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Finanzielle Sicherung bei Preisschwankungen

Management in wirtschaftlich unsicheren Zeiten
Finanzielle Sicherung bei Preisschwankungen

Eine gesicherte Versorgung mit Rohstoffen in ausreichender Menge und Qualität zu vertretbaren Preisen ist von entscheidender Bedeutung für Unternehmen und Industrie. Insbesondere die Planbarkeit von Rohstoffpreisen stellt einen der Erfolgsfaktoren im umkämpften Wettbewerb dar.

Die Rohstoffpreisentwicklungen haben gezeigt, wie komplex sich deren Folgen auf den Gesamterfolg eines Unternehmens auswirken können. Akzeptable Preise waren bei einer Vielzahl von Rohstoffen in den letzten Monaten und Jahren keine Selbstverständlichkeit mehr. Gleichzeitig erschwerte die Schwankungsbreite der Rohstoffpreise die Planung sowohl im Ein- als auch im Verkauf. Der Rohölpreis erreichte im August 2008 einen neuen Höchststand von über 140 US-Dollar/Barrel und fiel kurz darauf Anfang 2009 auf einen Preis von unter 40 USD/Barrel. Inzwischen handelt der Rohölpreis schon wieder bei rund 112 USD/Barrel. Auch für Metalle wie Kupfer, Nickel oder Aluminium, welche für Branchen wie Elektrotechnik und Automobilindustrie nahezu unverzichtbar geworden sind, waren Preisschwankungen von mehr als 30 Prozent in den letzten drei Jahren zu beobachten.

Sicherungsmöglichkeiten. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, um betriebswirtschaftlich notwendige Preissicherungen für eine Planungsperiode einzugehen. Unternehmen können klassische Festpreisvereinbarungen mit dem physischen Lieferanten der Rohstoffe abschließen. Allerdings ist dies nicht immer für die erforderliche Laufzeit möglich bzw. vielfach mit individuellen Preisaufschlägen verbunden. Daher hat sich in den letzten Jahren in den Unternehmen zunehmend der Einsatz von finanziellen Preissicherungen etabliert. Beginnend bei industriellen Großunternehmen, nutzen heute auch mittelständische Betriebe und Kleinunternehmen die flexiblen Lösungen eines finanziellen Rohstoffpreismanagements, um die zum Teil existenzbedrohenden Schwankungen der Einkaufspreise abzusichern. Entscheidend für diese Entwicklung war unter anderem auch die Verringerung des Rohstoffvertragsvolumens, das für eine Preissicherung auf finanzieller Basis notwendig ist. Inzwischen können sogar Preissicherungsstrategien mit Rohstoffgegenwerten von 50 000 Euro für ausgewählte Industriemetalle oder Ölspezifikationen dargestellt werden. Damit besteht jetzt auch für kleine oder mittlere Betriebe die Möglichkeit, einen Mix von verschiedenen Absicherungsinstrumenten zur Rohstoffpreissicherung im Einkauf einzusetzen. Weiterhin hat sich auch die Palette finanziell absicherbarer Rohstoffe in den letzten Jahren deutlich verbreitert, sodass mittlerweile auch finanzielle Absicherungen für spezielle Stahlarten oder auch Nebenmetalle, beispielsweise Molybdän für den Edelstahlbereich, möglich sind. Finanzielle Sicherungsmöglichkeiten können in Bezug auf verschiedene Parameter wie Laufzeit oder Menge individuell auf die Bedürfnisse und Wünsche des Unternehmens ausgerichtet werden. Diese Flexibilität stellt den besonderen Vorteil der Instrumente dar. Die am häufigsten gewählten Absicherungsstrategien sind dabei die Festpreissicherung mittels finanziellen Termingeschäfts mit Barausgleich und die Bandbreitenstrategie, bei der neben der Sicherung des Maximalpreises sogar eine Partizipation an sinkenden Preisen möglich wird.
Praktischer Einsatz im Unternehmen. Bei finanziellen Absicherungen mit Barausgleich sichert sich das Unternehmen einen festen Kalkulationskurs für den zugrunde liegenden Rohstoff in der Zukunft. Entscheidend für eine effektive Sicherung ist hierbei der Zusammenhang zwischen Grundgeschäft und finanziellem Geschäft. Idealerweise könnte ein Unternehmen, das beispielsweise Kupferteile vom Vorlieferanten bezieht, den Einkauf auf Basis der variablen monatlichen Durchschnittspreise der Londoner Metallbörse LME aushandeln und gleichzeitig mit der Deutschen Bank ein Sicherungsgeschäft abschließen. Bei Fälligkeit erfolgt dann eine Ausgleichsberechnung in Form eines Differenzausgleiches zwischen gesichertem Kalkulationskurs und festgestelltem Börsenpreis. Da es bei der Form der finanziellen Absicherung nicht zu einer physischen Lieferung des Rohstoffes kommt, wird bei Vertragsabschluss neben der Laufzeit und des Preises auch die zugrunde liegende Menge festgelegt. Nach diesen Parametern bemisst sich dann die Ausgleichszahlung, sodass die Verträge mit den Lieferanten gegenüber der Bank nicht offengelegt werden müssen.
Immer häufiger entscheiden sich Unternehmen für diese Art der funktionalen Trennung von Bezugs- und Preismanagement. Der Vorteil dieser Trennung besteht in einem deutlichen Gewinn von Flexibilität im Einkauf. Im Bezugsmanagement werden die eingespielten Geschäftsbeziehungen zwischen Lieferanten und Unternehmen beibehalten und die für den Produktionsprozess so wichtige Versorgungssicherheit mit den benötigten Rohstoffen sichergestellt.
Glättung der Einkaufskosten. Im Preismanagement kann jetzt dynamisch den steigenden Anforderungen im Wettbewerbsumfeld begegnet und flexibel auf globale Marktentwicklungen der Rohstoffpreise reagiert werden. Beispielsweise lässt sich durch den Erwerb einer Kaufoption, gegen Prämienzahlung, die Sicherung einer Preisobergrenze bei voller Partizipation an sinkenden Preisen erzielen oder auch durch den Einsatz mehrerer Optionen eine für das Unternehmen maßgeschneiderte, flexible Bandbreitenstrategie gestalten, die eine feste Preissicherung gegen steigende Preise mit gleichzeitiger begrenzter Partizipation an sinkenden Preisen kombiniert. Nachverhandlungen im Vertrieb, bei fallenden Rohstoffpreisen, könnte ein Unternehmen damit abfedern. Eine Strategie, die beim physischen Lieferanten des Rohstoffes kaum abgeschlossen werden kann.
Eine in der Praxis sehr häufig eingesetzte Strategie im Bereich der finanziellen Preissicherung stellt die regelbezogene Absicherung dar. Diese Strategie kann mit den verschiedensten Instrumenten erfolgen und wird sinnvollerweise in einer Rohstoff-Richtlinie im Unternehmen verankert. Kern dieses Vorgehens ist dabei die zeitlich festgelegte Absicherung in Teiltranchen. Ein Beispiel könnte hier die Sicherung von 25 Prozent des Jahresvolumens, revolvierend alle drei Monate, darstellen. Mit dieser Strategie wird eine Glättung der Einkaufspreise erzielt. Die in der betriebswirtschaftlichen Planung extrem schwierig zu kalkulierenden Spitzen würden reduziert. Verfeinert werden kann diese Form der Absicherung dann mit dem Einsatz von Kauf-optionen für den Rohstoff. Mit diesem Instrument kann auf finanzielle Weise eine Mengenanpassung herbeigeführt werden, wenn aufgrund negativer wirtschaftlicher Aussichten Auftragseingänge schwerer planbar sind.
Bei dem Einsatz von finanziellen Instrumenten zur Rohstoffpreissicherung ist eine enge Kommunikation zwischen den Abteilungen Einkauf, Finanz und Verkauf empfehlenswert. Durch eine enge Abstimmung dieser Bereiche können neben einer effektiven Preissicherung auch die Liquiditätssteuerung im Rahmen des Working Capitals sowie Einflüsse auf bilanzielle Kenngrößen überwacht und optimiert werden, was in der aktuellen wirtschaftlichen Situation zunehmend an Bedeutung gewinnt.
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