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Cleverer Umgang mit Monopolisten

Lösungsmöglichkeiten auf der Sach- und Verhandlungsebene nutzen
Cleverer Umgang mit Monopolisten

„Jetzt kommen die schon wieder mit einer Preiserhöhung“, denkt sich manch eine Einkäuferin oder ein Einkäufer, wenn ein Schreiben eines Monopolisten im Briefkasten liegt. „Da habe ich doch eh keine Chance, ein Preiszugeständnis zu erhalten. Ich muss froh sein, wenn ich beliefert werde.“ Diese Aussagen hört man seit anderthalb Jahren regelmäßig, wenn man sich mit Stahleinkäufern unterhält. Ähnliches gilt für die aktuellen Erhöhungen im Energiekostenbereich oder anderen monopolistischen Situationen, die von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sind.

Matthias Großmann www.einkaufstraining.de

Haben wir Einkäufer wirklich „keine Chance“ bei monopolistischen Situationen bessere Konditionen für unsere Unternehmen zu erzielen? Sind wir aufgrund der Abhängigkeit der Willkür des Lieferanten ausgeliefert?
Nein! Wir haben eine reelle Chance, „den Schaden“ einer anstehenden Preiserhöhung zu minimieren oder gar in eine Preisreduzierung umzuwandeln. Natürlich hat alles seine Grenzen, das gilt auch für die Verhandlung mit Monopolisten. Allerdings hat sich gezeigt, dass wir durch gute strategische Einkaufsarbeit und selbstbewusstes Verhandeln bessere Ergebnisse erzielen können. Dies beweist allein die Tatsache, dass die Einkaufspreise und die durchgesetzten Preiserhöhungen bei gleichartigen Stahltypen im Unternehmensvergleich sehr unterschiedlich sind. Für uns bedeutet dies: Der Lieferant hat einen Spielraum und diesen Spielraum sollten wir abschöpfen. Dieser Unterschied reicht von einer niedrigeren Preiserhöhung über eine Nullrunde bis hin zu einer Preissenkung: Bei Monopolisten! Wie ist das zu schaffen?
Der erste Schritt lautet: Überprüfen Sie Ihre Einstellung!
Prüfen Sie einmal, welche Gedanken Sie im Kopf tragen, wenn Sie an Ihre „Monopolisten“ denken. Denken Sie wie oben bereits erwähnt „Da habe ich eh keine Chance!“ oder denken Sie „Ich bin auf das Gespräch gut vorbereitet. Ich habe mein Ziel, ich gebe mein Bestes und ich weiß, ich werde ein gutes Ergebnis erreichen!“ Ihre Einstellung entscheidet über Ihre Motivation und Ihr Durchhaltevermögen! Sie müssen die Möglichkeit für ein gutes Ergebnis „sehen“ und ein zuversichtliches Gefühl in sich tragen. Angst, Zweifel, Frust helfen dabei nicht.
Lernen wir von den Hochleistungssportlern: Diese denken nicht an ihre Misserfolge vor dem Wettkampf, sondern motivieren sich mit ihren Erfolgen. Dies nennt man auch die „Anker-Technik“. Tun Sie das auch! Machen Sie sich Ihre Verhandlungserfolge mit verschiedenen Lieferanten in der Vergangenheit bewusst und rufen Sie diese starken Gefühle vor dem Gespräch mit dem Monopolisten ab. Das stärkt Ihr Selbstvertrauen und bewirkt schon einen guten Gesprächseinstieg.
Es gibt viele Ursachen für Monopolsituationen. Ist es beim Stahleinkauf der parallel verlaufende Preiserhöhungswunsch der Lieferanten aufgrund vermeintlicher Verknappung und Erhöhung des Vormaterials (Oligopol, Kartell), kann es in anderen Bereichen ganz andere Ursachen geben. Die klassische Aussage „Es gibt nur diesen Lieferanten“ ist allerdings eher die Ausnahme, denn die Ursache von Monopolen ist oft hausgemacht.
Einige typische Ursachen für hausgemachte Monopolsituationen sind:
  • Es ist der einzige Lieferant, weil kein zweiter bekannt ist.
  • Aufgrund hoher Werkzeugkosten rechnet sich ein Wechsel nicht.
  • Nur dieser Lieferant erreicht die/den geforderte(n) Qualität/Service.
  • Unser(e), Vertrieb, Technik, Entwicklung schreibt den Lieferanten vor.
Wollen wir in der Verhandlung erfolgreich sein, sollten wir uns zuerst auf der Sachebene überlegen, welche Maßnahmen erforderlich sind, um ein Monopol zu „knacken“. Das ist der beste Hebel: Die Abhängigkeit – da, wo möglich – aufzulösen.
Entsprechend den oben genannten Ursachen für hausgemachte Monopolsituationen ergeben sich beispielhaft folgende Maßnahmen auf der Sachebene:
  • Betreiben Sie Beschaffungsmarktforschung!
  • Klären Sie die Eigentumsverhältnisse! Prüfen Sie die Transferierbarkeit!
  • Bauen Sie einen Alternativlieferanten auf!
  • Erstellen Sie eine Beschaffungsrichtlinie und überzeugen Sie die Fachbereiche!
Ein Beispiel für Beschaffungsmarktforschung, das schließlich zum Erfolg führte, ist der Praxisfall eines größeren mittelständischen Unternehmens, das überzeugt war, dass nur der aktuelle Lieferant die gewünschte Qualität für Zinkdruckgussteile herstellen könnte. Das bekam auch der Lieferant mit und versuchte nach Jahren der Preisstabilität mit Hilfe seiner vermeintlichen Machtposition die Preise um zwölf Prozent anzuheben. Die Verhandlungen der Einkäufer, die Forderung des Lieferanten abzuwehren, dauerten lange und waren erfolglos. Der entscheidende Durchbruch kam erst, nachdem sich die Einkäufer die Mühe machten, endlich einmal den (Welt-)Markt strukturiert nach Alternativen zu prüfen. Die Suche hatte Erfolg: Nach kurzer Zeit konnte ein neuer Lieferant für diese Teile mit vergleichbarer Qualität freigegeben werden und das zu erheblich günstigeren Kosten!
Lösungen auf der Verhandlungsebene:
Nicht immer gibt es Möglichkeiten auf der Sachebene, ein Monopol zu knacken. Außerdem fehlt oft die Zeit, die teilweise aufwendigen Maßnahmen zu erledigen. Deswegen ist es wichtig, durch eine selbstbewusste und lösungsorientierte Verhandlungsführung zu zufriedenstellenden Ergebnissen zu kommen. Welche „Taktiken“ gibt es in der Verhandlung, die auch bei Monopolisten hilfreich sein können? Man unterscheidet zwischen Zuckerbrot und Peitsche. Mit Zuckerbrot sind all jene Taktiken gemeint, die den Monopolisten „freiwillig“ zu Zugeständnissen veranlassen. Herzberg verglich dies mit einem Esel, dem eine Karotte vor das Maul gebunden wird. Will er die Karotte fressen, geht er freiwillig in die gewünschte Richtung.
Was bei dem Esel die Karotte ist, ist bei uns Menschen der Nutzen, der Vorteil, den wir von einer Sache haben. Konkret bedeutet dies, dass wir uns überlegen müssen, was wir dem Monopolisten bieten können, damit er von seiner Preiserhöhungsforderung ablässt. Beispiele hierfür sind:
Nutzen aufzeigen: „Zuckerbrot“:
  • Neue(s) Perspektive/Projekt in Aussicht stellen,
  • Prüfung, ob im Gegenzug andere Produkte aufgenommen werden können,
  • Angebot, gemeinsam Kosten zu senken (KVP-Workshop),
  • Prüfung, ob eine Einkaufskooperation machbar ist,
  • Anbieten einer Vermarktungskooperation.
Nutzen aufzuzeigen ist sicherlich hilfreich und empfehlenswert. Doch genauso wichtig ist es, mit der „Peitsche“ zu arbeiten. Dies heißt natürlich nicht, mit Dingen zu drohen, die wir sowieso nicht einhalten können (z. B. „Dann werden wir wechseln“), sondern es geht vielmehr darum, als Einkäufer Rückgrat zu zeigen, damit auch der Monopolist Achtung vor uns als Verhandlungspartner hat. Erscheinen wir in der Opferrolle, wird der Monopolist dies ausnutzen!
Konkret heißt das: Auch wenn wir in einer gewissen Abhängigkeit sind, sollen wir selbstbewusst verhandeln. Zeigen Sie dem Verkäufer klar die Grenzen auf und fordern Sie Zugeständnisse. Beispiele hierfür sind:
Mit Druck arbeiten „Peitsche“:
  • Machen Sie dem Monopolisten den Kostendruck des Marktes bewusst!
  • Geben Sie ihm klar zu verstehen, dass zu diesen Kosten der gemeinsame Kunde mittelfristig kein Interesse mehr an den Produkten hat!
  • Androhung, bei neuen Projekten nicht mehr dabei zu sein.
  • Teilen Sie ihm mit, dass Sie den Markt nach Alternativen prüfen!
„Der Ton macht die Musik“ ist insbesondere bei diesen schwierigen Verhandlungen wichtig. Nochmals: Es ist nicht das Ziel, den Lieferanten zu verärgern, es geht darum gesunden Respekt aufzubauen. Dazu zählt auch, die Verhandlung mit Fragen lösungsorientiert zu führen. Zum Beispiel „Was schlagen Sie vor?“ oder „Wie können Sie uns unterstützen, um den gemeinsamen Kunden langfristig zu sichern?“ Bleiben Sie dran und fordern Sie Antworten!
Neben „Zuckerbrot“ und „Peitsche“ können Sie auch folgende Taktiken ausprobieren:
  • Höhere Instanz: Sprechen Sie sich mit Ihrer Geschäftsführung ab, die „unvorbereitet“ in die Verhandlung kommt.
  • Vaterkomplex: Lassen Sie die Verhandlung doch einmal durch Ihre nette Kollegin führen.
Entscheidend ist Ihre Einstellung! Zuerst müssen Sie daran glauben, dass ein gutes Ergebnis möglich ist. Dann setzen Sie sich ein herausforderndes und erreichbares Ziel, überlegen sich den Weg zum Ziel (Strategie + Taktik) und bleiben mit Geduld und Beharrlichkeit daran, bis Sie es erreicht haben. Sie schaffen es!
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