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Cobots: Die Chancen kollaborativer Robotik für KMUs

Automatisierung für alle Unternehmensgrößen
Kollaborative Roboter im Einsatz

Der Fachkräftemangel hat einen neuen Höchststand erreicht: Im Juli beklagte rund die Hälfte der Unternehmen laut Studie des Ifo-Instituts Personalengpässe. Um langfristig produktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen neue Wege eingeschlagen werden. Hier kann kollaborative Robotik einen Beitrag leisten.

Andrea Alboni, General Manager Western Europe, Universal Robots (Germany)

Vom Schweißen über das Materialhandling und die Maschinenbeschickung bis hin zum Verpacken und Palettieren können kollaborative Roboter zahlreiche Tätigkeiten automatisieren. Dabei sind sie flexibel, platzsparend und in der Regel intuitiv zu bedienen. Unternehmen können so fehlendes Personal ausgleichen und die Stammbelegschaft von monotonen und ergonomisch ungünstigen Aufgaben befreien.

Cobots unterscheiden sich in vielen Punkten stark von klassischen Industrierobotern. Während letztere in aller Regel hoch spezialisiert sind und die menschliche Arbeitskraft ersetzen, sind Cobots flexibel einsetzbar und sollen den Menschen in seiner Tätigkeit unterstützen. Industrieroboter bewältigen meist Aufgaben, die für einen Menschen rein physisch unmöglich sind. Kollaborative Roboter übernehmen dagegen Tätigkeiten mit geringerer Traglast, die generell auch ein Mensch umsetzen könnte. Oft sind es jedoch Aufgaben, die monoton, unergonomisch oder gefährlich sind, sodass sich dafür nur schwer Mitarbeiter finden lassen. Da typische Industrieroboter meist mit Schwerstlasten hantieren und sich in hohen Geschwindigkeiten bewegen, erfordern sie einen Schutzzaun, um Menschen nicht zu gefährden. Cobots handhaben Lasten bis zu einem Gewicht von 20 kg, sind kleiner und damit platzsparender. Je nach Anwendung können sie deshalb in unmittelbarer Nähe des Menschen zum Einsatz kommen oder mit ihm zusammenarbeiten.

Die Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) ist möglich, wenn dadurch keine Gefahr für den Menschen entsteht. Aus diesem Grund verfügen Cobots über Sicherheitsfunktionen, mit denen sie Hindernisse zuverlässig erkennen können und daraufhin die Bewegung abbremsen oder stoppen. Ein weiterer wesentlicher Unterschied der beiden Roboterarten liegt im Programmieraufwand und der Bedienung: Industrieroboter bieten in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich eine hohe Funktionalität, ihre Programmierung ist jedoch sehr komplex. Cobots sollen sich dagegen intuitiv bedienen lassen, sodass sich Nutzer die erforderlichen Kenntnisse ohne tiefergehendes Vorwissen aneignen können.

Bausteine für den Erfolg

Sobald sich ein Unternehmen für Automatisierung mittels kollaborativer Robotik entschieden hat, liegt der nächste Schritt in der sorgfältigen Planung der Roboterintegration. Je genauer der zu automatisierende Arbeitsprozess definiert ist, desto schneller ist der Cobot einsatzbereit. Folgende vier Faktoren sind für den erfolgreichen Praxiseinsatz entscheidend.

  • Der Cobot: Die Basis für die Automatisierung unterschiedlicher Aufgaben ist der Cobot. Bei der Wahl des passenden Modells sind der Arbeitsbereich und das Materialgewicht des zu handhabenden Materials zu berücksichtigen. 
  • Die Greiftechnik: Einerseits muss der Greifer in Kombination mit dem Roboter die erforderliche Traglast gewährleisten. Andererseits muss er das gewünschte Teil verarbeiten können. Zu bedenken ist außerdem die Antriebsart des Greifers: Verfügt eine Anlage bereits über Druckluft, ist möglicherweise ein pneumatisches Modell sinnvoll. Darüber hinaus benötigen einige Greifer eine externe Stromversorgung. 
  • Das Sicherheitssystem: Wo Mensch und Roboter zusammenarbeiten, ist dem Thema Sicherheit besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Cobots bewegen teilweise schwere Lasten in einem möglichst effektiven Tempo auf Augenhöhe. Potenzielle Risiken müssen unter Einhaltung geltender Vorschriften beurteilt und reduziert werden. 
  • Die Mitarbeiter: Erfolgsentscheidend ist es außerdem, die Belegschaft von Beginn an in das Vorhaben miteinzubinden. Um Vorurteilen zu begegnen, braucht es Kommunikation, Vertrauen und Nahbarkeit. Vor allem, wenn die Wahl auf einen kollaborierenden Roboter gefallen ist, sollten die Mitarbeiter keine Zuschauer am Rande, sondern vielmehr Teil des Projekts sein.

Cobots in der Praxis

Wie Unternehmen aller Größenordnungen von kollaborierender Robotik profitieren, zeigen die folgenden Beispiele.

Die BMW Group hat bereits in verschiedene Automatisierungslösungen investiert. Eine der jüngsten Innovationen im Bereich der Logistik ist der Sortbot, ein eigens entwickeltes Robotersystem für das Sortieren unterschiedlicher Behältertypen. Dieser Prozess galt aufgrund der Auge-Hand-Koordination lange Zeit als hochgradig manuell und nicht automatisierbar. Die konkrete Herausforderung bestand darin, die verschiedenen Behälterarten, die möglicherweise verschmutzt oder beschädigt sind und in variablen Positionen auf dem Förderband liegen, zu erkennen und zu unterscheiden. Mittels eines UR10-Cobots von Universal Robots (UR) gelang es, diesen Prozess zu automatisieren. Ausgestattet mit einem Sicherheitssystem, einer 3D-Kamera und einem Vakuum-Sauggreifer übernimmt der Roboter das logische Sortieren der Behälter. Auf diese Weise konnte der Automobilkonzern seine Mitarbeiter von der monotonen Tätigkeit entlasten.

Während Robotik in vielen großen Industrieunternehmen bereits fester Bestandteil ist, gelten Automatisierungslösungen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen häufig noch immer für zu teuer und komplex. Der bayerische Zehn-Mann-Betrieb Thiele wagte den Schritt in die Automatisierung und setzte einen Cobot von UR ein. Dieser hebt Lasten von bis zu 18 kg und nimmt den Mitarbeitern die ergonomisch ungünstige Beschickung der CNC-Maschine ab. Über eine grafische Benutzeroberfläche lässt sich der Cobot von allen Mitarbeitern bedienen. Und während die Kollegen schlafen, legt der Leichtbauroboter eine Nachtschicht ein, wodurch der Mittelständler seine Produktivität steigern konnte. Die Lösung wurde in vier Wochen entwickelt sowie integriert und hatte sich nach zehn Monaten amortisiert.

Die kollaborative Robotik wird konventionelle Industrieroboter nicht verdrängen. Vielmehr lassen sich neue Anwendungsbereiche und Märkte erschließen. Cobots begleiten den Wandel von der Massenfertigung hin zur individualisierten Fertigung immer kleinerer Losgrößen. Darüber hinaus sind sie im Vergleich zu Industrierobotern deutlich erschwinglicher und ermöglichen es auch KMU, in die Automatisierung einzusteigen.

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