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Fest, fester, Wolfram

Rohstoff des Monats: Wolfram
Fest, fester, Wolfram

Hartmetalle und Superlegierungen: Wolfram kommt überall dort zum Einsatz, wo Stähle bei thermischer und/oder mechanischer Belastung besonders hart und fest sein müssen. Die Einsatzbereiche reichen von panzerbrechender Munition bis hin zur Kombizange.

Mit 3422 °C besitzt Wolfram den höchsten Schmelzpunkt aller Metalle. Mit einer Dichte von 19,25 g/cm3 ist Wolfram zudem bruchfester als Diamanten und härter als Stahl. 80 % des weltweit geförderten Wolframs werden deshalb zu Hartmetallen und Superlegierungen verarbeitet. Aus Wolframstählen entstehen beispielsweise Hightech-Bohrer und -Fräser, Wendeschneidplatten, Walzringe, Formwerkzeuge, Bohrköpfe und Schleifschlämme für anspruchsvolle Anwendungen. Autobauer verwenden den Rohstoff auch für Katalysatoren und Glühkerzen, die Waffenindustrie für panzerbrechende Projektile. In der Luftfahrt härtet Wolfram Turbinenschaufeln und Düsentriebwerke. Die Elektronik- und Beleuchtungsbranche verbraucht 11 % der internationalen Fördermenge – und verarbeitet sie zum Beispiel zu belastbaren Kontakten oder bei der Produktion von Mikrochips. Ein modernes Handy beispielsweise beinhaltet rund ein Gramm Wolfram. Auch Elektroden für Schweißprozesse werden aus Wolfram hergestellt, vor allem wenn Kupfer, Bronze oder Messing geschweißt werden sollen. Darüber hinaus beschwert Wolfram die Boliden der Formel 1, damit diese punktgenau auf ihr Mindestgewicht kommen, und härtet die Spitzen von Dartpfeilen.

Historisch betrachtet war Wolfram auch für die Herstellung von Glühlampen wichtig. Der hohe Widerstand ermöglichte den Einsatz stabiler Drähte, die zu erschütterungsresistenten Glühwendeln geformt wurden. Der Nachteil: Eine Glühlampe wandelt nur fünf Prozent der Energie in Licht um – der Rest verpufft als Wärmestrahlung. Um Energie zu sparen, hat die EU-Kommission deshalb ab 2012 ein schrittweises Verbot erlassen. Mit wenig Erfolg: Restbestände durften und dürfen weiter verkauf werden – und diese werden offensichtlich immer wieder über internationale Beschaffungskanäle aufgefüllt. Darüber hinaus führte die Verordnung aber dazu, dass EU-weit 500 Millionen Dimmer auf der Müllhalde landeten. Das Verbot der Wolfram-Wendel hat dem Umweltschutz damit nicht gedient.

China natürlich

Wolfram kommt in der Natur nicht in gediegener Form, sondern ausschließlich als Eisenerz vor. Der zumeist geringe Wolframanteil macht die Förderung aufwendig. 80 % der weltweiten Minenproduktion stammt aus China, gefolgt von Kanada, Kasachstan, Russland und den USA. 2021 wurden weltweit rund 79.000 Tonnen abgebaut; die Förderung geht seit Jahren langsam zurück. 2017 betrug die Gesamtmenge noch 95.000 Tonnen.

Neben Zinn, Gold und Tantal gilt Wolfram als Konfliktmineral, weil es unter anderem in der Krisenregion Kongo und in den Nachbarländern Burundi und Ruanda abgebaut wird – in Form des artisanalen (nicht-industriellen) Bergbaus. Von dort aus findet das Metall beispielsweise über chinesische Weiterverarbeiter den Weg in europäische Produkte.

Um zu verhindern, dass der Wolfram-Export weiterhin Konflikte finanziert, hat die EU unterschiedliche Initiativen zur Rückverfolgbarkeit von klassifizierten Konfliktmineralien gestartet. Dazu zählt vor allem der Tungsten Industry Conflict Minerals Council TI-CMC (Tungsten ist der englische Begriff für Wolfram). Dieser Arbeitskreis zertifiziert Unternehmen, die konfliktfreies Wolfram verarbeiten. Für deutsche Unternehmen existieren derzeit keine verbindlichen Auflagen zum Nachweis von konfliktfreiem Wolfram.

Herausforderung Recycling

35 % der weltweiten Wolfram-Produktion stammen aus Wolfram-Schrott, wobei die Recyclingquote je nach Land zwischen 15 und 50 % schwankt. Ganz einfach ist die Wiederverwertung aber nicht: Als typisches Verschleißmetall gehen allein 25 % des eingesetzten Materials durch Abnutzung und Oxidation verloren. Dazu kommen Verluste durch nicht sammelbaren Schrott wie Schweißelektroden und Lampen, die in Summe nochmals rund 30 % ausmachen. Die Rückgewinnung erfolgt traditionell im Schmelzaufschluss-Verfahren – wobei massive Hartmetallbauteile oft mehrere Ofenfahrten bis zur vollständigen Auflösung benötigen.

Warten auf Wolfram

2002 hat die Volksrepublik China die Ausfuhr von Wolfram beschränkt. Infolgedessen lohnt sich der Abbau in Europa wieder mancherorts: beispielsweise in Österreich, Spanien und Portugal – wenn auch auf einem international betrachtet niedrigem Niveau. Das meiste Wolfram stammt nach wie vor aus China. Bis zum Beginn des Ukraine-Konfliktes kam allerdings auch ein guter Teil aus Russland. Diese Quelle ist derzeit versiegt.

Nach einem deutlichen Preisanstieg zuerst in Folge der Corona-Pandemie, dann aufgrund des Russland-Ukraine-Krieges und nicht zuletzt auch wegen der Entwicklungen in China beruhigen sich derzeit (Stand Dezember 2022) die globalen Rohstoffmärkte wieder – allerdings auf hohem Niveau. Indizes wie beispielsweise der vbw Rohstoffpreisindex sanken in den letzten beiden Monaten leicht. Die Preisrückgänge sind allerdings auch eine Folge einer spürbaren Abkühlung der Weltkonjunktur. Geopolitische Risiken und somit auch die Risiken für globale Lieferketten bleiben weiter hoch. Für die meisten Unternehmen gerechtfertigt die Liefersicherheit bei Wolfram deshalb einen höheren Preis.


Michael Grupp

Journalist, Stuttgart

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