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Voraussetzungen für erfolgreiches Lieferantenmanagement

Kommunikationsverhalten von Beschaffungsmanagern
Voraussetzungen für erfolgreiches Lieferantenmanagement

In mehreren Forschungsarbeiten, die zum Teil bis in die 70er Jahre zurückreichen, wurde der bedeutende Anteil kommunikativer Tätigkeiten an der Arbeit von Managern aufgezeigt. Außer den Mitarbeitern im Marketing benötigen vor allem Beschaffungsmanager einen wesentlichen Teil ihrer Arbeitszeit für die externe Kommunikation.

Prof. Dr. Rudolf Large E-Mail: rudolf.large@htw-saarland.de

Aktuelle Managementkonzeptionen, wie das Supply Chain Management, das Netzwerkmanagement oder das Beziehungsmanagement, beanspruchen im Vergleich zu der damals herrschenden Managementlehre ein noch höheres Maß an unternehmensexterner Kommunikation.
Im Rahmen einer eigenen Untersuchung zur Internet-Nutzung im Einkauf (Large et al., 2003) konnte beispielsweise gezeigt werden, dass Beschaffungsmanager einen großen Teil ihrer Arbeitszeit für die Kommunikation mit ihren Lieferanten aufwenden. Der Mittelwert lag in Deutschland bei 32% der täglichen Arbeitszeit. Für die USA und Ungarn ergaben sich mit durchschnittlich 32% bzw. 29% ähnliche Werte. Es verwundert deshalb nicht, dass in der Praxis und in der anwendungsorientierten Literatur ein angemessenes Kommunikationsverhalten von Führungskräften und Mitarbeitern der Beschaffung als wesentliche Bedingung für ein erfolgreiches Lieferantenmanagement eingestuft wird.
Betriebswirtschaftliche Aussagen zur interpersonellen Kommunikation in der Beschaffung haben sich jedoch bisher überwiegend auf anwendungsorientierte Konzepte für eine erfolgreiche Verhandlungsführung beschränkt. Die Wirkungen der interpersonellen Kommunikation im Beschaffungsmanagement und speziell der Zusammenhang von Kommunikationsverhalten und Managementerfolg sind weitgehend unerforscht. Vorliegende Untersuchungen befassen sich beinahe ausschließlich mit der Kommunikation zwischen Unternehmen und zeigen widersprüchliche Ergebnisse. Zudem gibt es auch wissenschaftliche Zweifel, ob ein höheres Maß an interpersoneller Kommunikation überhaupt den Managementerfolg fördert. Trotzdem wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur der positive Einfluss der interpersonellen Kommunikation oft stillschweigend vorausgesetzt.
Das fehlende theoretische Wissen ist bedenklich, da die Fragen nach dem Zusammenhang von Kommunikation und Erfolg sowie nach den Einflussgrößen des Kommunikationsverhaltens erhebliche praktische Relevanz besitzen. Jeder Einkäufer möchte wissen, wie er am besten mit den Beschäftigten seiner Lieferanten kommuniziert, um erfolgreich zu sein. Ebenso wird sich jedes Unternehmen dafür interessieren, welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen und welche Fähigkeiten bei zukünftigen Beschaffungsmitarbeitern zu fordern sind. Kann ein positiver Einfluss des Kommunikationsverhaltens auf den Erfolg von Beschaffungsmanagern aufgezeigt werden, dann wird künftig der interpersonellen Kommunikation und den Kommunikationsfähigkeiten von Beschaffungsmanagern größere Beachtung geschenkt werden müssen. Diese neuen Anforderungen haben Einfluss sowohl auf innerbetriebliche Qualifikationsmaßnahmen für Beschaffungsmitarbeiter als auch auf das Weiterbildungsangebot von Verbänden und privaten Weiterbildungsinstitutionen.
Modellbildung
Ziel des Forschungsvorhabens war es, ein Erklärungsmodell aufzustellen und empirisch zu überprüfen, welches den Zusammenhang zwischen dem Kommunikationsverhalten von Beschaffungsmanagern, der Qualität der Kommunikation, dem Erfolg dieser Beschaffungsmanager und den potenziellen Einflussgrößen ihres Kommunikationsverhaltens abbildet. Auf Basis von vereinzelt existierenden Aussagen in der beschaffungsorientierten Literatur und durch Übertragung von Erkenntnissen über das Kommunikationsverhalten von Managern im Allgemeinen wurden zunächst Konstrukte und deren Dimensionen definiert. Das Kommunikationsverhalten wurde in die Dimensionen Quantität, Offenheit und Freundlichkeit zerlegt. Zur Modellierung der Kommunikationsqualität wurden der Sachaspekt (Informationsqualität) und der Beziehungsaspekt (Beziehungsqualität) unterschieden.
Der Erfolg wurde als Lieferantenmanagementerfolg durch das Leistungsvermögen der Lieferanten, für die ein Beschaffungsmanager verantwortlich ist, operationalisiert (vgl. Large, 2000). Zusätzlich wurde als weiteres erfolgsbezogenes Konstrukt die Zufriedenheit des Beschaffungsmanagers mit seinen Lieferanten einbezogen. In der Literatur finden sich zahlreiche potenzielle Einflussgrößen des Kommunikationsverhaltens von Managern. In das Modell wurden die mündliche und schriftliche Kommunikationsfähigkeit der Beschaffungsmanager, deren Einstellungen zur Kommunikation und das interne Kommunikationsklima in der Beschaffungsabteilung aufgenommen. Vor dem Hintergrund eines kritisch-rationalen Wissenschaftsverständnisses wurden darauf aufbauend Hypothesen über die Zusammenhänge zwischen den Konstrukten formuliert und ein Strukturgleichungsmodell aufgestellt. Eine graphische Übersicht des Modells bietet die vorne stehende Abbildung.
Empirische Methoden und Datengrundlage
Beim Entwurf von Strukturgleichungsmodellen wird zwischen dem Strukturmodell und dem Messmodell unterschieden. Das Strukturmodell bildet die Hypothesenstruktur ab und wird durch Regressionsgleichungen modelliert. Bei den einbezogenen Variablen handelt es sich ausschließlich um theoretische Konstrukte bzw. Dimensionen, die sich einer direkten Messung entziehen (latente Variable). Diese müssen, um eine empirische Überprüfung zu ermöglichen, operationalisiert werden. Dazu wurde ein reflektives Messmodell gewählt und jeder latenten Variable mehrere Indikatoren zugeordnet. Bei einigen Konstrukten konnte auf bewährte Indikatoren zurückgegriffen werden. Die überwiegende Zahl der Indikatoren wurde auf Basis von Korrespondenzhypothesen vorläufig festgelegt.
Der Fragebogen enthielt jeweils eine Aussage über die 66 einzelnen Indikatoren. Der Grad der Zustimmung der Befragten wurde mit einer 5-Punkte-Skala gemessen. Insgesamt wurde der Fragebogen mit Unterstützung des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) an 3.300 Personen versandt. Es ergab sich ein Rücklauf von 695 Fragebogen. Aus methodischen Gründen wurden Fragebogen mit einzelnen fehlenden Werten nicht berücksichtigt, so dass ein Datensatz mit 617 vollständigen Fällen genutzt wurde.
Das Strukturgleichungsmodell wurde einer Kausalanalyse (Kovarianzstrukturanalyse) mit der Statistiksoftware AMOS unterworfen. Die Überprüfung und Bereinigung des Messmodells erfolgte unter Rückgriff auf die so genannten Kriterien der ersten und zweiten Generation. Die globalen Anpassungsmaße des Modells weisen auf eine sehr gute Modellanpassung hin (_2/df = 1,880, RMSEA = 0,038, GFI = 0,92, CFI = 0,92). Die Parameterschätzung wurde nach der Maximum-Likelihood-Methode durchgeführt. Von den 27 angenommenen Beziehungen erwiesen sich 18 als signifikant. Zur Überprüfung auf mögliche Verzerrungen durch fehlende Normalverteilungseigenschaften wurde zusätzlich eine Schätzung nach der Bootstrap-Methode durchgeführt.
Ergebnisse und neue Erkenntnisse
Aufgrund der Schätzung der Regressionskoeffizienten wurden die direkten, indirekten und totalen Effekte bestimmt. Ein wesentliches Kennzeichen des entwickelten Modells ist der indirekte Zusammenhang zwischen dem Erfolg und dem Kommunikationsverhalten. Es wurde angenommen, dass das Kommunikationsverhalten zunächst auf die latente Kommunikationsqualität in deren beiden Dimensionen Informationsqualität und Beziehungsqualität wirkt und diese dann den Erfolg des Lieferantenmanagements bestimmen. Diese Annahme konnte durch die vorliegende Untersuchung untermauert werden. Die Beziehungsqualität und die Informationsqualität werden durch das Kommunikationsverhalten beeinflusst und üben deutliche Effekte auf den Lieferantenmanagementerfolg aus, der mit Hilfe der Indikatoren Termintreue, Qualität, Innovationsleistung und Leistungspotenzial der Lieferanten operationalisiert wurde.
Besonders stark ist der Effekt der Beziehungsqualität auf den Erfolg. Die Beziehungsqualität wurde auf Basis der Indikatoren Vertrauen, Hilfsbereitschaft, Kooperationsbereitschaft und Verständnis für die Situation des Beschaffungsmanagers gemessen. Obwohl frühere Untersuchungen zur Bedeutung der Qualität der Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen auf Unternehmensebene auch einen Zusammenhang auf der Individualebene erwarten ließen, war dieses Ergebnis dennoch in seiner Deutlichkeit überraschend. Man kann durchaus die These wagen, dass ohne ausreichende Beziehungsqualität zwischen einem Beschaffungsmanager und Personen in den Lieferantenunternehmen sich kein Erfolg des Lieferantenmanagements einstellt.
Diese Einschätzung wird untermauert, wenn die Wirkungsweise der Informationsqualität auf den Erfolg betrachtet wird. Der direkte Effekt der Qualität der ausgetauschten Information auf den Erfolg ist etwa nur halb so stark wie der indirekte Effekt über die Beziehungsqualität. Dies bedeutet, dass der inhaltlich-qualitative Aspekt zu einer Verbesserung der Beziehungsqualität beiträgt und vor allem hierdurch einen Effekt auf den Erfolg ausübt.
Ebenso konnte der positive Einfluss der drei einbezogenen Dimensionen des Kommunikationsverhaltens auf den Erfolg aufgezeigt werden. Erwartungsgemäß geht von der Kommunikationsquantität der stärkste Effekt aus. Damit konnten Ergebnisse aus dem Bereich der interorganisationalen Kommunikation sowie von Kommunikationsstudien im F&E-Bereich zumindest im übertragenen Sinne untermauert werden. Aussagen in der Literatur, die einen negativen oder keinen Einfluss der Kommunikationsintensität auf Erfolgsgrößen vermuten lassen, konnten nicht bestätigt werden. Allerdings muss beachtet werden, dass sich eine Erhöhung der Kommunikationsquantität ausschließlich über eine Verbesserung der Beziehungsqualität auswirkt. Ein Effekt auf Basis der Verbesserung der Informationsqualität konnte nicht aufgezeigt werden. Die Ursachen dafür liegen möglicherweise im Phänomen der Informationsüberflutung. Vereinfacht könnte man die Ergebnisse in der These zusammenfassen, dass Einkäufer, die häufig und mit einer Vielzahl von Personen aus den Lieferantenunternehmen kommunizieren, mit guten Leistungen ihrer Lieferanten rechnen können.
Offenheit und Freundlichkeit
Der Effekt der Offenheit auf den Lieferantenmanagementerfolg konnte ebenfalls aufgezeigt werden. Die Offenheit wurde als Grad des Austauschs vertraulicher und strategischer Informationen operationalisiert. Die Annahmen der Informationsökonomie über die positiven Wirkungen des Abbaus von Informationsasymmetrien in Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen konnten damit zwar gestützt werden, der Effekt ist jedoch vergleichsweise schwach ausgeprägt. Zudem wurde in Übereinstimmung mit der Informationsökonomie die Bedeutung der Beziehung untermauert, denn eine Wirkung über die Informationsqualität konnte nicht festgestellt werden. Zusammenfassend könnte die Aussage getroffen werden, dass Beschaffungsmanager, die offen kommunizieren und dabei, sofern es ihrem Unternehmen nutzt, auch den Austausch sensibler Daten einschließen, ihre Beziehungen zu Personen aus den Lieferantenunternehmen verbessern und mit besseren Leistungen rechnen können.
Überraschend wirkt sich nur die Verhaltensdimension Freundlichkeit positiv auf beide Dimensionen der Kommunikationsqualität aus und erzeugt damit einen deutlichen indirekten Effekt auf den Erfolg des Lieferantenmanagements. Freundliches Kommunikationsverhalten wurde als taktvolles und höfliches Verhalten operationalisiert. Der positive Einfluss der Freundlichkeit auf die Beziehungsqualität ist plausibel und konnte schon in früheren Studien vereinzelt nachgewiesen werden. Betrachtet man die einzelnen Indikatoren der Beziehungsqualität, dann können freundliche Beschaffungsmanager mit größerer Hilfsbereitschaft, einer höheren Kooperationsbereitschaft und mit größerem Verständnis für die eigene Situation rechnen. Eine rationale Ursache könnte darin bestehen, dass Mitarbeiter von Lieferanten, die in der Vergangenheit freundlich behandelt wurden, bewusst auf schädigendes Verhalten verzichten und ihre Leistungen zuverlässig und mit einer guten Qualität erbringen. Denkbar sind jedoch eher unbewusste Zusammenhänge, die jenseits eines bewussten Verzichts auf Schlechtleistung liegen.
Überraschend war dagegen der positive Einfluss der Freundlichkeit auf die Informationsqualität. Beschaffungsmanager, die auf Takt und Höflichkeit achten, sind eher als andere der Meinung, dass sie ihre Lieferanten mit relevanter, genauer, zuverlässiger, zeitnaher und vollständiger Information versorgen. Freundlichkeit erzeugt wahrscheinlich die notwendige Bereitschaft der Lieferantenmitarbeiter zum Zuhören und damit die Voraussetzung, den inhaltlichen Aspekt der Kommunikation wahrzunehmen und zu verwerten.
Interessante Ergebnisse liefert auch die Betrachtung der potenziellen Einflussgrößen des Kommunikationsverhaltens. Ein Effekt der schriftlichen Kommunikationsfähigkeit auf eine der Dimensionen des Kommunikationsverhaltens ist nicht vorhanden. Möglicherweise liegt dies an den üblicherweise im Einkauf verwendeten Kommunikationsmedien (vgl. Large et al., 2003). Einkäufer verwenden zur Kommunikation mit Lieferanten primär mündliche Medien oder schriftliche Medien, die nur geringe Anforderungen an schriftliche Kommunikationsfähigkeiten stellen. Große Bedeutung haben vor allem Telefongespräche und persönliche Gespräche (face-to-face). Die häufig verwendeten schriftlichen Dokumente, Telefaxnachrichten und E-Mail sind vergleichsweise kurz und wenig formal. Zudem werden sie oft direkt von den DV-Systemen unter Nutzung von Textbausteinen erzeugt. Klassische Briefe, z.B. kaufmännische Bestätigungsschreiben, die höhere Anforderungen an die Schreibfähigkeiten stellen würden, werden dagegen nur noch selten verwendet.
Mündliche Kommunikationsfähigkeit
Deutliche Wirkungen gehen von der mündlichen Kommunikationsfähigkeit aus. Erwartungsgemäß wird die Kommunikationsquantität positiv durch die mündliche Kommunikationsfähigkeit beeinflusst. Personen, die über gute Kommunikationsfähigkeiten verfügen, nehmen leicht zu einer größeren Zahl von Kommunikationspartnern Kontakt auf und kommunizieren intensiver mit diesen. Die mündliche Kommunikationsfähigkeit übt einen noch stärkeren Effekt auf die Freundlichkeit aus. Personen mit guten Kommunikationsfähigkeiten fällt es offensichtlich auch in schwierigen Situationen, z.B. in konfliktreichen Verhandlungen, leichter, den richtigen Ton zu finden und sich taktvoll zu verhalten. Die Offenheit wird durch die mündliche Kommunikationsfähigkeit nicht beeinflusst. Dies ist erstaunlich, da gerade der Austausch strategischer und vertraulicher Informationen Fingerspitzengefühl und die Fähigkeit zu einer differenzierten Kommunikation erfordert. Die mündliche Kommunikationsfähigkeit übt zudem einen recht starken direkten Einfluss auf die Informationsqualität aus.
Aufgrund der starken Wirkungen der mündlichen Kommunikationsfähigkeit auf die Verhaltensdimensionen und die Informationsqualität entsteht ein deutlicher indirekter Effekt auf den Lieferantenmanagementerfolg. Betrachtet man die totalen standardisierten Effekte auf den Lieferantenmanagementerfolg, so stellen die mündliche Kommunikationsfähigkeit, die Beziehungsqualität und die Informationsqualität die stärksten Einflussgrößen im Modell dar. Hinweise auf eine deutliche Wirkung der mündlichen Kommunikationsfähigkeit auf den Managementerfolg finden sich verschiedentlich in der Literatur. Diese Sichtweise kann durch die vorliegenden Ergebnisse untermauert werden. Aufgrund dieser starken Effekte wurde mittlerweile mit einer Folgestudie begonnen, die sich der tieferen Erforschung der mündlichen Kommunikationsfähigkeit von Einkäufern widmet. Um einen internationalen Vergleich zu ermöglichen, wird dieses Projekt parallel in Deutschland und Spanien in Zusammenarbeit mit der Universität Pompeu Fabra in Barcelona durchgeführt.
Große Bedeutung für die Erklärung des externen Kommunikationsverhaltens von Beschaffungsmanagern haben auch deren Einstellungen zur Kommunikation mit Lieferanten. Die Einstellungen stehen für die Motivation zur Kommunikation und üben sehr starke Effekte auf die Kommunikationsquantität und die Offenheit aus. Beide Dimensionen bilden bewusste Aspekte des Kommunikationsverhaltens ab, die durch den jeweiligen Beschaffungsmanager weitgehend selbst bestimmt werden. Sowohl die Bereitschaft zur intensiven und extensiven Kommunikation als auch die Bereitschaft zum Austausch sensibler Informationen setzt eine positive Einstellung voraus. Es ist sehr schlüssig, dass Beschaffungsmanager, die der Kommunikation mit Lieferanten große Bedeutung zumessen, eine intensive, breite und offene Kommunikation anstreben.
Das Kommunikationsklima beeinflusst die Offenheit der Kommunikation. Dieser Zusammenhang ist plausibel, da das interne Kommunikationsklima neben der Intensität des internen Informationsaustauschs durch den Grad der Offenheit interner Kommunikation gemessen wurde. Allerdings war es überraschend, dass kein Effekt des Kommunikationsklimas auf die Kommunikationsquantität gezeigt werden konnte, da in der Literatur häufig eine unzureichende externe Kommunikation durch interne Hemmnisse begründet wird. Offensichtlich bleiben einem Beschaffungsmanager selbst bei einem kommunikationsfeindlichen internen Klima ausreichend Freiräume, die externe Kommunikation zu gestalten.
Die Schätzung ergab darüber hinaus einen schwachen Einfluss des Kommunikationsklimas auf die Informationsqualität. In diesem Effekt spiegelt sich vermutlich der Informationsaustausch wider, der nicht durch den befragten Einkäufer sondern auf interorganisationaler Ebene vollzogen wird. Beispielsweise wird eine Bedarfsvorschau monatlich per EDI an den Lieferanten weitergegeben. Diese Datenflüsse können direkt aus dem Planungssystem angestoßen werden, ohne dass der einzelne für einen Lieferanten zuständige Einkäufer dazu eine Kommunikationsepisode eröffnen muss.
Die Zufriedenheit eines Beschaffungsmanagers wurde mit Hilfe der Bereitschaft zur Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen, der Freude an der Arbeit mit Lieferanten und dem Grad des Bedauerns, dass bestimmte Geschäftsbeziehungen bestehen, bestimmt. Die stärksten Gesamteffekte gehen von der Beziehungsqualität, der Informationsqualität, dem Lieferantenmanagementerfolg und der mündlichen Kommunikationsfähigkeit aus. Die mündliche Kommunikationsfähigkeit beeinflusst indirekt vor allem über die Beziehungsqualität die Zufriedenheit. Beschaffungsmanager, die über eine hohe Beziehungsqualität berichten, sind mit ihren Lieferanten und ihrer Arbeit zufrieden. Der Effekt des Lieferantenmanagementerfolgs auf die Zufriedenheit ist im Vergleich dazu gering. Dieses Ergebnis lässt vermuten, dass die Zufriedenheit eines Einkäufers als Maß seines Erfolgs nicht unproblematisch ist. Dieses Ergebnis hat große Bedeutung für die Gestaltung von Lieferantenbewertungssystemen. Wird eine Lieferantenbewertung nur auf Basis von subjektiven Zufriedenheitskriterien durchgeführt, kann dies bei guten Beziehungen und nur mittelmäßigen Lieferantenleistungen zu Verzerrungen führen.
Folgerungen für das Management
Aus den Ergebnissen lassen sich vor allem Folgerungen für das Lieferantenmanagement und das Personalmanagement ableiten. Beschaffungsmanager sollten im Lieferantenmanagement ein offenes, freundliches und umfangreiches Kommunikationsverhalten anstreben. Der größte Effekt geht von der Kommunikationsquantität aus. Betrachtet man die Messung der Kommunikationsquantität im Modell, dann wird deutlich, dass neben einer großen Kommunikationsintensität auch die Kommunikationsextensität von Bedeutung ist. Einkäufer sollten nicht nur häufig kommunizieren, sondern möglichst viele Personen in den Lieferunternehmen kennen und regelmäßig mit diesen Kontakt aufnehmen.
Eine deutliche Wirkung geht auch von der Freundlichkeit aus. Freundliche Beschaffungsmanager sind erfolgreicher. Sie haben bessere Lieferanten hinsichtlich Logistik, Innovation und Qualität und ihre Lieferanten zeigen hohe Erfolgspotenziale. Daraus lassen sich Schlussfolgerungen für die Verhandlungsführung ableiten. Unabhängig davon, ob eine Verhandlung dem Interessenausgleich im Sinne einer Vertragsverhandlung oder eher der Konflikthandhabung ex post dient, sollten die Grundregeln einer höflichen Gesprächsführung eingehalten werden. Hierzu gehören das Zuhören, das Ernstnehmen des Gesprächspartners und die sachliche Argumentation, die frei von persönlichen Angriffen bleibt. Dies ist eigentlich eine selbstverständliche Forderung, die jedoch in der betrieblichen Praxis nicht immer erfüllt wird. Ein solches Verhalten ist die Grundlage eines rationalen Interessenausgleichs, fördert das Vertrauen zwischen den Gesprächspartnern und erhöht die Beziehungsqualität.
Konsequenzen lassen sich auch für das Personalmanagement aufzeigen. Bereits bei der Personalauswahl sollte auf die mündlichen Kommunikationsfähigkeiten und die Einstellungen von Einkäufern und Einkaufsführungskräften geachtet werden. Beide Größen üben über das Verhalten und die Kommunikationsqualität deutliche Effekte auf den Erfolg des Lieferantenmanagements aus. Einkäufer mit guten mündlichen Kommunikationsfähigkeiten haben die besseren Lieferanten. Gleiches gilt für Beschaffungsmanager mit einer positiven Einstellung zur Kommunikation mit Lieferanten. Die mündlichen Kommunikationsfähigkeiten können im Rahmen der Personalentwicklung durch ein entsprechendes Training zur Verbesserung der verbalen Ausdrucksfähigkeit und der Überzeugungsfähigkeit gefördert werden. Außerdem ist es prinzipiell möglich, durch Personalentwicklungsmaßnahmen zumindest auf mittlere Sicht die Einstellungen von Beschaffungsmanagern zur Kommunikation mit Lieferanten zu verbessern.
Für die Personalführung ergibt sich vor allem die Konsequenz, dass Kommunikationsaktivitäten von den jeweiligen Vorgesetzten nicht als Verschwendung und ineffizientes Verhalten be- und verurteilt werden dürfen. Selbstverständlich muss auch bei der Kommunikation mit Lieferanten ein effizienter Informationsaustausch angestrebt werden. Dabei sind jedoch die aufgezeigten Wirkungen auf den Erfolg, vor allem die nur mittelfristig wirkenden indirekten Effekte über die Steigerung der Beziehungsqualität, zu berücksichtigen und nicht nur die Kosten der Kommunikation.
Da sich die positiven Effekte primär über die Beziehungsqualität ergeben, sollten häufige und in kurzen Zeitabständen erfolgende Wechsel der Arbeitsgebiete und Zuständigkeiten für bestimmte Märkte und Lieferanten überdacht werden. Der Aufbau von Beziehungen zwischen Personen benötigt Zeit. Eine Übertragung einer guten persönlichen Beziehung auf einen Nachfolger ist nicht unmittelbar möglich. Hierbei kann es zu Zielkonflikten kommen, wenn ein Unternehmen beispielsweise zur Vorbeugung gegen Bestechung eine regelmäßige Rotation der Aufgabengebiete durchführen möchte.
Literatur:
  • Large, Rudolf (2000): Strategisches Beschaffungsmanagement. Eine praxisorientierte Einführung mit Fallstudien. 2. überarb. u. erw. Aufl. Wiesbaden, Gabler 2000.
  • Large, Rudolf/Kovács, Zoltán/Davis, Sidney/Halstead-Nussloch, Richard (2003): Internationaler Vergleich der Internet-Nutzung im Beschaffungsmanagement. Ergebnisse einer Befragung von Beschaffungsmanagern in Deutschland, Ungarn und den USA. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft 73. Jg., Heft 10, S. 1103 – 1123.
  • Large, Rudolf (2003): Interpersonelle Kommunikation und erfolgreiches Lieferantenmanagement. Eine Kausalanalyse des externen Kommunikationsverhaltens von Beschaffungsmanagern. Wiesbaden, Deutscher Universitäts-Verlag 2003.
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