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Der Rohstoff des Monats: Magnesium Der Rohstoff des Monats: Magnesium

Der Rohstoff des Monats: Magnesium
China Weltmarktführer bei Magnesium

Ungefähr 20 Gramm Magnesiumoxid befinden sich in Ihrem Körper. Dort unterstützt es die Steuerung von Nerven- und Muskelzellen wie auch den Aufbau von Knochen und Zähnen. Als elementares Metall wird es heute für viele industrielle Prozesse gebraucht – zum Beispiel in Gießereien für die Produktion von Leichtbauelementen.

Der industrielle Einsatz von elementarem Magnesium begann schon vor dem Ersten Weltkrieg: Die legendären Zeppelinluftschiffe bauten auf Strukturen aus Magnesiummetall. Später entdeckte auch die Automobilindustrie das Element: Im Getriebe eines VW-Käfers steckten rund 25 kg des Leichtmetalls. Der Grund: Magnesium-legierungen sind mit einer Dichte von rund 1,75 g/cm³ rund ein Drittel leichter als Aluminiumlegierungen (2,75 g/cm³), im Vergleich zu Stahl lassen sich sogar ganze 70 Prozent Gewichtsanteile einsparen. Dazu kommt ein niedriger Schmelzbereich zwischen 430 und 650 °C, welcher Produktionsenergie spart.

Elektrolyse oder Pidgeon

Für die Gewinnung von reinem Magnesium gibt es zwei Prozessalternativen: erstens die Elektrolyse von geschmolzenem Magnesiumchlorid. Metallisches Magnesium sammelt sich auf der Oberfläche der Schmelze an und kann von dort abgeschöpft werden. Oder zweitens durch thermische Reduktion von Magnesiumoxid, dem sogenannten Pidgeon-Prozess. Dabei werden gebrannter Dolomit sowie ein Reduktionsmittel auf exakt 1160 °C erhitzt. Das dampfförmige Magnesium kondensiert an einem wassergekühlten Stutzen außerhalb des Ofens. „Pidgeon“ ist heute weltweit der am meisten eingesetzte Herstellungsprozess. Das Verfahren hat aber den Nachteil, besonders energieintensiv und deshalb umweltschädlich zu sein.

Reines Magnesium ist weich, dehnbar und lässt sich spanend bearbeiten. Legierungen sind gleichzeitig besonders leicht, zäh und schweißbar. Magnesiumteile kommen deshalb überall dort zum Einsatz, wo ohne Abstriche an der Stabilität Gewicht eingespart werden muss; zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau und bei der Herstellung von Gehäusen für elektronische Geräte wie Handys, Tablets oder Laptops.

Bei der Produktion von Legierungen gelten strenge Schutzvorkehrungen, da flüssiges Magnesium beim Kontakt mit Sauerstoff heftig reagiert. Deshalb muss immer ein Schutzgasschleier über der Schmelze liegen oder diese kontinuierlich mit Schwefelpulver bestreut werden. Bei 650 °C verbrennt das Metall mit einer blendend hellen, weißen Stichflamme. Das machten sich schon die allerersten Fotografen zunutze – und Generationen von Chemielehrern, die mit wenig Aufwand ihre Schüler erhellten.

Außer im Leichtbau wird Magnesium auch in der Eisen- und Stahlproduktion eingesetzt und dient dort als Desoxidations- und Entschwefelungsmittel. Darüber hinaus benötigt die Zement-, Glas- und Stahlindustrie das Element für spezifische Brenn- und Schmelzprozesse. Und nicht zuletzt erlaubt Mg-Druckguss ebenso großflächige wie dünnwandige Bauteile, die endabmessungsnah und ohne kostenintensive Nachbearbeitung weiterverwendet werden können; zum Beispiel für Profile, Gehäuse oder auch Felgen.

Magnesium: überall und doch selten

Magnesium ist das achthäufigste Element in der Erdkruste. Allerdings kommt es wegen seiner Reaktionsfreudigkeit in der Natur nicht in rein elementarer Form vor. Dolomit, ein Kalzium-Magnesiumkarbonat, ist Teil ganzer karbonatischer Gebirgszüge; Meerwasser beinhaltet 0,13 Prozent Magnesium. Und doch stuft die Europäische Union die Versorgungssicherheit als „kritisch“ ein. Das liegt an der derzeitigen chinesischen Marktdominanz. Noch in den 1990er-Jahren produzierten die westlichen Industrienationen (bspw. die USA, Kanada und Norwegen) einen großen Teil des globalen Angebotes. Dabei wurde zumeist das Elektrolyseverfahren eingesetzt. Die Branche konnte sich aber nicht dauerhaft gegen die chinesischen Wett-bewerber behaupten, die auf Basis des vergleichsweise preiswerteren Pidgeon-Verfahrens produzierten.

Die Zukunft ist leicht

Außerhalb von China wird Magnesiummetall auch noch in den USA, Russland, Israel, Brasilien, Kasachstan sowie in der Ukraine und in der Türkei produziert. China und Israel sind dabei die einzigen Länder, die netto Magnesium der höchsten Reinheitsstufe (99,9 % Mg) exportieren. Die asiatische Marktdominanz ist insofern bedeutsam, weil die chinesische Strategie hin zu einer nachhaltigeren und hochwertigeren Industrie langfristig zu Marktanpassungen und damit zu fallenden Exportmengen führen kann. Dazu kommt, dass auch die Automobilindustrie zunehmend Magnesium verbaut – als Leichtbau-teile für verbrauchsoptimierte Fahrzeuge.

Eine Studie der Deutsche Rohstoffagentur DERA in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) vom Dezember 2019 gibt sich trotzdem verhalten optimistisch: „Bei einer Nachfragesteigerung von jährlich fünf bis sieben Prozent sollte die Magnesiumversorgung bei Umsetzung einiger neuer Projekte und unter Beibehaltung der bestehenden aktiven Kapazitäten bis über das Jahr 2025 hinaus gewährleistet sein.“


Nachgefragt

„Der globale Markt für Magnesiummetalle bleibt auch zukünftig hoch konzentriert.“

Dr. Schmitz, wird China auch zukünftig den Markt für Magnesiummetall dominieren?

Schmitz: Aufgrund einiger großer Projekte in China deutet vieles darauf hin, dass das Land auch mittel- bis langfristig der mit Abstand bedeutendste Produzent von Magnesiummetall bleiben wird, obwohl es Projekte auch außerhalb Chinas gibt, z. B. in Kanada und Australien.

Wie haben sich die Bedingungen in der chinesischen Magnesiummetallproduktion in den letzten Jahren verändert?

Schmitz: China setzt in seinen Regionen inzwischen mehr Umweltschutzauflagen durch. Die höheren Standards werden verstärkt kontrolliert und etwaige Verstöße geahndet. Es gab inzwischen Schließungen und Produktionsstopps, manche Produzenten mussten ihre Anlagen nachrüsten. Wir beobachten auch einen Trend weg von veralteten, kleineren Anlagen hin zu moderneren, größeren Strukturen, die höhere Umwelt- und Sozial-standards erfüllen.

Welche Auswirkungen hat das Coronavirus auf den Markt für Magnesiummetall?

Schmitz: Das Virus hatte vorübergehend einen großen Teil der Produktion in China lahm-gelegt. Die bedeutendste Provinz für die Magnesiummetallproduktion, Shaanxi, ist eine Nachbarprovinz von Hubei, wo das Virus zum ersten Mal auftrat. Inzwischen produziert nach unseren Informationen ein großer Teil der Anlagen wieder. China befürchtet jetzt jedoch einen längeren Einbruch der Absatzmärkte in Europa und in anderen Teilen der Welt.

Wo wird der Preis für Magnesiummetall Ende des Jahres stehen?

Schmitz: Wo der Preis Ende des Jahres steht, wäre selbst ohne die Pandemie schwer vorherzusagen. Bislang gab es einen Anstieg des europäischen Preises für Magnesiummetall der höchsten Qualität – 99,9 Prozent Mg – von Anfang des Jahres bis Mitte Februar von ca. 2150 auf bis zu 2500 US-Dollar pro Tonne. Seitdem ist jedoch aufgrund der geringeren Nachfrage ein deutlicher Rückgang zu verfolgen. Der Preis lag Anfang Mai bei ca. 2000 bis 2100 US$ pro Tonne. Insgesamt wird die weitere Entwicklung davon abhängen, wie schnell sich die Weltwirtschaft im Allgemeinen und die Automobilindustrie im Besonderen erholen.


Der Autor

Michael Grupp, freier Journalist in Stuttgart

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