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Werkzeugbau: Die Zukunft des CO2-Werkzeugpasses

Der Öko-effektive Werkzeugbau
Die Zukunft des CO2-Werkzeugpasses

Die Zukunft des CO2-Werkzeugpasses
Der CO2-Werkzeugpass soll der erste Schritt in eine öko-effiziente Zukunft der Werkzeugbaubranche sein. Bild: Pixel_B - stock.adobe.com

Nachhaltigkeit wird für die produzierende Industrie zunehmend ein Wettbewerbsfaktor, der eine ökologischen Notwendigkeit und ökonomische Herausforderung darstellt. Insofern finden Konzepte wie die Öko-Effektivität, die das ökologisch Notwendige mit dem ökonomisch Erfolgreichen verbindet, immer mehr Beachtung. Die deutschsprachige Werkzeugbaubranche möchte mit der anstehenden Konsortialinitiative „Der Öko-effektive Werkzeugbau“ unter der Leitung der WBA Aachener Werkzeugbau GmbH eine Vorreiterrolle innerhalb der produzierenden Industrie einnehmen. Die Branche sucht nach Differenzierungsmöglichkeiten und sieht Nachhaltigkeit als Chance.

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Boos, Dr.-Ing. David Welling, Dr.-Ing. Gerret Lukas, Bernd Haase, Thomas Eberius

Als Schnittstelle zwischen Produktentwicklung und Serienproduktion nimmt der Werkzeugbau eine Schlüsselposition für die CO2-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette ein. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet schon dieses Jahr die ersten Unternehmen dazu, eine CO2-Bilanz in der Nachhaltigkeitsberichterstattung auszuweisen. Schritt für Schritt wird diese Verpflichtung auch in die Branche Werkzeugbau übergehen, weshalb sich Werkzeugbaubetriebe darauf vorbereiten müssen.

Die Transformation des Werkzeugbaus zum Produktivitätsbefähiger

Ziel ist es jedoch, nicht nur eine regulatorische Pflicht zu erfüllen, sondern diese Kennzahl auch als Steuerungs- und Kommunikationselement in die Richtung einzelner Stakeholder wie Kunden oder Investoren zu nutzen. Insbesondere aus der Automobilindustrie ist zu hören, dass der Nachweis der CO2-Emissionen pro Werkzeug zukünftig eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit sein wird.

Ein CO2-Werkzeugpass für die Emissionsermittlung 

Um den regulatorischen Anforderungen in einem ersten Schritt gerecht zu werden, hat die WBA Aachener Werkzeugbau Akademie GmbH in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen der Branche den CO2-Werkzeugpass entwickelt. Dieser wird bereits von einigen internen und externen Werkzeugbaubetrieben genutzt, um die bei der Fertigung angefallenen CO2-Äquivalente nachzuweisen. Darüber hinaus ist der CO2-Werkzeugpass vom TÜV Rheinland zertifiziert und ist somit der erste nachweislich unabhängige Standard zur Emissionsermittlung in der Branche.

Eine Übersicht ist in Abbildung 1 dargestellt. Berechnet wird dabei der sogenannte Product Carbon Footprint (PCF) für ein einzelnes Werkzeug. In einem zweiten Schritt kann auch der Company Carbon Footprint (CCF) ermittelt werden. Durch die umfassende Datenerfassung und unabhängige Erhebung ist neben der Ermittlung individueller Werte auch ein Vergleich zwischen ähnlichen Unternehmen möglich. Dieser CO2-Benchmark ermöglicht es, die eigene Position in Bezug auf Nachhaltigkeit zu bestimmen und konkrete Handlungsmöglichkeiten zur Verbesserung zu erhalten.

Abb. 1: Übersicht CO2-Werkzeugpass. Bild: WBA

CO2-Effizienz des Werkzeugs entlang der Nutzungsphase

Den CO2-Gehalt des Werkzeuges zu kennen ist der erste Schritt und ermöglicht aus interner Sicht die Identifikation von Optimierungspotenzialen. Mit der Übergabe des Werkzeuges endet allerdings die Bilanzgrenze des Werkzeugbaus und die damit verbundenen CO2-Emissionen werden in die Bilanzhülle des Serienproduzenten übergeben.

Welchen Einfluss das Werkzeug dann auf die CO2-Emissionen der Produktion hat, bleibt unklar. Welchen Einfluss der Werkzeugbau gehabt hätte, um in der Produktion Emissionen zu vermeiden, bleibt ebenso unklar. Für die Nachhaltigkeitsbewertung wäre es jedoch zielführender, auch Daten aus dem Serienprozess in die Berechnung des CO2-Äquivalents des Werkzeugs einzubeziehen, um so die tatsächliche CO2-Effizienz des Werkzeugs entlang der Nutzungsphase zu ermitteln.

Der Nutzen dieses Wertes liegt in der Analyse, ob CO2-Emissionen durch ein anderes Werkzeugdesign oder eine andere Prozessführung hätten vermieden werden können. Damit bietet er neben der reinen Information auch Anhaltspunkte für weitere Schritte in der ökologischen Effizienzsteigerung der eigenen Prozesse. Durch CO2-Bepreisung, wie sie bspw. mit der CBAM-Verordnung 2025 in Kraft tritt, können somit auch ökonomische Potenziale gehoben und Strafzahlungen vermieden werden.

Erwartete CO2-Äquivalente im Angebot aufzeigen

Die zukünftige Angebotserstellung kann mit diesen Daten neben einer ökonomischen Kalkulation auch eine ökologische Kalkulation beinhalten. Diese zeigt zum einen den Werkzeugpreis und zum anderen die zu erwartenden CO2-Äquivalente. Die Kaufentscheidung kann so den gesamten Werkzeuglebenszyklus und die sogenannten Total Cost of Ownership (TCO) berücksichtigen.

Ein Werkzeug, das anforderungsgerecht hinsichtlich der Vermeidung von CO2-Emissionen optimiert wurde, kann so den Vorzug im Einkauf erhalten, auch wenn die Erstbeschaffung finanziell unattraktiver ist. Was lange Zeit ein klarer Wettbewerbsnachteil war, wird durch den CO2-Werkzeugpass zu einem elementaren Wettbewerbsvorteil, da der ökonomische Mehraufwand durch die ökologischen Einsparungen gerechtfertigt wird.

Die richtigen Daten erfassen und verarbeiten

Die Qualität der TCO-Betrachtung hängt jedoch sehr stark von der Datenverfügbarkeit und
-qualität ab. Um den manuellen Aufwand so gering wie möglich zu halten und Mehrkosten in der Datenbeschaffung zu vermeiden, sollte für die einzelnen Betrieben klar sein, welche Daten in welcher Granularität benötigt werden, wie die Daten erfasst werden und aus welchen Systemen diese extrahiert werden können.

Eine solche Strukturierung der Daten vereinfacht nicht nur die schnelle Datenerhebung für PCF und CCF, sondern ermöglicht schlussendliche eine effiziente Nachhaltigkeitsberichterstattung. Durch die Hinzunahme von Daten aus der Serienproduktion ist zusätzlich eine mitlaufende und nachgelagerte Kalkulation des ökologischen Fußabdruckes möglich, ähnlich wie es in der finanziellen Kalkulation schon längst gelebte Praxis ist.

Gemeinsam Wettbewerbsvorteile schaffen

Der TÜV-zertifizierte CO2-Werkzeugpass ist nicht nur der erste Schritt in eine öko-effiziente Zukunft der Branche, sondern er ist vor allem kein Selbstzweck. Durch die ganzheitliche Betrachtung des Werkzeuglebenszyklus wird durch die Verwendung von Daten ein Wettbewerbsvorteil geschaffen, der im internationalen Marktumfeld einzigartig ist. Die digitale Vernetzung von Daten aus dem eigenen Unternehmen bietet ein erstes Potenzial, um die ersten Erfolge im Bereich der Nachhaltigkeit zu messen und zu kommunizieren. Die digitale Vernetzung mit anderen Unternehmen bietet weitere unverkennbare Potenziale.

Die WBA Aachener Werkzeugbau GmbH sieht den CO2-Werkzeugpass in Zukunft als Plattform, die alle Beteiligten der Wertschöpfungskette, vom Stahllieferanten bis zum Normalienhersteller, miteinander verbindet. Durch unternehmensübergreifenden Datenaustausch soll es möglich werden, für jeden Schritt der Wertschöpfungskette und für jede verbaute Komponente das CO2-Äquivalent auszuweisen und so kollaborativ einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen.

Durch die Bereitstellung der Daten können so schon bei der Konstruktion die potenziell entstehenden CO2-Äquivalente berechnet und damit das Werkzeugkonzept schon früh einer ökologischen Machbarkeit unterzogen werden. Dies ermöglicht gleichzeitig Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg und ist Antrieb für brancheninternen Wettbewerb in Bezug auf die öko-effektive Fertigung.

Rechtzeitig mit den Vorbereitungen beginnen

Das Themenfeld der Nachhaltigkeit kann insbesondere für kleine Werkzeugbaubetriebe überwältigend sein, da die Hürden häufig sehr hoch erscheinen. Der CO2-Werkzeugpass ist ein niedrigschwelliges Angebot mit großer Wirkung. Insbesondere durch die Erweiterungen in den einzelnen Scopes, den geplanten Vereinfachungen in der Datenidentifikation sowie im Datenim- und -export wird der Weg in Richtung eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsaudits und die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie vorbereitet.

Potenziale in der Beschaffung von Werkzeugkomponenten

Nach Einschätzung der WBA-Experten wird diese neben der strategischen und technologischen Strategie der nächste elementare Wettbewerbsfaktor, auf den sich Werkzeugbaubetriebe mittelfristig vorbereiten müssen. Der CO2-Werkzeugpass unterstützt schon heute und zeigt, dass die ersten Anstrengungen bereits heute unternommen werden können und müssen.

Falls Sie das Thema der Transparenz hinsichtlich der CO2-Emissionen Ihrer Werkzeuge gerade bearbeiten oder Fragen zum Thema Nachhaltigkeitsstrategie haben, freut sich die WBA Werkzeugbau Akademie über Ihre Kontaktaufnahme.

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