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Der beste Weg ist das Ziel

Projektlogistik für den Transport von Bauwerken und Anlagen
Der beste Weg ist das Ziel

Bauwerke und sogar ganze Industrieanlagen entstehen heute oft aus vorgefertigten Raumzellen in Modulbauweise – in kurzer Bauzeit, zum Fixpreis und zum festgelegten Termin. Für ein chinesisches Forschungslabor hat der Logistikspezialist Hermes Germany im Auftrag der M+W Central Europe 77  vorgefertigte Bau-Module aus dem schwäbischen Neresheim in die Region Shanghai transportiert.

Raumzellen sind quasi die moderne Art des Fertigbaus und nicht zuletzt aufgrund der Planungs- und Investitionssicherheit, einer vergleichsweise schnellen Umsetzung sowie Vorteilen für die Umwelt weltweit gefragt. Voraussetzung ist allerdings eine effektive Lieferkette, denn die Module besitzen eine beachtliche Größe und müssen zum Teil über Kontinente transportiert werden. Dabei kommen wahlweise Lkw, Bahn oder Schiff zum Einsatz.

Für das von der M+W beauftragte Unternehmen, die ADK Modulraum GmbH aus dem schwäbischen Neresheim, gehören globale Transportaufgaben zum Tagesgeschäft. ADK Modulraum fertigte unter anderem bereits Module für ein Dopinglabor in der russischen Olympiastadt Sotschi und die deutsche Botschaft in Kabul. Aktuell arbeiten die Neresheimer an einem Biotechnologie-Zentrum inklusive medizinischem Labor für China. Basis sind die von ADK Modulraum vorgefertigten Bauelemente. Böden, Fenster, Elektrik und technisches Equipment sind bereits installiert, wenn sie auf die Baustelle geliefert werden. Rund 90 % der Technologien, die in jedem einzelnen Modul stecken, werden dann vor Ort von M+W Ingenieuren eingebaut. Die Herausforderung beim Transport der fertigen Module besteht in deren Größe: Sie können bis zu 10 Meter lang und 4,5 Meter breit sein. Für den Transport haben sich die Projektpartner für die Hermes Germany entschieden.

Erste Etappe

An drei aufeinander folgenden Tagen brachte Hermes je acht Module mit 20 Meter langen Schwertransportern von Neresheim nach Mannheim. Aufgrund der Übergröße war dies nur nachts und mithilfe von Polizeieskorten möglich, um andere Verkehrsteilnehmer so wenig wie möglich zu stören. Auch galt es, mögliche Komplikationen auszuschließen: Passen die Transporter mit ihrer überdimensionalen Fracht unter allen Brücken und durch alle Tunnel hindurch? Welche Engpässe auf Autobahnen, Landstraßen oder in Ortsdurchfahrten könnten zum Problem werden? Die Experten überprüften im Vorfeld sämtliche Gegebenheiten entlang der Strecke, um die Transporte reibungslos und pünktlich abwickeln zu können. Doch selbst akribische Planung kommt ins Wanken, wenn die verkehrslenkenden Maßnahmen nicht wie geplant eingeleitet werden. Wegen einer außerplanmäßigen Reparatur eines Autobahntunnels mussten die Verantwortlichen von Hermes Germany kurzfristig reagieren: Sie ließen die Gegenspur der Autobahn sperren, sodass die Module den Tunnel auf der Gegenfahrbahn passieren konnten. Nachdem die erste Etappe gemeistert war, ging es vom Asphalt aufs Wasser: In Mannheim wurden die Module auf ein gechartertes Binnenschiff Richtung Antwerpen geladen.

Überfahrt nach Shanghai

Die Planung gab den Logistikexperten nach der Ankunft in Antwerpen 72 Stunden, um die Module auf die große Überfahrt vorzubereiten. Zum Schutz vor Seewetter und Klimazonen wurden sie sicher verpackt und dann auf die dafür vorgesehenen Reederei-Plattformen, sogenannte Flatracks für übergroße Waren, geladen. Auch der Seeweg stellte besondere Anforderungen an die Logistikpartner: Die Module mussten fest auf den Flatracks verankert werden, damit sie während der langen Überfahrt sicher und stabil stehen. Darüber hinaus kam für die empfindliche Fracht nur der Transport unter Deck in Frage, um die Innenräume des Forschungslabors bestmöglich zu schützen. Aufgrund der Größe der Ladung – ein Modul auf einem Flatrack nimmt den Platz für zehn Container ein – und der stark variierenden Lastverteilung während der Überfahrt musste zudem eine genaue Kennzeichnung der Module erfolgen. So ließ sich auch die Qualitätskontrolle effizient transparent gestalten. Nach jedem Transport-abschnitt untersuchte Hermes Germany die Fracht auf mögliche Schäden und behob
diese bei Bedarf zusammen mit lokalen Handwerkspartnern. Von Hermes Germany war jeweils ein externer, unabhängiger Gutachter vor Ort, der sowohl die Be- und Entladungen der Module überwachte als auch Qualität und Beschaffenheit analysierte. Der Gutachter dokumentierte permanent jede Bewegung der Module und verfügte über alle sicherheitsrelevanten Ausweise, um sich auf dem Terminalgelände der Reedereien frei
bewegen zu können. Die Zusammenarbeit mit zuverlässigen Partnern vor Ort stellte ein wesentliches Erfolgskriterium dar.

Dummies für maximale Sicherheit

Während die Module Kurs auf den Hafen von Shanghai ansteuerten, liefen die Vorbereitungen für den Nachlauf – die letzte Meile bis zur Baustelle – auf Hochtouren. Um die Module sicher an ihren Zielort zu bringen, entschieden sich die Verantwortlichen für den Einsatz eines Dummies. Das größte Modul wurde nachgebaut, auf einen Flatrack geladen und die vorab gewählte Strecke abgefahren. So konnten kritische Streckenabschnitte sicher identifiziert und eventuell auftretende Probleme frühzeitig gelöst werden. Dies ist auch wichtig in Bezug auf das Ankunftsland China. Thomas Tesfaldet, Projektleiter der Hermes Germany SCS meint dazu: „Dort ticken die Uhren etwas anders und auch die Mentalität ist eine andere: An den Mautstationen hatten wir rechts und links teilweise nur zwei Zentimeter Luft. Für die optimale Zeitplanung waren das wichtige Informationen.“ Per Eskorte erreichten die Module schließlich ihr Endziel: die Baustelle des Forschungszentrums in der rund 200 Kilometer südwestlich von Shanghai gelegenen Stadt Hangzhou. Etwas mehr als sechs Monate hat der gesamte Lieferprozess gedauert. Der Bau des Biotechnologie-Zentrums konnte termingerecht abgeschlossen werden. Die Vorbereitungen von der Ausschreibung durch die M+W Group bis zur Anlieferung der Module am Bestimmungsort nahmen insgesamt ein ganzes Jahr in Anspruch.

Von der Projektplanung über Verlade- und Kranarbeiten bis hin zur Transportabwicklung rund um den Globus inklusive aller Zollformalitäten – zum Ziel kommt nur, wer die klassischen Aufgaben der Projektlogistik souverän beherrscht. Minutiöse Planung und ein erfahrenes Team sind die wichtigsten Voraussetzungen. (mg)

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