„Beschaffungsstrategie konsequent weiterentwickeln“

Herr Krüger, Sie engagieren sich persönlich in der BME-Fachgruppe Energieeinkauf. Welche Inhalte stehen aktuell auf der Agenda?

Krüger: Der intensive Austausch über aktuelle energiespezifische Themen genießt für uns in der Fachgruppe höchste Priorität. Neben der Strom- und Gaspreisentwicklung, die uns kontinuierlich beschäftigt, diskutieren wir u.a. auch intensiv das Tätigkeitsfeld des Energieeinkäufers und dessen unternehmensinterne Wahrnehmung. Nicht überraschend existieren hier teilweise große Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen. Dies gilt auch für die Ressourcenausstattung. In diesem Zusammenhang sind für die Mitglieder unserer BME-Fachgruppe Kennzahlen und Benchmarks wichtige Hilfsmittel, um die Marktsituation valide einzuschätzen.

Was sind aus Ihrer Sicht auf dem Energiesektor die wichtigsten Trends in der Beschaffung?

Krüger: Um die Beschaffungsstrategie konsequent zur strukturierten Beschaffung weiterzuentwickeln, sind neben interner Regelungen insbesondere auch die Nutzung beträchtlicher Datenmengen notwendig. Bei der Bearbeitung großer Datenumfänge stoßen Excel-Tabellen faktisch irgendwann an ihre Grenzen und professionelle Datenmanagementmodelle werden nötig, um den Anforderungen von Großunternehmen und KMU gerecht zu werden. Die Unternehmen setzen folglich entweder auf Outsourcing-Modelle oder auf den Einsatz professioneller Softwaretools, um manuelle Prozesse wie beispielsweise Ausschreibungen oder Rechnungsprüfungen elektronisch zu automatisieren und zu optimieren. Im Ergebnis können dadurch Prozesskosten erheblich reduziert werden – bei gleichzeitiger Erhöhung der Datenqualität, die für die strukturierte Beschaffung notwendig ist.

Im Energieeinkauf gewinnt zunehmend Nachhaltigkeit an Bedeutung. Wird sich diese Entwicklung zukünftig noch weiter fortsetzen?

Krüger: Aus meiner Sicht ist das Thema Nachhaltigkeit inzwischen in der Gesellschaft weitestgehend angekommen. In der Privatwirtschaft stellt sich die Frage, was kostet Nachhaltigkeit und welcher Nutzen resultiert daraus. Neben unternehmerischer Eigenmotivation können konkrete Kundenanforderungen helfen, den Nachhaltigkeitsprozess zu beschleunigen. Hilfreich ist auch der Tatbestand, dass Grünstromprodukte günstiger geworden sind. Hier gilt es aber bei den Produkten genau hinzuschauen und die verschiedenen Angebote unter Leistungsaspekten zu vergleichen. Letztendlich dürfen wir auch nicht aus dem Auge verlieren, dass als Folge der gesetzlich verabschiedeten Energiewende in Deutschland der Einsatz erneuerbarer, nachhaltiger Energien Geltungskraft erlangt hat und die daraus verbundene Mehrbelastung für die Unternehmen signifikant ausfällt.

Stichwort „Karriere in der Beschaffung“: Ihr Rat an den Nachwuchs in Hochschulen und Unternehmen?

Krüger: Energieeinkäufer sind de facto hochspezialisiert. Damit sind sowohl Vor- als auch Nachteile verbunden, die hohe Spezialisierungsgrade mit sich bringen. Ein Energieeinkäufer unterscheidet sich deutlich von einem Einkäufer klassischer Ausprägung. Wer Interesse an den speziellen Marktmechanismen der Energiewirtschaft hat und mit großen Datenmengen prozessoptimiert arbeiten möchte, der findet in der Nische Energieeinkauf eine interessante Alternative. Im Rahmen seiner Querschnittsfunktion zum Energiemanagement bringt der Energiebeschaffer sein Fachwissen zur Energiekosteneinsparung sowie Steuer- und Gebührenentlastung ein. Das für den Einkauf im Allgemeinen typische tägliche Verhandeln von Preisen steht jedoch im Energieeinkauf nicht an vorderster Stelle. Das sollten potenzielle Interessenten wissen. Grund hierfür sind spezielle Beschaffungsmodelle im Energieeinkauf, bei denen der Einkaufspreis nicht im klassischen Sinn zwischen den Geschäftspartnern ausgehandelt wird.

Welche Serviceleistungen des BME nutzen Sie bzw. die Strabag AG?

Krüger: Neben der Tätigkeit in der Fachgruppe Energieeinkauf haben wir bei Strabag für den Aufbau unseres Facheinkaufs „Strom und Erdgas“ viele Hinweise und Empfehlungen des Leitfadens „Strategischer Energieeinkauf“ genutzt und in die Praxis umgesetzt. Aus meiner Sicht stellt der Leitfaden eine hervorragende Publikation dar, die zudem durch kontinuierlich aktualisierte und erweiterte Auflagen auf dem neuesten Stand gehalten wird. Des Weiteren nehmen wir als Unternehmen an BME-Fachseminaren für Energieeinkäufer teil und werden auch zukünftig vom Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebot des BME rege Gebrauch machen.