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Forschende kombinieren mobilen 3D-Handscanner mit Roboterhund

Forschende kombinieren mobilen 3D-Handscanner mit Roboterhund
3D-Vermessung auf vier „Pfoten“

Mit ihrem Handscanner GoScout3D haben Forschende des Fraunhofer IOF einen mobilen Sensor entwickelt, der die hochauflösende 3D-Vermessung komplexer Objekte ermöglichen soll. Um diesen Prozess weiter zu automatisieren, wurde der Scanner nun mit dem Roboterhund Spot gekoppelt. Auf diese Weise sollen Messungen noch effizienter und Mitarbeitende entlastet werden.

Kommandos wie „bei Fuß“, „Sitz“ oder „Platz“ sind jedem Hundebesitzer vertraut. In Produktionshallen oder industriellen Fertigungsstätten hört man sie dagegen eher weniger. Doch wenn es nach Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF aus Jena geht, könnte man in Zukunft vielleicht auch hier auf einen vierbeinigen Kameraden treffen, der nach strikter menschlicher Anweisung arbeitet und damit seinen zweibeinigen Kolleginnen und Kollegen die alltägliche Arbeit erleichtert. Nur das der Hund in diesem Fall kein lebendiges Tier ist und die Kommandos sich vordergründig auf Maßnahmen zur hochpräzisen 3D-Dokumentation beziehen.

Automatisierte 3D-Digitalisierung mit Roboterhund

Sei es zur Wartung komplexer Bauteile, wie etwa von Flugzeugtriebwerken, oder bei der Qualitätskontrolle in der Automobilindustrie: Virtuelle 3D-Modelle ermöglichen die präzise Dokumentation großer Maschinen und ihrer kleinen Details. Zu diesem Zweck haben die Forschenden des Fraunhofer IOF bereits im vergangenen Jahr den mobilen Handscanner GoScout3D entwickelt. Er soll die 2D- und 3D-Digitalisierung komplexer, im Volumen mehrere Kubikmeter umfassende Objekte mit einer hohen räumlichen Auflösung von weniger als 0,25 Millimetern ermöglichen.

Bisher musste zur Erstellung der digitalen Zwillinge der Scanner von Menschenhand um das zu vermessende Objekt bewegt werden. Dabei wurde von den Mitarbeitenden große Präzision in der Ausführung der Messung, eine gleichbleibende Geschwindigkeit in der Führung des Sensorkopfes und die weitgehend konstante Einhaltung eines vorgegebenen Messabstandes verlangt. Potenzielle Ermüdungserscheinungen oder die Unvollständigkeit der Messdaten waren zum Teil die Folge.

Diesem Problem aus der Praxis haben sich die Forschenden der Abteilung Bildgebung und Sensorik am Fraunhofer IOF angenommen und einen Weg gesucht, um die Messungen für den Menschen künftig komfortabler und zugleich für den betrieblichen Prozess effizienter zu gestalten. Die Lösung: Sie kombinierten den 3D-Scanner mit einem Roboterhund der US-amerikanischen Firma Boston Dynamics, der unter dem Namen Spot bekannt ist.

„Durch die Integration des zuvor in Jena entwickelten Sensorkopfes mit Spot soll der Messprozess des GoScout3D-Scanners künftig automatisiert und ohne den ständigen Bedarf nach menschlicher Beaufsichtigung möglich sein“, erklärt Dr. Andreas Breitbarth, Leiter der Gruppe Bildverarbeitung und Künstliche Intelligenz am Fraunhofer IOF. „Der Roboterhund kann GoScout3D autonom durch die Messszenerie manövrieren, bei gleichbleibender Messgeschwindigkeit und -abstand.“

Roboter macht Messverfahren agiler und flexibler

Im Vergleich zu herkömmlichen Messrobotern, die beispielsweise entlang von Fertigungsstraßen zum Einsatz kommen und dort in der Regel festmontiert sind, hat der autonome Laufroboter einen entscheidenden Vorteil: Dank seiner Möglichkeit, sich frei im Raum und auf verschiedenen Untergrundarten agil zu bewegen, kann das Messobjekt von allen Seiten sowie auf verschiedenen Ebenen – etwa unterhalb einer Führungsschiene – vollständig erfasst werden, so das Fraunhofer IOF.

Gleichbleibende Scangeschwindigkeit und weniger Schwankungen in der Handhabung im Vergleich zu Führung durch Menschenhand gewährleisten darüber hinaus eine größere Reproduzierbarkeit der Ergebnisse und verringern durch weniger Redundanzen die Messdauer. Das macht die integrierte Messeinheit interessant für die Anwendung in seriellen Fertigungsprozessen oder der Qualitätskontrolle.

Autonome Messung ohne menschliche Interaktion

Um diese Anwendungsziele zu erreichen, bedarf es einer verlässlichen Koordination zwischen dem Roboter und dem 3D-Sensor. Hierzu wird mit einer Hand-Auge-Kalibrierung der 3D-Sensor an das Koordinatensystem des Roboters angekoppelt. Sobald der Laufroboter auf diese Weise einmal mit dem Scanner kalibriert ist, kann er durch menschliche Expertinnen und Experten auf die Messung vordefinierter Objekte hin programmiert werden. „Vor dem eigentlichen Messvorgang werden Geschwindigkeit, genaue Messorte und andere wichtige Parameter von einem menschlichen Anwender an Spot übermittelt, sodass der Roboterhund die Scans anschließend genau wie ein Mensch durchführen kann, ohne dass dieser physisch anwesend sein muss“, sagt Breitbarth.

Auf diese Weise könnte Spot künftig zum Beispiel Routinemessungen übernehmen. Die Mitarbeitenden können stattdessen ihren Fokus auf kritische Aspekte der Überprüfung sowie Analyse und Auswertung der erstellten 2D- sowie 3D-Daten legen. Weiterhin soll die Kopplung des Scanners mit einem agilen Roboter auch Methoden zur Fernsteuerung bzw. -überwachung ermöglichen.

Den 3D-Handscanner hatten Forschende des Fraunhofer IOF 2023 in Zusammenarbeit mit der MTU Maintenance entwickelt. Zur Erstellung von komplexen 3D-Modellen werden durch den gerade einmal 1,3 Kilogramm schweren Sensorkopf zweidimensionale Farbbilder der gewählten Messszene mit einer 20-Megapixel-Farbkamera aufgenommen. Aus diesen werden mittels Photogrammetrie die 3D-Daten der gesamten Szene berechnet. Die Einheit aus GoScout3D und dem Roboterhund Spot wurde erstmals Ende April auf der Messe Control in Stuttgart öffentlich vorgestellt. (ys)

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