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Von Coopetitions, Joint Ventures und Allianzen

Einkaufsorganisation: Kooperation mit und im Unternehmen
Von Coopetitions, Joint Ventures und Allianzen

Von Coopetitions, Joint Ventures und Allianzen
Bedingt durch die globale Wettbewerbsintensität lösen sich Branchen- grenzen auf. Es bilden sich modulare Organisationsstrukturen und aus bislang integrierten Unternehmen entstehen Organisationen ohne klare Linien, die mit diversen Partnern Verbindungen eingehen: Coopetitions, Joint Ventures und andere Allianzen. Unser Autor zeigt, wie Motivation von Mitarbeitern trotz der starken Veränderungen funktioniert.

Detlef Harting

Die neueste Art von Kooperationen und Wettbewerbsbeziehungen ist durch die Kombination von Kooperation (Cooperation) und Wettbewerb (Competition) charakterisiert und wird Coopetition genannt, in diesem Fall sind Kooperation und Konkurrenz keineswegs Gegensätze, sondern notwendige Ergänzungen.
Coopetition ist jedoch riskant, aber auch von besonderer Relevanz für die Wertschöpfung eines Unternehmens. Sie erlaubt einen Zugang zu kritischen Ressourcen, ermöglicht organisationales Lernen, senkt Projektrisiken und Projektkosten und fördert die Durchsetzung von Standards in der Industrie.
Aber, sie steht auch im Spannungsfeld zwischen Kooperation und Konkurrenz, sodass sich opportunistisches Verhalten einstellen kann. Statt den gemeinsamen Nutzen zu optimieren, wird versucht, auf Kosten der Gegenseite den eigenen Nutzen zu maximieren. Es gilt, solche möglichen Dysfunktionen zu vermeiden. Hier sind zwei Erscheinungsformen von Dysfunktion zu unterscheiden.
Ein opportunistischer Partner handelt per Definition bewusst und vorsätzlich, sodass sich sein opportunistisches Verhalten als intendierte Dysfunktion im Gegensatz zu unintendierter Dysfunktion bezeichnen lässt.
Um Opportunismus wirkungsvoll zu verhindern, sind vertragliche Regelungen und ausgleichende Investitionen wirkungslos.
Cooperation + Competition = Coopetition
Es wird versucht, das Austauschrisiko durch eine möglichst geringe Anzahl von Funktionsbereichen innerhalb der Partnerschaft zu minimieren. Die Opportunismusgefahr in Allianzen ist ebenfalls vom direkten und indirekten Umfeld, insbesondere vom rechtlichen, kulturellen und industriellen Umfeld, abhängig.
Erkenntnisse zur Ursache und Wirkung von Dysfunktionen bei Coopetition sind jedoch noch nicht bekannt. Als Erfolgsgröße könnten hier die Zufriedenheit mit der Partnerleistung sowie der Beziehungswert eingesetzt werden. Zufriedenheit bezeichnet die Differenz zwischen wahrgenommener und erwarteter Leistung eines Partners. Der Beziehungswert ist die Differenz zwischen Nutzen und Kosten einer Partnerschaft.
Um Dysfunktionen zu verhindern, müssen vor Kooperationsbeginn Schutzmechanismen eingerichtet werden, z. B. nur Partner wählen, die eine geringe Opportunismusneigung haben, durch beiderseitige, beziehungsspezifische Investitionen die Kosten opportunistischen Verhaltens erhöhen.
Belohnung für kooperatives Verhalten und Sanktionen für opportunistisches Verhalten durch ein bestimmtes Zielfit, d. h. eine kongruente Zieldefinition des individuellen und gemeinsamen Nutzens aus der Partnerschaft, zu synchronisieren.
Nach dem rechtlichen Status der horizontalen Kooperationen können Joint Ventures und strategische Allianzen unterschieden werden.
Horizontale Kooperationen betreffen die Zusammenarbeit zweier Unternehmen der gleichen Wertschöpfungsstufe. Eine horizontale Kooperation wird als Joint Venture bezeichnet, wenn die Partnerunternehmen zur Durchführung der Kooperationsziele gemeinsam eine rechtlich selbstständige Gesellschaft gründen.
Ursprünglich haben Unternehmen Joint Ventures dazu genutzt, nicht zum Kerngeschäft gehörende Aktivitäten auszulagern. Heute sollen diese Kooperationen Wettbewerbsvorteile verschaffen.
Werden sie nicht richtig geplant und geführt, scheitern sie.
Stehen nicht strategische Ziele im Vordergrund, sondern operative Leistungskennzahlen, die allzu oft nicht den Veränderungen des wirtschaftlichen Umfeldes angepasst werden, so verlieren diese mit der Zeit ihre Aussagekraft. Denn es fehlt in dem Fall eine klare Methode zur Koordination der Kooperation.
Die Lösung besteht darin, Strategie und Verantwortung statt operativer Kennzahlen und vertraglicher Verpflichtungen in den Mittelpunkt zu stellen.
Die Balanced Scorecard (BSC) kann hier helfen, Joint-Venture-Partner besser abzustimmen. Die BSC ist typischerweise in vier Bereiche unterteilt, die „Perspektiven“ genannt werden.
  • 1. Die finanzwirtschaftliche Perspektive
  • 2. Die Kunden-/Lieferantenperspektive
  • 3. Die interne Beschaffungsprozessperspektive
  • 4. Die Lern- und Entwicklungsperspektive der Mitarbeiter
Joint Ventures und strategische Allianzen
Im Joint Venture soll die Balanced Scorecard anschaulich machen, welcher Zusammenhang zwischen den Zielen für die Beschäftigten, den Zielen für die Geschäftsprozesse, den Zielen zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse und den Zielen des gesamten Unternehmens besteht, die schließlich in konkrete Maßnahmen übersetzt werden.
Diese vier Perspektiven gleichen einer konventionellen Score Card, mit dem einzigen Unterschied, dass hier die Ziele der Joint- Venture-Partner an die Stelle der Finanzperspektive treten.
Sie ist ein mehrdimensional wirkendes Führungsinstrument, das auch für die Steuerung von Kooperationen nützlich ist.
Es werden sowohl monetäre als auch nichtmonetäre Kennzahlen in die BSC einbezogen, die die Leistung der Unternehmenseinheit aus externer Perspektive und aus interner Perspektive messen.
Der Ansatz ist gleichermaßen kapitalmarkt, absatzmarkt-, prozess- und ressourcenorientiert und es werden sowohl nachlaufende Ergebnisse als auch vorlaufende Indikatoren herangezogen.
Ferner bewirkt die BSC eine Konzentration auf den Umsetzungsprozess. Ein wichtiges Prinzip lautet, die Zahl der Messgrößen auf nur vier bis sieben Größen je Perspektive zu beschränken, um die Konzentration auf die wichtigsten Schlüsselgrößen zu sichern. Jede Messgröße soll mit einem direkten und indirekten Ursache-Wirkungsverbund mit den obersten monetären Zielgrößen in Verbindung stehen.
Das Konzept der Balanced Scorecard dient so der beschleunigten Strategieumsetzung.
Obwohl sich die Wissenschaft seit einiger Zeit intensiv mit strategischen Allianzen befasst, hat sich bislang keine einheitliche Terminologie herausgebildet.
Eine weite Definition lautet etwa:
Strategische Allianzen sind Beziehungen zwischen unabhängigen Unternehmen, die gemeinsame Ziele verfolgen, zu deren Erreichung Ressourcen gemeinsam kontrolliert werden.
Strategische Allianzen bewegen sich zwischen zwei Extremen: dem Markt auf der einen und dem Zusammenschluss von Unternehmen auf der anderen Seite. Sie werden deshalb auch hybride Organisationsformen genannt. Abgesehen von den Extremen werden jedoch alle – von den vertraglichen bis zu den eigenkapitalbasierten Allianzen – unter dem Begriff strategische Allianzen zusammengefasst.
In der Regel ist mit Kooperation die zwischenbetriebliche Kooperation gemeint, im Gegensatz zur innerbetrieblichen Kooperation, auf die hier ebenfalls eingegangen wird.
Globale Allianzen basieren heute überwiegend auf der Zusammenfügung sich ergänzender Ressourcen und Kompetenzen zwischen den beteiligten Partnern.
Ziel vieler Allianzen ist die Nutzung größerer Skalenvorteile in Entwicklung, Produktion und Distribution und weniger die Nutzung komplementärer Ressourcen oder die Erschließung neuer Märkte.
Im deutschsprachigen Raum nutzen bereits mehr als zwei Drittel der Unternehmen einen geschäftsübergreifenden Ansatz der Produktentwicklung, allerdings teilweise noch auf niedrigem Niveau. Im jedem vierten Konzern sorgen bereichsübergreifende Innovationen für bis zu 20 Prozent des Umsatzes, in fast jedem Unternehmen sind es nur bis zu 10 Prozent.
Die Gründe sind hier je nach Branche unterschiedlich. Während im Konsumgüterbereich neue Marktsegmente erschlossen werden können, sind Unternehmen im Maschinenbau immer stärker darauf angewiesen, sogenannte Systemlösungen, die vollständige Maschinenfunktionen erfüllen, anzubieten, statt nur eine einzelne Komponente zu liefern, wie das bisher üblich war.
Komplementäre Allianzen verfolgen marktstrategische offensive Ziele, sie sollen Größennachteile der Partner kompensieren. Es sind Unternehmen, die an die gleichen Kunden ergänzende Produkte oder Dienstleistungen liefern. Die Qualität der Kooperation zwischen komplementären Unternehmen kann entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg eines neuen Produktes sein.
Wie die Kooperationsqualität sichern oder beeinflussen?
Durch Anreize oder Zwang, Kooperationspartnern Geld geben, damit sie kooperieren, oder ihnen unangenehme Konsequenzen androhen, wenn sie es nicht tun? Oder überzeugen durch indirekte Maßnahmen, sogenannte Soft Power.
Eine Soft-Power-Maßnahme bringt beispielsweise einen kooperierenden Partner dazu, das zu wollen und das zu tun, was das Unternehmen vom Kooperationspartner will, ohne ihn zu zwingen oder bestechen zu müssen.
Weiche Faktoren sind hier wichtige Quellen für Soft Power oder kooperative Strategien. Informationen, persönliches Wissen oder auch vielversprechende Visionen weiterzugeben, spielen eine entscheidende Rolle in vielen Soft-Power-Strategien.
Im Gegensatz dazu basiert Hard Power auf herkömmlichen Marktinstrumenten wie Marktanteil, Markenwert, Kontrolle über Vertriebswege oder Bargeld.
Es gibt einen bestimmten Wert, der sowohl die Grundlage für Hard- als auch für Soft- Power-Strategien sein kann: Je größer der Marktanteil eines Unternehmens ist, desto attraktiver finden komplementäre Unternehmen seine Kooperationsangebote.
Sowohl Hard- als auch Soft-Power-Strategien sind effektive Instrumente für die Handhabung von Beziehungen zwischen kooperierenden Unternehmen.
Welchen Ansatz ein Unternehmen wählen soll, hängt von drei wichtigen Bestimmungsfaktoren des relativen Wertes von Hard- und Soft-Power-Maßnahmen ab,
  • 1. die Stärke des Unternehmens, Hard- Power-Strategien einzusetzen,
  • 2. die Anzahl der Komplementärprodukte,
  • 3. das Risiko, dass ein Komplementär auf Kosten der anderen von der Zusammenarbeit allein profitiert.
Hard-Power-Strategien werden auf ein oder ein paar wenige komplementäre Unternehmen konzentriert. Soft-Power-Strategien sind wahrscheinlich effektiver, da sie oft die Bereitstellung öffentlicher Güter implizieren, die ohne großen Mehraufwand auf zusätzliche komplementäre Partner ausgeweitet werden können.
Die Kombination von Hard- und Soft- Power-Strategien kann Unternehmen helfen, die unschöne Seite komplementärer Beziehungen in den Griff zu bekommen und uneingeschränkt Nutzen aus den Kooperationen zu ziehen.
Wann lohnt sich eine Kooperation?
Wenn ein Unternehmen Preis und Qualität wichtiger Komplementärgüter und -dienstleistungen selbst bestimmt, dann kontrolliert es auch, wie die Verbraucher den Wert seiner Produkte und Dienstleistungen wahrnehmen.
Unternehmen, denen dieser Schritt gelingt, können ihre Marketing- und Vertriebskosten senken und möglicherweise Konkurrenten den Markteintritt erschweren.
Darüber hinaus können Komplementärgüter den Löwenanteil der Gewinne generieren. Und der wahrscheinlich wichtigste Punkt ist, dass ein Unternehmen, das seine komplementären Produkte kontrolliert, weitaus bessere Chancen hat, sein Schicksal selbst zu bestimmen.
In der Praxis lohnt es sich meist nicht, alles selbst zu produzieren. Es ist nur dann effektiv, sämtliche ergänzenden Komponenten eines Produktes selbst herzustellen, wenn die Zahl der Zusatzmodule begrenzt ist und das Unternehmen über genügend Ressourcen verfügt, diese selbst zu entwickeln.
In den meisten Fällen ist es jedoch sinnvoller, Dritten Anreize zu bieten, Ergänzungsprodukte herzustellen.
Ebenso sinnvoll ist es, Kooperationen im eigenen Unternehmen aufzubauen. Dazu müssen Mitarbeiter aus ihrem gewohnten Trott gerissen und auf ein neues Unternehmensziel eingeschworen werden. Hier ist es wichtig festzustellen, wie viel Konsens im eigenen Unternehmen, in jeder Abteilung herrscht: Inwieweit besteht Einigkeit über die Ziele, über das erhoffte Ergebnis, über die Werte und Prioritäten und welchen Einsatz wollen die Mitarbeiter dazu leisten und mit welchen Mitteln soll der gewünschte Erfolg erreicht werden?
Konsensportfolio – Mitarbeiter motivieren
In dem Konsensportfolio sind diese Aspekte und die Kooperationsinstrumente und -methoden dargestellt, mit denen man Beschäftigte zur Mitwirkung bei Veränderungen motivieren kann, nämlich Leadership, Unternehmenskultur, Macht und Management. Die Ordinate des Konsensportfolios zeigt, in welchem Maß sich die Mitarbeiter über ihre Ziele einig sind. Die Abzisse zeigt den Konsens in Bezug auf die einzusetzenden Mittel und Maßnahmen.
Es gibt keine beste Position im Konsens-portfolio. Jeder Quadrant hält andere Herausforderungen bereit. Die Position eines Unternehmens in dem Portfolio spiegelt unter Umständen die aktuelle Phase im Lebenszyklus wider und hängt weitgehend davon ab, wie erfolgreich diese Phase war. Wenn ein Instrument in einem Quadranten angewendet wird, heißt das im anderen Quadranten angewendet nicht unbedingt, hier auch die Mitarbeiter zu einem Veränderungsprozess zu bewegen.
Die meisten Unternehmen sind zu Beginn ihrer inneren Kooperationsprozesse im linken unteren Quadranten des Portfolios zu finden. Hier wird mit Sanktionen durchgesetzt, welche Ziele verfolgt werden und auf welche Art und Weise dies geschieht.
Wenn die Mitarbeiter wirkungsvolle und erfolgreiche Methoden entwickeln, wird der Konsens entlang der Abzisse langsam zunehmen. In der Weiterentwicklung des Unternehmens werden in der Regel diejenigen Mitarbeiter befördert, denen diese Arbeitsweisen liegen und deren Ziele mit der Unternehmensführung übereinstimmen.
Der Erfolg treibt die Konsensbildung in Bezug auf Ziele und Methoden voran und zwar innerhalb des Portfolios nach rechts oben. Krisen und Fehlschläge können diesen Konsens dagegen zerstören und das Unternehmen in Richtung des linken unteren Quadranten des Portfolios verschieben.
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