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Ralf Bühler, CEO, Conrad Electronic: „Als Beschaffungsplattform bieten wir mehr als nur Produkte“

Ralf Bühler, CEO, Conrad Electronic SE
„Als Beschaffungsplattform bieten wir mehr als nur Produkte“

„Als Beschaffungsplattform bieten wir mehr als nur Produkte“
CEO Ralf Bühler leitet seit 2021 die Geschicke von Conrad Electronic. Bild: Daniel Tkatsch
In diesem Jahr feiert Conrad Electronic sein 100-jähriges Bestehen. In den vergangenen Jahren hat sich das Familienunternehmen vom klassischen Technikhändler zur Beschaffungsplattform für technischen Bedarf gewandelt. Unter der Leitung von Ralf Bühler baut Conrad seinen Geschäftskundenbereich und seine digitalen Angebote dynamisch aus. Welche Weichenstellungen auf dem Weg in die Plattformökonomie wichtig waren und welche Schritte folgen, verrät Ralf Bühler im Gespräch.

Das Interview führte Yannick Schwab, Redakteur Beschaffung aktuell

Beschaffung aktuell: Herr Bühler, welche Rolle spielt der Geschäftskundenbereich für Conrad?

Ralf Bühler: Das Geschäftsfeld Conrad Business Supplies wurde 1998 gegründet, um verstärkt den B2B-Markt anzusprechen. Schon damals wurde ein eigener Katalog speziell für diese Kundengruppe aufgelegt. In den vergangenen Jahren haben wir unseren Fokus dann vermehrt und mittlerweile ganz gezielt auf Geschäftskunden und das digitale Geschäft verlagert. Unter diesem Zeichen steht auch unser Wandel zur Beschaffungsplattform für technischen Bedarf. Eingeläutet wurde sie 2017 mit dem Launch unseres kuratierten Online-Marktplatzes für Geschäftskunden. Seitdem haben wir unser Plattformangebot sowohl in puncto Sortiment als auch in puncto digitale Services dynamisch ausgebaut, so dass ich Stand heute sagen kann: Wir haben den Großteil unserer Transformation geschafft und sind auf dem Weg zur führenden europäischen Beschaffungsplattform für technischen Bedarf.

Welche Branchen adressieren Sie?

Bühler: Mit der Conrad Sourcing Platform decken wir den kompletten Bereich des technischen Bedarfs ab. Wir sind breit genug aufgestellt, um mit über sieben Millionen Produktangeboten Unternehmen aller Branchen zu bedienen, die B- und C-Teile einfach und schnell aus einer Hand beschaffen wollen. Unser Angebot ist aber nicht nur umfangreich, sondern weist auch die erforderliche Sortimentstiefe auf: Wir können zum Beispiel flexible Bedarfe beim Prototyping in Forschung und Entwicklung decken. Wir sind ein verlässlicher Beschaffungspartner für MRO-Profis. Und auch hochpreisige Investitionsgüter wie Industriedrohnen oder Cobots sind auf unserer Plattform erhältlich.

Wie gelingt es, verschiedene Kundenanforderungen bei der Beschaffung zu berücksichtigen?

Bühler: Effiziente Beschaffung zeichnet sich durch ein hohes Maß an Digitalisierung aus. Hier kommen wir mit unseren E-Procurement-Lösungen ins Spiel. Nach wie vor kann bei Conrad im Online-Shop eingekauft werden – mit speziellen Optionen für Geschäftskunden. Wir bieten Unternehmen aller Größen aber auch die Möglichkeit, sich elektronisch an unsere Plattform anzubinden. Unternehmen, die über ein ERP-System verfügen, können über OCI/PunchOut oder E-Katalog auf unser Sortiment zugreifen und dafür die Anbindung ihrer Wahl nutzen. Unternehmen ohne eigenes Warenwirtschaftssystem stellen wir unsere browserbasierte Lösung Conrad Smart Procure (CSP) zur Verfügung, die einfach zu nutzen ist und auf jedem Endgerät läuft. Dabei profitieren auch diese beiden Kundengruppen von der zusätzlichen Artikel- und Konditionenauswahl aus der breiten Welt des Conrad Marketplace. Auch dieses erweiterte Sortiment erwerben sie von Conrad selbst – also aus einer Hand – so dass keine zusätzlichen Kreditoren angelegt werden müssen.

Wie gewährleisten Sie im Zuge anhaltender Engpässe Ihre Lieferfähigkeit?

Bühler: Gerade in Zeiten von Lieferkettenstörungen und Materialengpässen profitieren wir von unserer 100-jährigen Erfahrung als Händler und Distributor: Unser Einkauf ist weltweit bestens vernetzt. Wir können also auf ein internationales Lieferantennetzwerk zurückgreifen, um Warenverfügbarkeit bestmöglich aufrechtzuerhalten und Sicherheitsbestände zu gewährleisten. Gleichzeitig bauen wir das Netzwerk unserer Partner ständig aus, um eine noch größere Auswahl an Produkten bereithalten zu können. Seit geraumer Zeit bieten wir auf conrad.de außerdem proaktiv Alternativen an, sollte ein bestimmter Artikel nicht verfügbar sein. Und es gibt den Conrad-Beschaffungsservice, der sich im Fall der Fälle stellvertretend für unsere Kunden weltweit auf Produktsuche begibt.

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Von Wernberg in die Welt: Im Schnitt verlassen 50.000 Pakete pro Tag das Conrad Logistikzentrum.
Bild: Conrad Electronic

In welchem Ausmaß spüren Ihre Kunden die steigenden Kosten der Hersteller?

Bühler: Auch wir können uns der generellen Marktlage leider nicht entziehen und sehen uns nach wie vor mit Preiserhöhungen unserer Zulieferer konfrontiert. Auslöser sind vornehmlich gestiegene Rohstoff- und Energiepreise sowie zusätzliche Aufwände durch Lieferengpässe. Wir versuchen mit höheren Abnahmemengen und Lagerbeständen die Verkaufspreiserhöhungen zeitlich zu schieben und so moderat wie möglich für unsere Kunden anzusetzen.

Welche Rolle spielt E-Commerce inzwischen in der B2B-Beschaffung?

Bühler: E-Commerce spielt im B2B-Bereich eine immer wichtigere Rolle und Corona hat diese Dynamik noch einmal zusätzlich gepusht. Über zwei Millionen Geschäftskunden allein in Deutschland verlassen sich auf Conrad als Beschaffungspartner und vertrauen auf ein immer größer werdendes Online-Angebot: Vor der Einführung des Conrad Marketplace im Jahr 2017 haben wir auf conrad.de ein rund 800.000 Artikel umfassendes Sortiment angeboten. Heute sind wir bei über sieben Millionen Produktangeboten von mehr als 650 Herstellern und Distributoren. Auch international bewährt sich unsere Strategie: 2021 haben wir einen Conrad Marketplace in Österreich gelauncht, vergangenes Jahr kamen die Niederlande und Italien dazu. Weitere Länder werden folgen. Natürlich haben wir im Zuge der Internationalisierung auch die Möglichkeiten der Cross-Border-Beschaffung im Blick, um den reibungslosen Einkauf von Waren über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen. Besonders stolz sind wir, dass wir im E-Procurement-Bereich bereits über 3000 Unternehmen in Deutschland angebunden haben. In diesem Jahr wollen wir hier erneut um 20 Prozent wachsen.

Einfach nur Technik verkaufen war gestern. Was zeichnet eine umfassende Plattformökonomie aus?

Bühler: Als Beschaffungsplattform haben wir deutlich mehr zu bieten als nur Produkte. Wir verstehen uns als Lösungsanbieter, dessen Kernangebot sich aus drei Säulen zusammensetzt: Erstens aus einem großen Sortiment mit hoher Verfügbarkeit, zweitens aus kundenzentrierten Lösungen etwa im Bereich E-Procurement, um Einkaufsprozesse wirtschaftlicher zu gestalten, und drittens aus fachkompetenter Beratung sowie persönliche Betreuung. Unser Filialangebot für Geschäftskunden verstehen wir als Verlängerung dieses Online-Angebots. Zusätzlich zu unserem Profistore in Hürth bei Köln eröffnen deshalb in Regensburg und Mannheim demnächst zwei weitere B2B-Filialpiloten. Sie sollen die Conrad Sourcing Platform mit unterstützenden Vor-Ort-Services ergänzen, indem sie direkte Bedarfsdeckung vor Ort ermöglichen und die Gelegenheit bieten, beispielsweise einen Cobot auszuprobieren.

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Mit seinem Cobot-Angebot adressiert Conrad Industriekunden und Handwerksbetriebe.
Bild: TQ-Systems

Welche Rolle spielt das Thema Roboter für Conrad? Stehen Cobots als „Einsteiger-Roboter“ besonders im Vordergrund?

Bühler: Ja, aktuell ist das so. Mit unserem Cobot-Angebot adressieren wir in erster Linie unsere Industriekunden, sehen aber auch Potenzial für Handwerksbetriebe. Insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen möchten wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Cobots eine erschwingliche und handhabbare Möglichkeit zur praxisnahen Automatisierung bieten und sich einfach und schnell in bestehende Produktions- oder Logistikumgebungen integrieren lassen. Die Vorteile, aber auch mögliche Hindernisse bei der Integration in den Unternehmensalltag haben wir in Ratgebern und in einem Whitepaper zusammengetragen, das in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen entstanden ist.

Unser Ziel ist es, interessierte Unternehmen bei der Auswahl ihres Cobots aktiv zu unterstützen. Zu diesem Zweck haben wir auch einen Cobot-Finder entwickelt, um verschiedene Cobot-Modelle zu vergleichen und zu bewerten. Ganz neu bieten wir über unseren Marktplatz außerdem auch die Dienstleistung „Safety Dialog” an, also eine digitale oder Vor-Ort-Beratung zum Thema Roboter-Konzept durch einen Sachverständigen für Maschinensicherheit.

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Online-Plattformen

Die Digitalisierung veranlasst Unternehmen, bestehende Prozesse zu hinterfragen und eröffnet gleichzeitig neue Wege – auch im Einkauf. So bieten beispielsweise digitale Beschaffungsplattformen die Möglichkeit, Prozesse zu verbessern und zu automatisieren, Kosten zu senken und…


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