Betroffene Zulieferer werden so lange nicht bei Vergaben berücksichtigt, bis die Einhaltung der Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllt ist.

In einem verpflichtenden Schulungsbaustein wurden im Berichtsjahr 432 Mitarbeiter aus der Porsche-Beschaffung zum S-Rating geschult, um Nachhaltigkeit in den operativen Beschaffungsprozessen zu verankern. Ein digitales Lernmodul ermöglicht auch den Mitarbeitern aus den weiteren Unternehmensressorts, sich über das Konzept und die Kontrollmöglichkeiten des S-Ratings zu informieren.

2019 wurden im Volkswagen Konzern sogenannte Hochrisiko-Rohstoffe definiert und in mehreren Projekten sukzessive analysiert. Porsche analysiert in enger Zusammenarbeit mit ausgewählten Lieferanten zwei der identifizierten Hochrisiko-Rohstoffe. Auf diese Weise wird die gesamte Lieferkette bis zur Rohstoffherkunft nachverfolgt und alle involvierten Zwischenlieferanten identifiziert, um menschenrechtliche Risiken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen ergreifen zu können. Im Konzernverbund werden zudem kontinuierlich Ansätze entwickelt, um einen verantwortungsvollen Rohstoffbezug gewährleisten zu können.

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