Startseite » C-Teile-Management »

Partner im C-Teile-Management

Thomas Erb, Geschäftsführer Ferdinand Gross
Partner im C-Teile-Management

Als einer der größten Lieferanten von Verbindungstechnik in Deutschland beliefert der Händler Ferdinand Gross seine Kunden mit passgenauen Dienstleistungen als auch mit dem Know-how seines Expertenteams. Für seine Innovationen und Leistungen wurde der Betrieb mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt mit dem Lieferantenprädikat der Deutschen Bahn. Geschäftsführer Thomas Erb beantwortet unter anderem Fragen zur Rolle von RFID und Industrie 4.0 im C-Teile-Management.

Beschaffung aktuell: Worin liegen die Stärken von Ferdinand Gross? Was können Sie, was andere nicht können?
Thomas Erb: Wir haben den Anspruch, dass wir nicht nur das richtige Produkt in der richtigen Qualität in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt liefern, sondern jedem Kunden darüber hinaus einen Mehrwert bieten. Dafür gehen wir auch proaktiv auf unsere Kunden zu. Beispielsweise haben wir mehrfach die Deutsche Bahn auf mögliche Gefährdungen bei der Versorgungssicherheit hingewiesen. Daraufhin konnte man vorbeugend reagieren.
Manchmal sehen wir Probleme, die erst in ein oder zwei Jahren akut werden. Aber gemeinsam mit unseren Kunden können wir frühzeitig die Themen angehen und nach Lösungen suchen.

Beschaffung aktuell: Gibt es auch Kunden, die auf solche Vorwarnungen genervt reagieren?
Erb: Natürlich gibt es immer wieder Kunden, die erst reagieren, wenn das Problem da ist. Aber wir stellen fest, dass bei der überwiegenden Zahl der Kunden unsere vorausschauenden Hinweise sehr positiv ankommen, insbesondere bei den großen Kunden.

Beschaffung aktuell: Wie gehen Sie da vor?
Erb: Bei den großen Unternehmen ist der Einkäufer unser Ansprechpartner, den wir auf mögliche Schwierigkeiten hinweisen. Der Einkäufer holt dann den Techniker und in manchen Fällen auch die Entwicklung sowie die Konstruktion dazu. In diesem Kreis kann man Produktveränderungen anstoßen, um sie dann am Ende des Tages wieder kaufmännisch im Einkauf zu bewerten. Das braucht Zeit. Und darum ist der Großteil der Kunden sehr aufgeschlossen, wenn man ihn proaktiv anspricht, bevor nachher die Probleme auftreten und es zu spät ist. Denn niemand hat Verständnis dafür, wenn eine Schraube die Ursache für einen Produktionsstillstand ist. Wenn das A-Bauteil, das Aggregat, der große Motor oder das teure Teil fehlt, bringt jeder Verständnis auf, aber nicht bei einer fehlenden Schraube.

Beschaffung aktuell: Können Sie uns Beispiele nennen?
Erb: Gerne. Derzeit ist das drohende Verbot von Chrom VI in aller Munde. Als voraussichtliches Enddatum ist hier weiterhin der 21. September 2017 im Gespräch. Im vergangenen Sommer haben wir eine Analyse gemacht: Welcher Kunde setzt bei welchen Abmessungen noch gelb chromatierte [Anm. Red.: Chrom IV] Schrauben ein? Diese Kunden haben wir auf die gesetzliche Verordnung und deren mögliche Folgen hingewiesen. In Abstimmung mit deren Technikern haben wir dann alternative Oberflächen ausgearbeitet.
Ein anderes Beispiel: Manche Kunden schreiben uns für bestimmte Teile den Lieferanten vor. Jetzt bekommen wir von unserem Einkauf die Information, dass genau dieser Lieferant ein gewisses Gefahrenpotenzial birgt. Mit diesen Kunden suchen wir dann das Gespräch und schlagen andere Quellen vor.
In unserer Branche reicht es nicht mehr aus, sich nur über das Produkt zu differenzieren. Deshalb treten wir auch immer mehr als Problemlöser auf und beraten unsere Kunden beziehungsweise suchen gemeinsam mit ihnen nach Lösungen für ihr Verbindungsproblem.

Beschaffung aktuell: Welchen Umsatzanteil machen die Kanban-Kunden aus?
Erb: 75 Prozent aller Positionen, die das Lager verlassen, gehen zu Kunden, die auch unsere Services nutzen. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Noch vor sechs Jahren dachten wir, dass wir mit 50 Prozent einen Sättigungsgrad erreicht haben würden. Und heute bin ich davon überzeugt, dass noch mehr möglich ist. Die Nachfrage nach dem Paket Produkt inklusive Dienstleistung wird immer größer.

Beschaffung aktuell: Wie erklären Sie das gestiegene Interesse?
Erb: Die Erklärung ist relativ einfach: Das Produkt ist in den meisten Fällen nicht sehr wertintensiv, aber der Beschaffungsprozess ist verhältnismäßig teuer. Wenn wir den Prozess verschlanken, erreichen wir die maximale Einsparung.

Beschaffung aktuell: Sie sind mit dem Lieferantenprädikat 2016 von der Deutschen Bahn AG ausgezeichnet worden. In der Pressemitteilung dazu ist die Rede von 70 Prozent Einsparungen, die die Bahn mit Ihnen realisiert hat. Waren das Prozesskosten?
Erb: Richtig. Die Bahn ist aktuell unser größter Kunde. Wir machen mit der Bahn neun Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Aktuell haben wir einen neuen Rahmenvertrag für allgemeine Verbindungstechnik unterschrieben. Damit waren wir in den vergangenen vier Jahren Alleinlieferant bei der Bahn und werden sie jetzt weitere sechs Jahre beliefern. Das ist ein Novum bei der Bahn, dass sie sich in einem Produktsegment ausschließlich auf einen einzigen Lieferanten verlassen. Hintergrund für diese Entscheidung war die Optimierung und Vereinheitlichung der Prozesse und die damit verbundenen Einsparpotenziale.

Beschaffung aktuell: In welchen Industriebranchen sind Sie besonders stark vertreten?
Erb: Unsere umsatzstärkste Branche ist der Maschinen-/Anlagenbau, der bei uns heute einen Umsatzanteil von circa 60 Prozent ausmacht. Dazu gehört zum Beispiel Thyssen Aufzüge genauso wie der Werkzeugmaschinenbauer Hermle.
Unser zweitstärkster Bereich ist die Bahntechnik, also alles rund um das Thema Schienenfahrzeuge. Dort wachsen wird zurzeit sehr stark und beliefern den Bereich Instandhaltung und Wartung von Fahrzeugen. Das aktuelle Vertragssortiment umfasst 25 000 Artikel.

Beschaffung aktuell: Sie bieten im Bereich C-Teile-Management das Tool Falcon. Damit können Ihre Kunden alle Kanban-Lagerorte visualisieren. Es heißt: „Sie werden keine Artikel mehr suchen, Sie werden sie finden.“ Wie kommt dieses Tool im Markt an?
Erb: Die Resonanz auf Falcon ist durchweg positiv. Insbesondere für die Einkäufer ist es beruhigend zu wissen, dass sie Zugriff auf alle Informationen haben – 100 Prozent Transparenz ohne dass sie irgendjemanden im Unternehmen fragen müssen.
Insbesondere bei unseren Gesprächen mit Neukunden sind Falcon und die damit verbundene Datentransparenz sehr wichtig. Manche Unternehmen geben zum ersten Mal die Disposition in fremde Hände. In diesen Fällen schafft Falcon das notwendige Vertrauen im Einkauf für die neue Partnerschaft.
Darüber hinaus wird das Tool als Dokumentenmanagementsystem auch in vielen anderen Abteilungen genutzt, zum Beispiel in der Qualitätssicherung. Dem QS-Mann steht, wenn er eine Schraube in der Prüfung hat, über Falcon die aktuelle Zeichnung zur Verfügung. Falls es dazu besondere Qualitätsvorschriften gibt, stehen diese Dokumente ebenfalls im System. Ohne lange und umständlich zu suchen, hat er Zugriff auf alle Zeichnungen und Informationen mit Versionsnummer. Das ist bei Freigaben oder Reklamationen enorm zeitsparend.

Beschaffung aktuell: Das geht aber weit über die Funktion hinaus, die Falcon zu Beginn hatte.
Erb: Genau. Falcon hat sich weiterentwickelt. Das ursprünglich nur für den Einkauf gedachte Tool nutzt jetzt auch der Qualitätssicherung, der Produktion und sogar der Entwicklung, damit dort – beispielsweise im Musterbau – die Schrauben genutzt werden, die bereits im Sortiment sind.

Beschaffung aktuell: Ein Blick in die Zukunft: Wie wird Falcon in Zukunft aussehen?
Erb: Das zukünftige Ziel ist die Integration der Datenbank Falcon in das ERP des Kunden. Damit ließen sich noch eine ganze Reihe weiterer Funktionalitäten realisieren.

Beschaffung aktuell: Wird bei Ihnen auch über Industrie 4.0 diskutiert?
Erb: Natürlich. Vom Grundgedanken her ist Industrie 4.0 nichts anderes als die Prozess-Kommunikation, die aktive Kommunikation im Prozess zwischen Lieferanten und Kunden. Unsere große Chance ist hier, über die aktive Integration und Kommunikation mithilfe der IT den Prozess zu verschlanken und damit noch effektiver und wertschöpfender zu machen. Wir sind heute schon sehr weit mit unseren Belieferungssystemen bei der Optimierung der Supply Chain. Uns fehlen aber immer noch die Live-Daten vom Kunden. Dazu ein Beispiel: Wenn die Konstruktion eine Schraube ändert, werden wir nicht darüber informiert. Wir bestellen weiterhin die alten Schrauben, die man vielleicht ab morgen gar nicht mehr braucht. Bei einer automatischen Kommunikation der Systeme erhielten wir zeitnah die Nachricht: Das Teil wird auf Auslauf gesetzt, weil es durch ein neues Teil ersetzt wird. Bestenfalls erhielten wir dann sogar die Anfrage für das neue Teil.
Jetzt bekommen wir vielleicht sogar die Anfrage für das neue Teil. Aber niemand weiß, dass diese Anfrage ein anderes Produkt ersetzen soll, weil es uns nicht kommuniziert wird.

Beschaffung aktuell: Eine Frage zum Thema C-Teile-Management: Welches System wird bisher am häufigsten angefragt?
Erb: Einige Kunden nutzen RFID, die meisten nutzen allerdings das Barcode-System in Verbindung mit Falcon.
RFID hat dann vor allem seine Vorteile, wenn ein Unternehmen wie beispielsweise der Sondermaschinen- oder Anlagenbau keine gleichmäßigen vergangenheitsbasierten Verbrauchsdaten, sondern sehr schwankende Bedarfe hat. Dann muss man mit einem System agieren, das deutlich schnellere und kürzere Reaktionszeiten möglich macht. Dann macht der Einsatz von RFID im C-Teile-Management Sinn.
In den meisten Fällen ist den Kunden in erster Linie nur die Versorgungssicherheit wichtig, egal mit welcher Technik. Es muss nur funktionieren.

Beschaffung aktuell: Aber ist es nicht so, dass gerade die neueste Technologie besonders wertgeschätzt wird und dass viele Kunden nach der modernsten Technik fragen?
Erb: Uns geht es um Prozessoptimierung. Unser Ziel ist es, den optimalen Prozess mit dem Kunden gemeinsam zu entwickeln. Wenn dann RFID als die beste Lösung herauskommt, können wir liefern. Wir haben das komplette System startbereit und bereits im Einsatz. Wenn RFID keinen Mehrwert bietet – warum soll es dann eingesetzt werden? Es ist grundsätzlich teurer.

Beschaffung aktuell: Wie viel teurer ist RFID?
Erb: Wenn Sie ein RFID-System für 500 Behälter aufbauen, ist der Invest bis 5000 Euro höher als bei einem Barcode-System. Auch die Etiketten sind teuer: RFID-Etiketten mit Transponder kosten zwischen 10 und 15 Cent, normale Barcode-Etiketten liegen bei ein bis zwei Cent pro Stück.
Aber verstehen Sie mich richtig: Es geht mir nicht ums Geld, sondern es geht mir um die Effektivität. Wenn es was bringt, ist es gut, aber wenn es nichts bringt, dann muss ich mich fragen: Warum soll ich Geld ausgeben, das ich gar nicht ausgeben muss? Und der Kunde sieht es dann ja am Ende des Tages auch so.

Beschaffung aktuell: Wie viele von Ihren Kunden nutzen denn die RFID-Systeme?
Erb: Zwischen 5 und 10 Prozent unserer Kunden haben im C-Teile-Management RFID im Einsatz.

Beschaffung aktuell: Wann kommt die Schraube 4.0, die aktiv kommunizieren kann?
Erb: Ich bin mir nicht sicher, ob die Schraube jemals kommt.
Es gibt dazu verschiedenen Ideen, die wir alle schon mal ausprobiert haben: Für einen Kunden beschriften wir Schrauben mittels Laser. Das ist jetzt zwar nicht digital, aber die Schraube kommuniziert, denn hier hat wirklich jede einzelne Schraube eine eigene Identität.
Bei Schrauben mit einem 3D-Barcode könnte man mehr Informationen unterbringen, aber elektronisch ist das dann immer noch nicht. Man müsste einen RFID-Chip einbauen, der würde aber das Schraubenherstellungsverfahren bei Temperaturen bis zu 860 °C nicht überleben und danach kriege ich ihn nicht mehr rein.
Aber, wenn ich ein integriertes System habe, dann ist nicht der Impuls für die Kommunikation das einzelne Schrauben-Bauteil, sondern wieder der Prozess, der einzelne Belieferungszustand. Dann hätte ich auch eine Kommunikation. Und darin sind wir Experten.

Beschaffung aktuell: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Erb.

Unsere Whitepaper-Empfehlung


Hier finden Sie mehr über:
Aktuelles Heft
Titelbild Beschaffung aktuell 3
Ausgabe
3.2024
PRINT
ABO

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de