Beschaffung aktuell: Wie steht es um die Wechselwilligkeit von Einkaufsexperten in Deutschland?
Christof Gastmeyer: In den letzten Monaten haben wir eine steigende Wechselmotivation im Einkauf beobachtet. Die Gründe dafür sind natürlich immer sehr individuell. Was aber auffällt ist, dass Einkäufer ihre Leistungssteigerungen, nun auch vom Arbeitgeber wertgeschätzt wissen wollen. Passiert das nicht, schaut man sich nach einem Unternehmen um, das einem diese Wertschätzung entgegenbringt.
Geht es dabei ausschließlich um die Festanstellung?
Gastmeyer: Hier haben sich noch keine klaren Bewegungen in die ein oder andere Richtung unterschiedlicher Beschäftigungsmodelle herauskristallisiert. Allerdings beobachte ich, dass gestandene strategische Einkäufer, die jahrelang bei einem Arbeitgeber waren, sich durchaus überlegen, als Alternative zur Festanstellung in die Selbständigkeit zu gehen, um mehr Abwechslung zu haben. Denn in Verhandlungen mit unterschiedlichen Lieferanten sind sie ja absolut sattelfest. Das gilt auch für Einkaufsprofis, die schon im Rentenalter sind. Sie möchten sich ihre Zeit frei einteilen können und dennoch ihr wertvolles Wissen weitergeben.
Bei welchen Berufsbildern und Industrien sehen Sie denn den größten Bedarf an qualifizierten Einkäufern?
Gastmeyer: Sowohl in Festanstellung als auch beim Einsatz hochqualifizierter Selbständiger besteht der größte Bedarf im strategischen sowie auch operativen Einkauf. Aber auch direkte und indirekte Einkäufer sind gefragt. Zusätzlich wird häufig nach Einkaufsberatern gesucht, die ihre Auftraggeber dann zu Green Procurement, Supplier Diversity, Digitalisierung und Prozessverbesserung coachen oder aktuell bei der Einführung des Lieferkettengesetzes unterstützen. Dabei sollten die Kandidaten über mindestens fünf Jahre Berufserfahrung in diesen Bereichen verfügen.
Welche Ziele verfolgt Hays mit dem Etablieren einer auf Procurement spezialisierten Einheit?
Gastmeyer: In den vergangenen Jahren haben wir bereits in unseren Kernfeldern gesehen, dass sich im Zuge der veränderten Anforderungen durch Demographie Digitalisierung auch die Qualifikationsprofile verändern. Aufgabenbereiche werden komplexer. Ein Personalverantwortlicher galt früher als Verwalter, heute ist er HR Business Partner und muss Problemlöser sein. Im Einkauf ist es ähnlich: Wenn ein Einkäufer früher als Fachkraft für Bestellwesen gesehen wurde, ist er heute ebenfalls Business Partner auf Augenhöhe mit der Geschäftsleitung. Er verantwortet Einsparungen, die sich unmittelbar auf die Kapitalrendite des Unternehmens auswirken. Sein Job wird immer herausfordernder. Eines unserer qualitativen Ziele ist sicherlich, diese veränderte Wertigkeit des Berufsbildes bei der Vermittlung zu transportieren.
Und warum benötigt ein Einkäufer überhaupt die Dienste einer Personalberatung? Viele verfügen über ein eigenes exzellentes Netzwerk.
Gastmeyer: Das ist eine gute Frage. Neben dem Argument der Markttransparenz über die Vielzahl von offenen Stellen, sowie der Vereinfachung des Bewerbungsprozesses möchte ich noch ein weiteres Argument anführen, das häufig übersehen wird. Personaldienstleister verfügen über Zugänge und Kontakte in Unternehmen und Industrien hinein. Personalberater sprechen täglich mit Fachbereichsentscheidern über Kompetenzen, die morgen benötigt werden. Soll heißen, sie kennen Vakanzen schon, bevor diese überhaupt ausgeschrieben werden. Das sollte sich ein wechselwilliger Einkäufer zunutze machen.