Startseite » Buchrezensionen »

Elon Musk – Unternehmer zwischen Genie und Wahnsinn

Die Biografie des Selfmade-Milliardärs und Tesla-Gründers
Elon Musk – Unternehmer zwischen Genie und Wahnsinn

Elon Musk – Unternehmer zwischen Genie und Wahnsinn
Elon Musk – Die Biografie. Walter Isaacson,C. Bertelsmann Verlag, München 2023, 832 Seiten, 38,00 Euro ISBN: 978–3–570–10484–2 Bild: Bertelsmann
Anfang September 2023 erschien weltweit „Elon Musk“, die sehnsüchtig erwartete neue Biografie des Selfmade-Milliardärs und Tesla-Gründers. Verfasser ist der bekannte Autor Walter Isaacson, der vor Jahren schon eine viel beachtete Biografie des legendären Apple-Gründers Steve Jobs vorlegte. Dieses Mal legt er offen, wie Elon Musk tickt, und auch wie er sein Imperium führt.

„Der Umgang mit seinem Leben ist wie der Versuch, Notizen zu machen, während man aus einem Feuerwehrschlauch trinkt.“ So beschrieb Walter Isaacson, der auf eine lange journalistische aber auch wissenschaftliche Karriere zurückblicken kann, seine Arbeit an der vorliegenden Biografie. Diese ist nach Ansicht des Verlages „die erstaunlich intime Geschichte des faszinierendsten und umstrittensten Innovators der Welt, eines Visionärs, der alle Grenzen gesprengt und die Welt in das Zeitalter der Elektrofahrzeuge, der privaten Weltraumforschung und der künstlichen Intelligenz geführt hat“.

Zwei Jahre lang begleitete der Biograf Elon Musk, besichtigte gemeinsam mit ihm seine Fabriken und führte Interviews mit ihm, seiner Familie, seinen Freunden, Kollegen und auch mit seinen Gegnern. Herausgekommen ist ein aufschlussreiches Buch voller bemerkenswerter Erfolgsgeschichten aber auch Flops, das die Frage aufwirft: Ist die offenkundige Besessenheit (im Amerikanischen der Demon Mood), die Elon Musk antreibt, auch das, was man braucht, um Innovation und Fortschritt voranzubringen? Die Antwort des Biografen lautet ja.

In seiner Kindheit wurde Elon Musk auf den Spielplätzen Südafrikas regelmäßig von jugendlichen Schlägern verprügelt. Einer dieser Vorfälle brachte ihn für eine Woche ins Krankenhaus. Seine körperlichen Verletzungen aber waren gering im Vergleich zu den emotionalen, die ihm sein Vater zufügte. Als Elon Musk aus dem Krankenhaus nach Hause kam, wurde er von seinem Vater beschimpft und angeschrien als Idiot. Der Einfluss des Vaters auf seine Psyche sollte ihn sein Leben lang prägen, und die Abrechnung mit dem Vater war möglicherweise die Triebfeder für seinen Erfolg. Musk entwickelte sich zu einem abgebrühten, aber auch verletzlichen Menschen mit extrem hoher Risikotoleranz, einem Verlangen nach dramatischen Ereignissen, einem epischen Sendungsbewusstsein und einer manischen Ambition, die ihn für andere gefühllos und manchmal destruktiv erscheinen lässt. Er ist für seine Mitarbeiter sicherlich ein sehr fordernder, wenig empathischer Chef.

Jenseits der Einblicke in die Persönlichkeit gibt die Schrift Einblicke in die Erfolgsprinzipien von Musk. Im Mittelpunkt steht der von ihm geprägte sogenannte Algorithmus der Produktentwicklung, der allen Mitarbeitern eingeimpft wird und einen erheblichen Beitrag dazu leistet, dass Tesla eine unfassbar hohe Gewinnmarge erzielt, und dass SpaceX-Raketen wesentlich kostengünstiger als Konkurrenzprodukte gebaut werden. Der „Algorithmus“ ist ein neuer Lean-Management-Ansatz. Er beinhaltet einen Fünf-Punkte-Plan, mit dem Musk jedes Problem angeht, sei es in der Produktion oder in der Produktentwicklung. Ganz oben steht das Prinzip: Vorgaben jeder Art hinterfragen. Für Elon Musk gilt nur das „First Principle“. Dementsprechend sind etwa bei der Konstruktion nur die grundlegenden Gesetze der Physik zu befolgen. Jede regulatorische oder organisationsintern kreierte Vorschrift wird angezweifelt und auf ihre Logik und Richtigkeit überprüft. Das nächste Prinzip lautet: möglichst viel weglassen, seien es Teile oder Fertigungsprozesse. Es soll alles so einfach und schnell wie möglich sein. Dies wiederum ist Voraussetzung für das dritte Prinzip: die Produktion optimieren allerdings stets unter Beachtung der Prinzipien 1 und 2. Nach Musks Meinung werden zu oft Produktionsprozesse verbessert, die später wegfallen. Die letzten beiden Prinzipien sind die Beschleunigung und die Automatisierung der einzelnen Produktionsabschnitte. Auch hier gilt: Zuerst sind die vorhergehenden Prinzipien zu beachten. Diesen Fünf-Punkte-Plan setzt Musk überall konsequent um. Hinzu kommt seine Designversessenheit. Musk lässt mit großem Erfolg Designer und Ingenieure Hand in Hand arbeiten, wie man dies auch von Apple kennt.

Abgesehen von diesen Erfolgsprinzipien geht die Biografie intensiv auf Musks ruppigen Führungsstil ein. Musk erzeugt eine „irrsinnige Dringlichkeit“, wie er es ausdrückt. Er zeigt in der Führung Härte: Gnadenlos feuert er Mitarbeiter, schreit sie an und ist allgemein gefürchtet.

Die Lektüre – auch kursorisch – lohnt sich und bietet Firmenchefs Anschauungsmaterial. Sie sollten dann aber sorgfältig abwägen, was sie davon umsetzen.


Prof. Dr. Robert Fieten

wissenschaftlicher Berater der Beschaffung aktuell, Köln

Aktuelles Heft
Titelbild Beschaffung aktuell 5
Ausgabe
5.2024
PRINT
ABO
Aktuelles Heft
IFOY Award
Die renommierte Auszeichnung für Flurförderzeuge geht in eine neue Runde.

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de