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Pilotprojekte zur Zukunft des Supply Chain Managements

Wie Sie Ihre Supply Chain digitalisieren
Pilotprojekte zur Zukunft des Supply Chain Managements

Pilotprojekte zur Zukunft des Supply Chain Managements
Wäre es nicht wunderbar, wenn Sie den Ausfall einer Single Source in Asien erkennen könnten – drei Wochen bevor der Lieferant tatsächlich ausfällt? Nichts anderes verspricht Predictive Analytics. Das ist keine Utopie.

Die Digitalisierung erfasst Einkauf, Logistik und Supply Chain Management. Pionierunternehmen haben Pilotprojekte gestartet wie zum Beispiel Siemens Building Technologies. Dabei geht es nicht um Big Data, sondern um Smart Data, mit deren Hilfe Predictive Analytics und Process Mining neue Beschleunigungs- und Kostensenkungspotenziale erschließen.

Ein großes deutsches Versandhaus arbeitet bereits mit Algorithmen der vorausschauenden Analyse, die das oft erratische Bestellverhalten seiner Kunden mit einer nie dagewesenen Präzision vorhersagen können. Liefergenauigkeit, optimale Lagerhaltung und vor allem Supply Chain Risk Management erhalten auf Basis dieser Art der Analyse eine ganz neue Bedeutung. Diese erschließt sich jedoch erst bei einer nahezu vollständigen Datentransparenz. Aus diesem Grund laufen derzeit bei fortschrittlich geführten Unternehmen Pilotprojekte zur Digitalisierung kompletter Supply Chains. Dies gilt auch für Siemens Building Technologies mit Sitz im eidgenössischen Zug.
Eines dieser Siemens-Projekte ist „ESIP – Electronic Supplier Integration Project“. Denn für eine Datenintegration entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist es sinnvoll, bei den Lieferanten zu beginnen und eine elektronische Kollaborationsplattform zu implementieren. Man verhandelt weiterhin mit Lieferanten über Preis, Mengen und Konditionen. Gleichzeitig hinterlegen die Partner alle geschäftsrelevanten Dokumente auf der gemeinsamen Plattform. In allen Unternehmen, in denen diese Art der neuen, virtuellen Kooperation erfolgreich eingeführt wurde, konnten Upstream-Prozesse deutlich beschleunigt und verkürzt werden. Damit ist es jedoch nicht getan. Die Digitalisierung der Supply Chain ist kein großes Projekt. Die Digitalisierung ist eine Vielzahl von Projekten.
Sinnigerweise folgt auf die kooperative Supplier-Integration die Migration von ERP-Systemen zu Integrationssystemen; also zum Beispiel von SAP ERP zu SAP HANA, mit dem herkömmliche „Stand-Alone“-ERP-Systeme zu einem großen „Datensee“, dem sog. Data Lake zusammengeführt werden. Die Größe dieses Datensees kann zu unvorsichtigem Enthusiasmus verführen: Sie verwechseln Mittel und Zweck. Man sammelt Unmengen von Daten, lädt unüberschaubare Mengen beim Analysten ab und meint: „Nun mach was Schönes draus!“ Man verwechselt Datenfülle mit Datentransparenz. Es reicht aber nicht, Daten zu sammeln. Der Trend geht zusehends von Big Data zu Smart Data, mit der Prämisse: Was möchte ich suchen und zu welchem Zweck?
Nicht mit Big Data, sondern erst mit Smart Data gelingt der Aufbau eines Frühwarnsystems, das Disruptionen in der Supply Chain früher und genauer antizipiert, als herkömmliche Systeme oder gar das Bauchgefühl des erfahrenen Einkäufers. Auch die Optimierung der Supply Chain gelingt mit diesen smarten Daten sehr viel besser als bislang möglich. Dies zeigen klassische Wertstromanalysen, die wir aus dem Lean Management kennen. In ihrer herkömmlichen Form benötigen diese einen Workshop, um mit einer Vielzahl von Experten aus den einzelnen Funktionsbereichen unzählige Prozesse und Abläufe des Unternehmens zu analysieren und auf Basis dieser Analyse Optimierungsvorschläge herauszuarbeiten. Diesen Aufwand erspart man sich im Zeitalter der Digitalisierung, da die Prozessoptimierung quasi auf Knopfdruck funktioniert. Die Daten sind ohnehin alle im System – man braucht die Optimierung lediglich anzufordern. Deshalb lautet ein Slogan der Digitalisierung auch: „From Data Mining to Process Mining.“ Die Digitalisierung hat noch andere dieser einprägsamen Kalendersprüche parat.
Während viele noch über die Automatisierung von Beschaffungs- und Logistikprozessen diskutieren, sind die Avantgardisten bereits einen Schritt weiter: „From Automation to Digitalization“. Beschaffungsprozesse werden nicht nur maschinell automatisiert, sondern die ausführenden Maschinen, Anlagen, Computer und Handgeräte vernetzt und sämtliche ihrer relevanten Merkmale virtuell erfasst. Mit diesem Sprung von „automatisiert“ zu „digitalisiert“ verändern sich Beschaffung und Supply Chain Management radikal. Das beschreibt ein dritter Slogan des Wandels im digitalen Zeitalter: „From Performance Reporting to Real-Time Business Analytics“. Mit diesem Übergang stützt sich das Supply Chain Management buchstäblich nicht mehr auf Daten von gestern sondern auf Daten in Echtzeit: Wenn in diesem Moment eine Rampe in Kuala Lumpur bestreikt wird, dann erfährt der Einkäufer oder Supply Chain Manager dies quasi in real-time. „Reporting“ wird zum Begriff von gestern. Der Supply Chain Manager der Zukunft braucht keine Berichte mehr zum Zustand seiner Prozesse von gestern oder letzter Woche zu lesen, weil er in seinem Daten-Cockpit sämtliche relevanten Prozessdaten in Echtzeit ablesen kann. Immer wieder wird beklagt, wie schnell sich logistische und Beschaffungsprozesse beschleunigt hätten. Near-Real-Time Business Analytics ist die Antwort auf diese Beschleunigung. Dabei stehen wir noch am Anfang.
Bis jetzt engagieren sich lediglich einige wenige Vorreiter unter den Unternehmen für das Thema „Digitalisierung“. Das heißt: Viele reden darüber. Doch nur die Avantgarde führt derzeit entsprechende Pilotprojekte durch. Etliche Unternehmen halten sich noch vornehm zurück und warten erst einmal ab. Das könnte zu einem ähnlichen Effekt führen wie beim E-Commerce: Wer zu spät einsteigt, trifft auf die hohen Marktzugangsschranken jener Unternehmen, die von Anfang an dabei waren und bereits ihre Erfahrungen machen konnten.
Außerdem schreitet die technologische Entwicklung schnell voran. Fast monatlich werden Inventionen präsentiert und implementiert. Deshalb geht es darum, im eigenen Unternehmen so früh wie möglich die nötige digitale Kompetenz in Arbeits- und Projektgruppen zu organisieren und zu institutionalisieren: Wandel braucht Struktur. Wer sich diese Kompetenz jetzt verschafft, seine Kooperationen entlang der Supply Chain und seine Pilotprojekte jetzt startet, sichert sich den besten Startplatz für das Rennen um das Supply Chain Management der Zukunft.

Sven Markert, Head of Supply Chain Logistics, Siemens Building Technologies
Axel Kreis, Director Supply Chain Logistics Enable and EU Operations, Siemens Building Technologies
Prof. Dr. Evi Hartmann, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Supply Chain Management, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
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