Die Nachhaltigkeits-, Risiko- und Compliance-Plattform Prewave hat in einer Serie-B-Finanzierungsrunde 67 Millionen US-Dollar (63 Mio. Euro) erhalten. Die Runde wurde von der globalen Investmentgesellschaft Hedosophia angeführt und umfasste Beteiligungen der bestehenden Investoren Creandum, Ventech, Kompas, Speedinvest und Working Capital Fund.
„Mit dieser Finanzierung können wir unsere globale Expansion beschleunigen, wobei der US-Markt für uns oberste Priorität hat“, betont Harald Nitschinger, Mitgründer und Managing Director von Prewave. Darüber hinaus soll die Finanzierung die weitere Produktforschung und -entwicklung auf Basis der firmeneigenen KI-Technologie unterstützen.
Lieferketten sorgen für vielfältige Herausforderungen
Unterbrechungen der Lieferkette – von Naturkatastrophen bis hin zu arbeitsrechtlichen Problemen – stellen Unternehmen vor große operative Herausforderungen. Darüber hinaus haben die zunehmende geopolitische Instabilität, der Arbeitskräftemangel und der Inflationsdruck die Risiken in der Wertschöpfungskette in den letzten Jahren erhöht. Schätzungen von GEP zufolge kosten Unterbrechungen die Unternehmen 6 bis 10 Prozent ihres Jahresumsatzes.
Ebenso sehen sich Unternehmen mit diversen neuen Nachhaltigkeits- und Lieferkettenvorschriften konfrontiert, die jeweils komplexe Berichts- und Compliance-Anforderungen sowie potenziell hohe Strafen bei Verstößen vorsehen:
- Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) tritt 2025 in Kraft und wird strenge Reporting-Pflichten für Unternehmen einführen, die mit Rohstoffen oder Produkten handeln, welche üblicherweise mit Entwaldung in Verbindung stehen.
- Die EU-Richtlinie Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) wird ein umfassendes neues Regelwerk einführen, das darauf abzielt, nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten in den Betrieben entlang ihrer globalen Wertschöpfungsketten sicherzustellen.
- Auf nationaler Ebene stellen der Dodd Frank Act (USA), das Loi de Vigilance (Frankreich), das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (Deutschland) und das VSoTr (Schweiz) weitere regulatorische Herausforderungen für die Unternehmen dar.
140 Risikoarten identifizieren und managen
Prewave löst dieses Problem eigenen Angaben zufolge, indem es die Möglichkeiten der KI nutzt, um die Lieferketten transparenter, konformer und widerstandsfähiger zu gestalten. Die Plattform identifiziert demnach 140 Risikoarten auf globaler Ebene und unterstütz Unternehmen bei deren Management. Dazu gehören Probleme, die die Widerstandsfähigkeit beeinträchtigen und Störungen verursachen (Naturkatastrophen, Cyber-Risiken, Unfälle und rechtliche Fragen), Nachhaltigkeits- und ESG-Risiken sowie die Einhaltung einer wachsenden Zahl nationaler und internationaler Vorschriften.
Basierend auf zehn Jahren Forschung, Entwicklung und Datentraining identifiziert die künstliche Intelligenz Risikosignale in riesigen, fragmentierten Datensätzen, darunter Nachrichten und Social-Media-Inhalte in mehr als 400 Sprachen, Unternehmenszertifizierungen und Geschäftsberichte, Datenfeeds von Regierungen und NGOs sowie Sanktionslisten und Listen politisch exponierter Personen (PEPs). Prewave generiert dann in Echtzeit prädiktive und reaktive Warnmeldungen sowie Handlungsempfehlungen für die Lieferketten von Kunden, risikobehafteten Lieferanten und Sub-Tier-Netzwerken.
Widerstandsfähiger durch Compliance
Das 2017 gegründete Unternehmen ist in Europa schnell gewachsen und hat laut eigenen Angaben im Jahr 2023 eine Verdreifachung des Umsatzes erreicht. Kunden wie Toyota, Ferrari und Dr. Oetker nutzen demnach die Plattform von Prewave, um Risiken in der Lieferkette zu reduzieren und trotz der zunehmenden Komplexität robuste Prozesse zu etablieren.
„Wir haben Prewave gegründet, weil wir davon überzeugt sind, dass Daten und KI eine wichtige Rolle dabei spielen können, Lieferketten transparenter, widerstandsfähiger und nachhaltiger zu machen – und so dazu beitragen, die lebenswichtigen Lieferströme des globalen wirtschaftlichen Fortschritts voranzutreiben“, sagt Harald Nitschinger. „Wir sind davon überzeugt, dass Unternehmen angesichts der zunehmenden Komplexität von Regulierungen nicht einen ‚Tick-Box‘-Ansatz verfolgen sollten, sondern Compliance als Mittel nutzen können, um widerstandsfähiger zu werden. (ys)