Die-Zeit-Journalistin Anna Mayr ist als Kind arbeitsloser Eltern aufgewachsen. In diesem Buch geht es allerdings weniger um ihre persönlichen Erfahrungen, sondern um ein System, dass Arbeitslose von der Gesellschaft ausschließt. Sie macht deutlich: Wer keine Arbeit hat, kann sich weder über seine Tätigkeit, noch über seinen Konsum oder seine Hobbys definieren; all dies ist Arbeitslosen nicht möglich. Stattdessen werden sie als „Problemfälle“ abgestempelt und mit dem geringsten Einsatz an Mitteln „verwaltet“. Sie schreibt: „Die Güte, die unsere Gesellschaft gegenüber Arbeitslosen zeigt, ist keine echte Güte. Sie ist vielmehr ein Akt, den man für notwendig hält, damit das Elend der anderen für die Mehrheit nicht zu belastend wird.“
Mayr zeigt wortgewaltig und reflektiert, mit welcher Verachtung die Politik arbeitslose Menschen betrachtet. Sie fragt, wie „gut“ ein Wirtschaftssystem ist, das solches Elend unterstützt. Sie erklärt, dass Lösungen wie die höhere Besteuerung hoher Einkommen helfen könnten, Arbeitslosen das zu geben, was sie brauchen: die finanziellen Mittel, an der Gesellschaft teilhaben zu können. (sd)
Die Elenden. Warum unsere Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht.
Mayr, Anna. Hanser Berlin, München, 2020. Hardcover, 208 Seiten. 20,00 €. ISBN: 978-3446268401