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Die Umsetzung ist nicht immer einfach – aber nötig

Ein Jahr Lieferkettengesetz: Mehraufwand und Startschwierigkeiten
Die Umsetzung ist nicht immer einfach – aber nötig

Die Umsetzung ist nicht immer einfach – aber nötig
Das LkSG sieht Strafen vor, die von Geldbußen bis zum Ausschluss bei der Vergabe öffentlicher Aufträge reichen. Bild: sh99/stock.adobe.com
Das Anfang 2023 in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist häufiger Gegenstand von Debatten. Befürworter sehen es als Schritt hin zu fairen Lieferketten. Kritiker beklagen den Aufwand für Unternehmen. Nach fast einem Jahr gibt es erste Erfahrungen, woran die Umsetzung häufig hapert.

Der Geltungsbereich des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) betrifft eine nicht unerhebliche Anzahl deutscher Unternehmen. Seit Beginn 2023 gilt es ab einer Größe von 3000 Mitarbeitern. Dies sind circa 900 Unternehmen in Deutschland. Seit Januar 2024 gilt das Gesetz in der zweiten Phase bereits ab 1000 Mitarbeitern, wodurch die Zahl der betroffenen Unternehmen auf rund 4800 anwächst.

Das LkSG verpflichtet Betriebe, den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt entlang ihrer Lieferketten zu gewährleisten. Unternehmen stehen dadurch vor der Herausforderung, Sorgfaltspflichten im Bereich Compliance zu erfüllen, bei denen sie in den meisten Fällen unzureichende oder keine vorherige Erfahrung besitzen. In der Vergangenheit war der Druck, Lieferketten nachhaltig zu gestalten, meist deutlich schwächer. Für viele Unternehmen bestand daher schlichtweg keine Notwendigkeit, Kapazitäten für ein gründliches und kontinuierliches Monitoring von Umweltschutz und Einhalten der Menschenrechte innerhalb der eigenen Lieferketten zu schaffen. Nun müssen sie in kurzer Zeit lernen, wie sie ihre Lieferketten nachhaltig gestalten.

Häufig sind Lieferanten in der stärkeren Position

Eines der großen Probleme, die Hersteller beim Nachkommen ihrer Sorgfältigkeitspflichten haben, ist die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen in der vom LkSG vorgesehenen Art und Weise. Dem Gesetz nach sollen sie sich vertraglich von einem unmittelbaren Zulieferer zusichern lassen, dass dieser von der LkSG verlangten menschenrechts- und umweltbezogene Vorgaben einhält. Zu diesen zählen beispielsweise das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeiten sowie ausreichende Einhaltung von Arbeitsschutz. Es fällt den Betrieben oft schwer, solche Vereinbarungen mit Zulieferern kurzfristig zu schließen, da dies bedeutet, bestehende vertragliche Vereinbarungen zu ändern.

Hier sind Lieferanten in einer deutlich stärkeren Position. Wollen sie solche Vertragsänderungen nicht akzeptieren – etwa weil sie den Mehraufwand scheuen – können sie aus den bestehenden Verträgen aussteigen. Je nach Branche und Nachfrage der Güter sind alternative Kunden, die nicht dem LkSG oder ähnlichen Gesetzen unterliegen, schnell gefunden.

Die Umsetzung des LkSG erweist sich für betroffene Unternehmen als einfacher, wenn sie neue vertragliche Vereinbarungen mit neuen Lieferanten verhandeln. In diesen Fällen befinden sie sich in einer stärkeren und flexibleren Position und stehen nicht vor dem Problem, bestehende Verträge neu zu verhandeln.

An robusten Risikoprogrammen führt kein Weg vorbei

Doch auch im Fall von neuen Zulieferern mit entsprechenden Vertragsklauseln gilt es, die Augen offen zu halten. Unternehmen berichten von Fällen schwarzer Schafe, die zwar im Bewerbungsprozess eine LkSG-konforme Produktion zugesichert haben, sich nach Abschluss des Vertrags aber keineswegs an alle vereinbarten Klauseln halten. Und auch ohne böse Absicht ist es keine Seltenheit, dass Zulieferer mit den ihnen übertragenen Sorgfaltspflichten schlicht überfordert oder nicht ausreichend im Bilde sind und sie deshalb nicht erfüllen.

Angesichts dessen bleibt Herstellern keine Alternative dazu, ein robustes Risikoanalyse- und Risikomanagement-Programm zu etablieren, wie es §4 und §5 des LksG vorsehen. Sie sollten Maßnahmen ergreifen, mit denen sie menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken bei ihren Lieferanten identifizieren können. Für den Fall, dass sie dadurch Risiken entdecken oder dass es bereits zu Verstößen gekommen ist, sind sie nach §7 verpflichtet, Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Risiken und Verstöße lediglich zu ermitteln, bleibt ohne Effekt, wenn darauf keine konkreten Maßnahmen folgen, etwa eine Verpflichtung des Zulieferers zur zeitnahen Beseitigung oder gar das Ende der Zusammenarbeit. Dies fördert nachhaltigere und fairere Lieferketten, fügt aber ohne Zweifel der Zusammenarbeit von Produzenten und Lieferanten eine weitere Ebene hinzu, die es zu schultern gilt.

Transparenz herzustellen fällt den meisten schwer

Das Lieferkettengesetz sieht vor, dass Betriebe eine Person ernennen, die für die Überwachung des Risikomanagements verantwortlich ist. In der Praxis erweist sich bislang, dass Einzelpersonen keineswegs ausreichen und meist überfordert sind. Um herauszufinden, ob ein Unternehmen alle Anforderungen erfüllt, die mit dem LkSG verbunden sind, müssen diese Risikomanagement-Beauftragten große Daten aus ihren Lieferketten erheben, screenen und auswerten. Abgesehen von der enormen Menge sind vollständige Daten in den meisten Fällen schlichtweg schwierig zu erhalten, angesichts komplex gebauter Supply Chains und mehrerer Lieferantenebenen. Die Gefahr, dass Risiken und Verstöße gegen das Lieferkettengesetz unerkannt bleiben, ist hoch.

Da das LkSG es Herstellern untersagt, die Kontrolle vollständig auf vorgeschaltete Partner innerhalb der Lieferkette abzuwälzen, ist es keine Option, sich voll und ganz auf Angaben und Zusicherungen von Lieferanten zu verlassen. Oft haben Lieferanten aus Drittländern dabei zudem schlicht weder Eigeninteresse noch (gesetzliche) Motivation, Missstände in ihren Produktionsprozessen offenzulegen oder sie sind nicht imstande dazu.

Eine weitere Unsicherheit im Umgang mit dem LkSG zeigt sich dabei, dass Unternehmen sogar wenn sie ausreichend Daten gesammelt haben, befürchten, trotz ihrer guten Absicht Risiken und Missstände übersehen zu haben. Das ist in der Regel darauf zurückzuführen, dass sie aufgrund ihrer fehlenden Erfahrung mit ESG-Standards nicht über ausgebildete Fachkräfte verfügen, die zur Analyse enormer Mengen an Daten fähig wären. Zudem sind solche Fachleute rar. Viele Unternehmen können die Stellen zur Analyse und Auswertung ihrer Lieferketten-Daten nicht besetzen, egal wie sehr sie sich bemühen, geeignete Kompetenz zu finden.

Bei Verstößen drohen heftige Strafen

Angesichts der möglichen Strafen ist es Herstellern dennoch wichtig, sich gegen Verstöße abzusichern. Das LkSG sieht Strafen vor, die von Geldbußen bis zum Ausschluss bei der Vergabe öffentlicher Aufträge reichen. Bei Unternehmen mit einem Umsatz von 400.000.000 € sind Zwangsgelder bis 800.000 € oder zwei Prozent des durchschnittlichen weltweiten Gesamtumsatzes möglich. Kurz: Bereits einmalige Verstöße gegen das LkSG können Unternehmen teuer zu stehen kommen.

Abhilfe leisten können angesichts dieser komplexen Gesamtgemengelage externe Services. Ganzheitliche Compliance-Dienstleister wie Assent stellen neben einer hochspezialisierten Plattform auch dedizierte Fachexperten als Ansprechpartner zur Verfügung, die Unternehmen dabei helfen, Transparenz über ihre Lieferketten zu gewinnen und sie anschließend nachhaltig zu gestalten. Ein mehrstufiges Programm bereitet einen strukturierten Weg zu transparenten Lieferketten, die neben dem LkSG zahlreichen weiteren Compliance-Anforderungen aus verschiedenen internationalen Gesetzen genügen. Gerade bei selbstentwickelten Programmen zeigen sich vielerorts aktuell Startschwierigkeiten. Um sich in den nächsten Jahren vor einem möglichen Ausschluss aus bestimmten Zielmärkten zu schützen, führt jedoch kein Weg daran vorbei, diese anzupacken. Das LkSG ist nicht die Endstufe, es ist ein Startpunkt.

www.assent.com


Die Autorin: 

Sue Fortunato-Esbach

Regulatory & Sustainability Expert (Product Sustainability) bei Assent

Bild: Assent

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