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Wirtschaft
Buchrezension des Experten: „Ölbeben“ von Heike Butcher

Buchrezension des Experten: "Ölbeben" von Heike Butcher
Ölbeben. Wie die USA unsere Existenz gefährden
Die deutsche ZEIT-Korrespondentin Heike Buchter in den USA diskutiert in ihrem flott geschriebenen Buch den Aufstieg der USA zum wichtigsten Ölexporteur der Welt und die daraus resultierenden ökologischen und geopolitischen Konsequenzen. Innerhalb weniger Jahre sind die USA vom größten Ölimporteur der Welt zum größten Produzenten aufgestiegen. Dies gelang dank Fracking. Das Fracking hat jedoch einen hohen Preis.

Jeden Tag fluten die USA den Weltmarkt mit 13 Millionen Barrel Öl und unzähligen Kubikmetern Erdgas. Das meiste davon kommt aus dem Permischen Becken, einer Region in den Bundesstaaten Texas und New Mexico. Die Autorin Heike Buchter ist dort gewesen und hat mit den Akteuren, die vom Schieferöl profitieren, gesprochen. Sie hat dabei auch die ökologischen Kollateralschäden „besichtigt“. In dem neuen Ölboom entdeckt sie ein Déjà-vu: Es sind heute einmal mehr eng mit der Politik verbundene, nicht über alle Zweifel erhabene Akteure unterwegs. Wie schon zu Beginn des Öl-Zeitalters in Texas handeln sie nach der Devise: „Drill baby, drill“.

Ölgewinnung in den USA analysiert

Die Autorin zeigt auf, welche Anstrengungen die Öl-, Gas- und Kohleindustrie unternimmt, um das unabdingbare Ende der fossilen Brennstoffe gewalttätig hinauszuzögern – ohne Rücksicht auf Klimaschutz und Umwelt. Ihre Diagnose: Während wir in Europa heiß über den Klimawandel diskutieren, sind die USA als größte Volkswirtschaft der Welt in ein neues Schieferölzeitalter eingestiegen. Sie schaffen damit im wahrsten Sinne des Wortes schmutzige Tatsachen. Von Alaska bis zum Golf von Mexiko werden ganze Landstriche à la longue zu nicht mehr lebenswerten Industriebrachen – mit globalen Folgen. Pipelines zerstören große Naturschutzgebiete und Reservate der Ureinwohner.

Das Buch legt dar, wie durch Investitionen
in Schieferöl-Projekte klimaschädliche CO2Emissionen auf Jahre zementiert und die Hoffnung auf sinkende Emissionen zunichtegemacht werden. Die nüchterne Beschreibung der Fracking-Technologie und der Supply Chains der Schieferöl-Driller führen vor Augen, wie viele Lkw-Kilometer und Liter Wasser nötig sind, um ein Ölfass im Permischen Becken zu produzieren. Die Autorin stellt fest, dass viel Geld der Wall Street weiter in die fossilen Brennstoffe fließt, und dass die grüne Gegenbewegung in guten Absichten stecken bleibt. Die USA fahren unter Donald Trump mit Vollgas gegen den Rest der Welt. Die traumatische Erinnerung der USA an den Ölschock der 1970er-Jahre ist der entscheidende Auslöser, der den Nährboden für Donald Trumps Fiktion der Energiedominanz bereitete.

Öl – Hebel der Geopolitik

Das Buch ist kein wissenschaftliches Buch, wohl aber ein suggestiv-journalistisches Werk. Es ist ein Verdienst der Autorin, dass sie intensiv auf die mächtigen Hintermänner der Driller und insbesondere deren prominente Finanziers eingeht und dabei bisher wenig bekannte Zusammenhänge offenlegt. Dazu zählen die engen Verflechtungen zwischen dem Weißem Haus (nicht erst seit Trump!) und den texanischen Ölförderern. Das Bild, das Buchter zeichnet, ist erschreckend: Trump ist ein willfähriger und für die Wahlkampfhilfen dankbarer Partner der Milliardäre. Sie haben ihr Vermögen mit Öl, Gas und Kohle gemacht und müssen in Zeiten des Klimaschutzes befürchten, ausgebremst zu werden. Für sie bietet die Trumpsche Präsidentschaft eine Jahrhundertchance, um nach der für sie unsäglichen Obama-Zeit die Vorgaben durchzudrücken, die für ihr Geschäft wichtig sind und das Ölzeitalter verlängern.

Die Autorin leistet einen wichtigen Beitrag zur Klimadebatte. Sie geht sogar darüber hinaus. Sie analysiert die neue amerikanische Energiedominanz als Hebel der Geopolitik. Dieser Hebel hat für das Weiße Haus einen mächtigen Verbündeten: die Weltreservewährung Dollar. Mit dem Öl der Fracker und dem Dollar lässt sich die Welt zurzeit neu ordnen. Besorgt wirft die Autorin die Frage auf, was die neue US-Energiedominanz für Deutschland und Europa, für unsere Umwelt, aber auch für unsere Sicherheit bedeutet.

Abgesehen von der Politik, auf die man vielleicht nicht zu viel setzen sollte, gibt es nur eine Macht, die tatsächlich dafür sorgen könnte, dass Öl, Gas und Kohle bald zu Fossilien des Industriezeitalters werden: die Geldgeber. Vor allem die Fracker mit ihrem stetigen Bedarf an frischem Kapital sind verwundbar. Doch es sieht nicht danach aus, dass die Finanziers der Branche den Rücken kehren.

Ein anspannendes Buch, das sich wie ein Roman lesen lässt. Eine Gute-Nacht-Lektüre ist es aber nicht.

Prof. Dr. Robert Fieten,
fachlicher Berater der
Beschaffung aktuell,
Köln

 


Ölbeben. Wie die USA unsere Existenz gefährden.
Heike Butcher. Campus Verlag, Frankfurt, 2019.
Hardcover, 300 Seiten. € 24,95. ISBN: 978-3593510910.

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