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LkSG-Studie zeigt positive und negative Seiten auf

LkSG-Studie und Handlungsempfehlungen für die Praxis
LkSG: Unternehmen beklagen Kraftakt, sehen aber auch Wettbewerbsvorteile

LkSG: Unternehmen beklagen Kraftakt, sehen aber auch Wettbewerbsvorteile
Die Kritik der betroffenen Unternehmen an dem deutschen Lieferkettengesetz ist nicht zu überhören. Bürokratie und unklare Vorgaben des Lieferkettengesetzes sind große Herausforderungen. Bild: Luis Louro/stock.adobe.com
Deutschland ist mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) Vorreiter in Europa. 700 Unternehmen sind hierzulande seit Jahresbeginn verpflichtet, menschenrechtliche und umweltrechtliche Risiken in ihrer Lieferkette zu adressieren, mehr als 2000 weitere Unternehmen müssen diesen Kraftakt ab dem 1. Januar 2024 bewältigen. Die Hochschule für angewandte Wissenschaft Ansbach und die EQS Group sind in einer Studie der Frage nachgegangen, wie der Status Quo der Umsetzung ist. Über 500 Unternehmen aller Größenordnungen, die ihren Sitz oder eine Zweigniederlassung in Deutschland haben, beteiligten sich an der bisher größten Umfrage zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

Die Kritik der betroffenen Unternehmen an dem deutschen Lieferkettengesetz ist nicht zu überhören:

  • Drei Viertel der 500 befragten Unternehmen fehlen die personellen und finanziellen Ressourcen für die Umsetzung und Digitalisierung der Sorgfaltspflichten
  • Bürokratie und unklare Vorgaben des Lieferkettengesetzes sind große Herausforderungen
  • 82,9 % der Unternehmen sehen im eigenen Geschäftsbereich nur ein geringes Risiko
  • Prognose: Deutsche Unternehmen werden langfristig von ihrer Vorreiterrolle profitieren

Viele sehen in den strengen gesetzlichen Verpflichtungen in Deutschland einen Wettbewerbsnachteil gegenüber der europäischen Konkurrenz. Die größten Herausforderungen, denen sich die Befragten ausgesetzt sehen, sind laut der Studie

  • die geringen finanziellen und personellen Ressourcen (72,8 %),
  • der große Bürokratieaufwand (33,2 %),
  • unklare Vorgaben und Rechtsbegriffe (36 %) sowie nicht zuletzt
  • der fehlende Einblick in die eigene Lieferkette (33,4 %) und
  • das fehlende Verständnis für die Anforderungen bei den Zulieferern (38 %).

„Akzeptanz für Sorgfaltspflichten wird steigen“

„Die Sorgen der Befragten sind vielfach berechtigt und zumindest kurzfristig nachvollziehbar. Denn die Umsetzung des Gesetzes ist eine sehr komplexe Aufgabe, die Zeit und Know-how verlangt“, erklärt Professorin Dr. Stefanie Fehr von der Hochschule Ansbach hinsichtlich der geforderten Sorgfaltspflichten wie Risikoanalyse, Planung und Etablierung von Präventions- und Wiedergutmachungsmaßnahmen sowie der lückenlosen und transparenten Dokumentation und Berichterstattung.

Die Compliance-Expertin, die das Studienprojekt leitete, sieht allerdings auch positive Aspekte: „Spätestens, wenn die noch strengere EU-Lieferkettenrichtlinie, die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) kommt, wird die Akzeptanz für diese Maßnahmen steigen, denn dann sind die deutschen Unternehmen dank des Vorläufers LkSG bereits gut aufgestellt und der aktuelle Wettbewerbsnachteil dürfte zu einem Vorteil werden.“

Transparenz ist die Basis für Resilienz

Das sieht auch Marcus Sultzer, Mitglied des Vorstands der EQS Group, so und nennt einen weiteren Aspekt: „Das LkSG fördert die Transparenz in der Wertschöpfungskette und schärft damit das Bewusstsein für soziale, ökologische, aber auch kommerzielle Risiken. Die letzten Jahre mit Corona, Kriegen und Naturkatastrophen haben deutlich gemacht, wie fragil die Lieferketten sind – das frühe Erkennen von Gefahren ermöglicht hier alternative Planungen und präventive Maßnahmen.“ Aus diesem Grund empfiehlt er auch den Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeitenden, die nicht unter das Gesetz fallen, sich mit den Anforderungen zu beschäftigen, da sie diese durch Verpflichtungen in der Lieferkette („Trickle down“-Effekt) auch weitergereicht bekommen können.

Alle Ergebnisse der Feldstudie können Sie hier kostenlos herunterladen:

LSG-Studie der HS Ansbach und EQS

Handlungsempfehlungen für die Praxis aus dem Paper der Studie

1. Die Oberhand über die Stammdaten bekommen

Viele Unternehmen müssen zahlreiche Quellen zusammenführen und vereinheitlichen. Externe Dienstleister können bei der Bereinigung und Anreicherung von Daten als Basis für die Risikoanalyse helfen. Für die Zukunft ist es empfehlenswert, das Stammdatenmanagement zu digitalisieren.

2. Klar priorisiert und nachvollziehbar vorgehen

Das Gesetz verlangt angemessenes, kontinuierlich progressives Handeln. Priorisieren Sie und beginnen Sie mit der initialen, abstrakten Risikoanalyse, bevor es an die konkrete Analyse geht. Dabei können Sie sich zuerst auf eine überschaubare Anzahl von Hochrisikothemen und Lieferanten(gruppen) konzentrieren. Der deutsche Gesetzgeber erwartet nicht, dass Sie jeden Lieferanten auf Herz und Nieren prüfen oder jeden Lieferanten beeinflussen können. Wichtig ist, dass die Analysen, welche der Priorisierung zugrunde liegen, fundiert und gut nachzuvollziehen sind.

3. Nach der Analyse kommt das Maßnahmenmanagement

Ohne Maßnahmen, keine Wirkung und keinen Wertbeitrag. Maßnahmen sind für Gesetzeskonformität entscheidend und sie sind letztendlich auch das, wo der wirkliche Wert des LkSG für Unternehmen liegt. Wie oben dargestellt können die Maßnahmen neben der Reduktion von Sozial- und Umweltrisiken auch wichtige Beiträge zur Reduktion andere geschäftlicher Risiken leisten und auch zur Differenzierung vom Wettbewerb beitragen. Maßnahmen müssen differenziert und risikogerecht durchgeführt werden und können sehr vielfältig sein. Oftmals müssen diese unter Mitwirkung vieler verschiedener Stakeholder im Unternehmen umgesetzt werden, wie z. B. Einkauf, Vertrieb, Compliance, Geschäftsführung, Human Resources, Operations und weiterer Abteilungen. Gleichzeitig müssen sie fortlaufend dokumentiert und später gut nachvollziehbar sein. Insbesondere bei der Organisation, Koordination sowie der fortlaufenden Dokumentation empfiehlt es sich, digitale Lösungen zur Unterstützung einzubinden.

4. Digitale Unterstützung nutzen

Analyse, Priorisierung, Maßnahmenmanagement, crossfunktionale Koordination, Dokumentation und Berichterstattung – das sind alles Themen, bei denen eine digitale Lösung sehr vieles einfacher machen kann. Letztlich sind Organisationsstrukturen in vielen Unternehmen gegeben und wenig dynamisch – es bleibt als Vorbereitung die fachliche Befähigung zu steigern und die Digitalisierung von Abläufen durch pragmatische Lösungen voranzutreiben. Dazu gehört neben einem digitalen Hinweisgebersystem, mit dem die Anforderungen des Beschwerdeverfahrens erfüllt werden, auch Tools für die Risikoanalyse und Geschäftspartnerprüfung samt Auswertung. Diese Workflows lassen sich ebenso effizient abbilden wie die Zuweisung der Zuständigkeiten oder das Dokumentations- und Löschkonzept, bei dem die speziellen Aufbewahrungspflichten des LkSG beachtet werden müssen. Aber auch die Präventionsmaßnahmen lassen sich digital managen. Hier ist es empfehlenswert, sich bereits frühzeitig mit der Auswahl der Tools zu beschäftigen, um deren Besonderheiten bereits bei der Konzeptionierung der Compliance-Prozesse berücksichtigen zu können.

5. Vorhandene Ressourcen einsetzen

Es ist durchaus sinnvoll mit einem agilen Ansatz erst einmal auf die bereits bestehenden Ressourcen zurückzugreifen und sukzessiv in die existenten Strukturen und Prozesse einzubinden. Wie bei anderen Gesetzen erfordert auch das LkSG klare Verantwortlichkeiten und diese oftmals neu geschaffene Funktion findet sich in einer interdisziplinären, koordinierenden Rolle wieder. Verantwortliche werden in der Kommunikation mit internen und externen Stakeholdern gefordert. Gleichzeitig benötigt es eine umfassende Kenntnis der internen Abläufe, um die Sorgfaltspflichten in allen Facetten operativ umzusetzen.

Quelle: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – Unsere Handlungsempfehlungen für die Praxis, EQS Group AG

Prof. Dr. Stefanie Fehr, Professorin für Compliance und Datenschutz, HS Ansbach

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