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Powercaps: Energieeffizient im Hochregallager unterwegs

Speicherlösung reduziert den Leistungsbedarf von Regalbediengeräten
Effizient im Hochregallager unterwegs

Im Durchschnitt waren es zwischen 10.000 und 100.000 Kilowattstunden, die der Armaturenhersteller Hawle jährlich durch verschiedene Effizienzmaßnahmen einsparen konnte. Den bis dato größten Erfolg erzielten die Oberösterreicher allerdings mit einer Leistungs- und Energiemanagementlösung für ein neues Hochregallager.

Wie lassen sich zwei Rohre bestmöglich miteinander verbinden? Diese Frage beantwortete im Jahre 1948 der Gründer der Hawle-Österreich-Gruppe, Engelbert Hawle, mit der Erfindung des Sparflansches. Heute ist das Unternehmen mit Rohrverbindungen, Formstücken, Absperr-, Verteiler- und Regelarmaturen sowie zwölf Tochtergesellschaften weltweit aktiv. „Zu unseren Bestsellern zählen Absperrschieber und Hydranten“, erläutert Andreas Bamberger, Energiemanager bei der E. Hawle Armaturenwerke GmbH. Er behält am Firmensitz in Vöcklabruck sowie am Produktionsstandort Frankenmarkt die Umsetzung eines Energiemanagementsystems nach DIN EN ISO 50001 im Auge.

„Wir versuchen mit unterschiedlichen Maßnahmen wie dem Heizen mit nachhaltigen Rohstoffen, einer konsequenten Umstellung auf LED-Leuchtmittel, einem vermehrten Frequenzumrichter-Einsatz bei Motoren oder einer gezielten Wärmerückgewinnung bei Kompressoren, Kälte- und Lüftungsanlagen die Ökobilanz zu verbessern und den Energieverbrauch zu reduzieren“, fasst der studierte Ökoenergietechniker mehrere bereits realisierte Projekte zusammen. Damit ließen sich zwischen 10.000 und 100.000 Kilowattstunden pro Jahr einsparen. Den bis dato größten Coup in Sachen Energieeffizienz landeten die Oberösterreicher allerdings mit dem Einsatz einer Leistungs- und Energiemanagementlösung für industrielle Antriebe mit sogenannten Powercaps als Energiespeicher.

Geringere Leistungsspitzen

Als Anlagentechniker bei Hawle wurde Johannes Kräutner hellhörig, als Hörmann Logistik von einer Methode berichtete, mit der sich der Spitzenleistungsbedarf von Regalbediengeräten (RBG) von 70 kW auf 7 bis 10 kW senken lassen soll. Letztendlich bildete dieser Vorschlag das Zünglein an der Waage, das beim Bau der neuen Logistikhalle darüber entschied, wer den Zuschlag als Generalunternehmer erhielt. „Wir wählten damals nicht den billigsten Anbieter, sondern den für unsere Anforderungen günstigsten“, erinnert sich Kräutner und erläutert: „Wir sehen uns sehr genau an, was in unseren Werken verbaut wird und der Intralogistik-Spezialist Hörmann vermochte mit Fördertechnik von Klatt, Regalbediengeräten von Mias sowie mit einer Power and Energy Solution von SEW-Eurodrive zu punkten.“

Für die Art und Weise wie SEW-Eurodrive in industriellen Antriebssystemen Energie rückgewinnt, zwischenspeichert und für die Abdeckung von Lastspitzen oder die Überbrückung von Netzausfällen zur Verfügung stellt, erhielt das Unternehmen 2019 den Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg in der Kategorie „Energieeffizienz“. Die Powercaps bilden dabei das Herzstück des Systems. Bei den Regelbediengeräten puffern diese elektrischen Speicher überschüssige Bremsenergien, um sie für nachfolgende Beschleunigungs- oder Anfahraktivitäten zu verwenden. Dadurch reduzieren sie nicht nur Leistungsspitzen, sondern auch den Gesamtverbrauch. „Wir sparen mit dieser Technologie unseren Berechnungen nach rund 230.000 Kilowattstunden pro Jahr ein. Das entspricht in etwa dem Stromverbrauch von 52 durchschnittlichen Haushalten“, zeigt sich Bamberger zufrieden mit der Öko-Bilanz der Antriebslösung für die Regalbediengeräte.

Powercaps an Bord

Insgesamt sind fünf gassengebundene Einmast-RBGs mit Teleskopgabel für eine doppeltiefe Palettenlagerung in der 29 Meter hohen Logistikhalle der Hawle-Österreich-Gruppe unterwegs. Jedes einzelne davon wiegt ohne Traglast bereits rund 25 Tonnen und benötigt entsprechend viel Energie, um in die gewünschte Ein- bzw. Auslagerungsbewegung gebracht zu werden.

„Normalerweise hätten wir hier netzseitig mit einem Spitzenleistungsbedarf von 60 bis 70 kW pro Regalbediengerät planen müssen. Dank der Movi-C Power and Energy Solution von SEW-Eurodrive reduzierte sich dieser aber auf einen Bruchteil davon“, spricht Bernd Nebel, Fachprojektleiter Automatisierungstechnik bei Hörmann Logistik einen Punkt an, der sich auch bei der Auslegung der Infrastruktur positiv auswirkt: Die Zuleitungen, Sicherungen, Kabelquerschnitte, der Transformator und weitere Komponenten können kleiner dimensioniert werden. Stattliche 1,8 Meter groß sind dafür die Schaltschränke der Regalbediengeräte, in denen auch die Powercap-Module verbaut sind. Bis zu 3300 rückgewonnene Kilowattsekunden warten in diesen Leistungsspeichern auf ihren Einsatz. In Summe hielten 195 Antriebe von SEW-Eurodrive Einzug in das Hochregallager der Hawle-Österreich-Gruppe, 175 für die Fördertechnik und 20 für die RBG.

„Die Grundidee ist, die Energie, die ins System eingebracht wurde, applikationsnah für einen bedarfsgerechten Abruf vorzuhalten. Wir können die gesammelten Reserven nutzen, um Lastspitzen abzufangen, die Netzstabilität zu sichern oder um Anlagen bei einem Stromausfall in einen definierten sicheren Zustand zu bringen“, weist Stephan Nick, Vertriebsingenieur bei SEW-Eurodrive, auf die Einsatzmöglichkeiten des Leistungs- und Energiemanagements hin. „Überall dort, wo sich etwas bewegt und häufig beschleunigt wird, ist eine solche Lösung sinnvoll“, ergänzt er. Bei Hawle wird bereits über eine weitere Powercap-Verwendung nachgedacht. Laut Hermann Pichler, Automatisierungs- und Steuerungstechniker am Produktionsstandort Frankenmarkt, biete sich dafür die Schleuderradstrahlanlage an: „Da werden Gussteile in einer schnell rotierenden Einheit mit Stahlkies beworfen, um als Endergebnis saubere, gleichmäßig homogene Oberflächen zu erhalten.“

Investition zahlt sich aus

Sämtliche Investitionen des Armaturenherstellers in Technologien oder Anlagen müssen sich innerhalb einer vertretbaren Zeitspanne amortisieren. „Wir überlegen bei jeder Neuanschaffung sehr genau, wie diese maximal effizient zu betreiben ist. Die Entscheidung für die Powercaps kostete zwar rund 25.000 Euro mehr pro Gasse, macht sich aber unseren Berechnungen bereits ab dem fünften Jahr als ‚Reingewinn‘ bezahlt“, freut sich der Energiemanagementbeauftragte Bamberger über ein weiteres „grünes Erfolgsprojekt“. Als Ökoenergietechniker erkannte er sofort das Potenzial dieser Technologie, die Energie von generatorischen Betriebszuständen speichert, um sie dann den Hub-, Fahr- oder Gabelantrieben der Regalbediengeräte zukommen zu lassen. Bamberger: „Es ist wie bei einer Photovoltaikanlage: Man muss einmal Geld für die Anschaffung einer entsprechenden Infrastruktur in die Hand nehmen und profitiert dann jahrzehntelang.“


Bild: SEW-Eurodrive

Andrea Balser

Referentin Fachpresse bei SEW-Eurodrive in Bruchsal.



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