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Die (Stahl-)Handelspolitik des Donald Trump – Weitsicht oder Wahnsinn?

Stahlpreisentwicklung aktuell – eine Analyse
Die (Stahl-)Handelspolitik des Donald Trump – Weitsicht oder Wahnsinn?

Die (Stahl-)Handelspolitik des Donald Trump – Weitsicht oder Wahnsinn?
US-Präsident Donald Trump hat seine Bestrebungen, die dümpelnde amerikanische Stahlindustrie mittels Handelsbeschränkungen wieder zu stärken, noch lange nicht aufgegeben. Seine Ankündigung, die USA wieder zu einem exklusiven Produktionsstandort zu machen und Stahlimporte aus China mit Strafzöllen zu belegen, wird aber selbst in weiten Kreisen der US-Wirtschaft keineswegs uneingeschränkt positiv aufgenommen. Dennoch: Die Aktienkurse amerikanischer Stahlhersteller haben sich allein aufgrund der Trump‘schen Angriffslust zuletzt äußerst positiv entwickelt.

Auf den ersten Blick würde die US-Stahlindustrie profitieren, wenn ausländische Mitbewerber höhere Zölle zahlten. „Zu lange haben China und andere Nationen wirtschaftliche Kriegsführung gegen die amerikanische Stahlindustrie betrieben“, heißt es martialisch in einer Mitteilung von US-Steel. Selbst ausländische Konzerne mit Standorten in den USA, wie etwa Arcelor Mittal, sowie auch – wenig überraschend – die amerikanischen Gewerkschaften unterstützen Trumps Pläne.

Subventionierter Stahl ist jedoch nicht der entscheidende Grund für die seit Jahrzehnten negative Entwicklung in der amerikanischen Stahlindustrie, sodass Strafzölle auf Importe aus China sich nur in sehr geringem Maße positiv auswirken würden.

Die USA importieren zwar gut ein Viertel ihres Stahlbedarfes aus dem Ausland, insbesondere Chinas Anteil daran macht aber bereits jetzt nur einen relativ kleinen Teil aus. Ein Großteil der Importe betrifft vielmehr Spezialstähle aus Ländern wie Kanada oder Südkorea. Doch selbst bei aufgrund der avisierten Maßnahmen steigender Produktion in den USA würde der gewünscht Effekt für den Arbeitsmarkt wohl wesentlich geringer ausfallen als erhofft und von Donald Trump schon vollmundig angekündigt. Denn die Hälfte der inländischen Produktion erfolgt mittlerweile bereits in sehr modernen und hocheffizienten Anlagen, bei denen schlichtweg deutlich weniger Arbeitskräfte benötigt werden, als dies früher der Fall war. Die zu Hochzeiten der US-Stahlindustrie etwa 650 000 Beschäftigten werden ohne jegliche Zweifel auch nicht annähernd wieder erreicht werden (können).

Folge: steigende Stahlpreise

Auch wenn sich zukünftig der Bedarf an – in den USA produziertem – Stahl massiv erhöhen würde, müssten die Stahlhersteller zunächst noch einmal investieren, um ihre Kapazitäten entsprechend wieder hochzufahren. Hier stellt sich schon die Frage, inwieweit diese dazu überhaupt bereit sind, wenn – nicht besonders abwegig, da dies selbst von Teilen der Republikaner sehr kritisch beäugt wird – die nächste Regierung den von Donald Trump initiierten stark protektionistischen Kurs wieder um 180 Grad ändert, jedenfalls aber in erheblichem Maße aufweicht.

Aber nicht nur, dass die Pläne von Trump voraussichtlich nicht im erhofften Maße positive Auswirkungen haben werden, vielmehr würden sich vermutlich sogar negative Effekte für die US-Stahlindustrie ergeben. Zu rechnen ist insbesondere mit steigenden Stahlpreisen und damit einer Belastung der stahlverbrauchenden Industrien. So versucht die Automobilindustrie, den drohenden Stahlkonflikt zu verhindern bzw. die tatsächlichen Auswirkungen zu veranschaulichen, indem sie die in Folge der drohenden höheren Stahlkosten in der US-Automobilindustrie gefährdeten Jobs gegenrechnet: Zu den aktuell etwa 150 000 Beschäftigten in der US-Stahlbranche würden etwa 10 000 dazukommen, wenn Trumps Protektionismus umgesetzt würde. Wenn sich die Verbraucher aufgrund der durch die höheren Stahl- auch gestiegenen Fahrzeugpreise aber weniger Pkws leisten können, gingen in diesem Bereich zahlreiche Jobs verloren, die die Mehrbeschäftigung in der Stahlindustrie bei Weitem überstiegen.

Die Erdöl- und Erdgasindustrie kämpft ebenfalls gegen Handelsbeschränkungen, da auch in deren Industrieanlagen hohe Anteile Stahl verbaut werden. Konzerne wie Shell und Exxon Mobile haben bereits scharf vor Stahlzöllen gewarnt. Gleiches hört man aus der Baubranche. Zusätzlich könnte sich durch Gegenmaßnahmen von Seiten Chinas ein wahrer Handelskrieg entwickeln, der auch in weiteren Wirtschaftsbereichen erhebliche, negative Auswirkungen auf amerikanische Unternehmen haben dürfte.

Die Gegner von Trumps Plänen sind insgesamt sowohl hinsichtlich der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer als auch im Hinblick auf ihre Wirtschaftskraft in der Überzahl. Sicherlich nicht zuletzt wegen dieser Widerstände hat die US-Administration die Entscheidung über die Stahlzölle mehrmals verschoben.

Es gibt durchaus Pläne, die der Stahlindustrie deutlich mehr helfen könnten. Würden etwa die angekündigten hundertemilliardenschweren Bauprojekte und Infrastrukturentwicklungen – wie auch immer finanziert – tatsächlich umgesetzt, würde sich eine höhere Stahlnachfrage im Wesentlichen auch nach inländischem Stahl ergeben.

Unsere Annahmen bestätigt auch Peter Fleischer, Head of Investor Relations der Voestalpine AG, der dazu in einem Interview mit „Die Börsenblogger“ sagt: Der Stahlsektor in den USA hat bereits in der Zeit vor Trump umfangreiche Handelsbarrieren gegenüber Stahlimporten verhängt, mit denen der Voestalpine-Konzern durchweg zu leben gelernt hat. Annahmen über zukünftige Ausgestaltungen von Handelshemmnissen unter der Trump-Administration sind mangels konkreter Informationen reine Spekulation.

Die „Gefährdung der nationalen Sicherheit“

Es zeigt sich aber zunehmend, dass in den USA Handelsbeschränkungen teilweise auch kritisch gesehen werden, denn die verarbeitende Industrie in den USA ist abhängig von Vormaterialimporten, da sie bestimmte Produktqualitäten in der Heimatregion nicht vorfinden. Im Fall von Stahl bedeutet das, dass bestimmte hochwertige Stahlgüten im Inland nicht produziert werden. Wenn auf diese Einfuhren nennenswerte Zölle aufgeschlagen werden, wird sich die Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrie im internationalen Handel verschlechtern.

Zurzeit wird von der US-Administration noch eine weitere, für europäische Ohren geradezu befremdlich, ja absurd klingende Möglichkeit der Begründung des Protektionismus geprüft: Ein Gesetz aus den 60er Jahren ermöglicht eventuell eine Einfuhrbeschränkung aus Gründen der nationalen Sicherheit. Das amerikanische Handelsministerium prüft dessen Anwendungsmöglichkeit auch auf Stahlimporte. In Angelegenheiten betreffend die nationale Sicherheit benötigt Donald Trump das Einverständnis des Kongresses nämlich nicht. Allein seine Unterschrift würde reichen, um Strafzölle einzuführen. Diese Gedankenspiele sind bereits so weit, dass sich Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries dazu äußerte: „Es gibt nach hiesiger Einschätzung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass europäische oder deutsche Stahlimporte die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten bedrohen oder beeinträchtigen könnten … Protektionistischen Maßnahmen wäre damit Tür und Tor geöffnet.“

Es bleibt nach alledem spannend, ob sich nicht auch diese Pläne Donald Trumps letztendlich als „Rohrkrepierer“ erweisen – wenn sie denn überhaupt das Licht der Welt tatsächlich erblicken.

In China steigen die Stahlpreise derzeit. Grund hierfür ist insbesondere, dass die Regierung die Hersteller angewiesen hat, die Produktion im Winter zu halbieren, um auf diesem Wege die Luftverschmutzung zu bekämpfen. Aus Angst vor anstehenden Engpässen haben sich daher zahlreiche Unternehmen bereits massiv eingedeckt und so die Nachfrage deutlich erhöht.

Für den deutschen Stahlmarkt halten sich die Auswirkungen bislang in Grenzen. Zumindest war in den letzten Wochen nur in wenigen ausgewählten Bereichen ein gemäßigter Preisanstieg zu erkennen. Tendenziell konnten wir sogar leicht rückläufige Preise verzeichnen. Mehr zu „Stahl und Stahlbeschaffung“, insbesondere auch zu den Stahlpreisen, finden Sie auf www.stahl-kompakt.de


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