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Was ist E-Procurement? Grundlagen, Einsatzgebiete und Trends des elektronischen Einkaufs

Grundlagen und Trends des elektronischen Einkaufs
Was ist E-Procurement?

Was ist E-Procurement?
E-Procurement hat das Ziel, Bedarfsträger schneller zu versorgen und gleichzeitig die Prozesskosten zu senken. Bild: Kiattisak/stock.adobe.com

E-Procurement – elektronische Einkauf – bedeutet zunächst nicht mehr als den Einkauf von Produkten und Dienstleistungen mit Hilfe digitaler Tools. Dahinter steht in der Praxis freilich eine minder oder mehr ausgeprägte Informations- und Kommunikationstechnologie-Landschaft zur Unterstützung bzw. Abwicklung operativer Aufgaben sowie strategischer Aktivitäten unter Einbindung fähiger Lieferanten.

Von Sabine Ursel, Fachjournalistin (Wiesbaden)

„Eine wesentliche wirtschaftliche Anforderung an das E-Procurement ist es, die beschriebenen Aktivitäten mit den traditionellen Einkaufsprozessen und deren Abbildung in ERP-Systemen zu verzahnen“, schreibt Prof. Dr. Tobias Kollmann von der Uni Duisburg-Essen (Lehrstuhl für E-Business und E-Entrepreneurship) im Gabler-Wirtschaftslexikon.

Wie alles begann …

E-Procurement wurde geboren, um Bedarfsträger in Unternehmen schneller und besser zu versorgen und gleichzeitig die Prozesskosten zu senken. Eine erstmals wahrnehmbare „Communisierung“ der „Branche“ bildete vor genau 22 Jahren die „e_procure“ – Fachmesse mit angedocktem Kongress (2005 um den Zusatz „supply“ im Titel erweitert), veranstaltet von der Messe Nürnberg. Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) war für den fachlichen Teil zuständig.

Damals wurde auch deutlich: Es brauchte nicht nur ein Katalogdatenaustauschformat (BMEcat), sondern auch eine Produktklassifizierung (eClass).

Nachdem man mit ERP die Beschaffung von Produktionsmaterial transparenter und effizienter gestalten konnte, fiel auf: Die Masse der Bestellungen konnte zwar wertmäßig schnell und transparent auf elektronischem Weg erfolgen. Aber diese Masse an Transaktionen lief meist eher über Freitextbestellungen. Der Verweis auf das Pareto-Prinzip macht das Problem deutlich – 20 Prozent der Bestellungen enthalten 80 Prozent des Wertes und umgekehrt.

Was noch heute gilt: Wenn sich Mitarbeitende ohne Standards und ohne sinnhafte Auswahlmöglichkeiten im Freitext austoben dürfen, kommt es zu Missverständnissen, Zeitverlust und hohen Kosten. Die Antwort auf die Frage, wie Gelegenheits- oder gar Einmalbedarfe am besten zu erfassen sind, war die Nutzung elektronischer Kataloge und später elektronischer Marktplätze. Das Ziel sind möglichst fehlerfreie, stets aktuell gehaltene und individuelle Produkt- und Serviceinformationen bei elektronischer Übermittlung von Artikeldaten ohne Medienbruch.

Intelligentere Optimierungen im Einkauf

Die Prozesswelt des Einkaufs galt es weiter zu optimieren – etwa im Hinblick auf den Beschaffungsprozess von der ersten Evaluation über das Vertragslebenszyklusmanagement (Source2Contract) bis hin zur einer besseren und tieferen Zusammenarbeit mit ausgewählten, vor allem strategisch wichtigen Partnern (Kollaboration; im „Spitzenbereich“ gemeinsame Innovationsgenerierung).

Trends innerhalb der elektronischen Prozesskette waren zum Beispiel auch Guided Buying (Bedarfsträger werden zum richtigen Beschaffungskanal geführt) und Dynamic Buying (permanente Auktionierung von Commodity-Bedarfen – weil sich Jahresrahmenverträge häufig nicht mehr lohnen).

Was gilt als „fortgeschritten“?

Heute gelten in der wissenschaftlichen Betrachtung als „nicht fortgeschrittene“ digitale Technologien etwa die Nutzung konventioneller Suchmaschinen oder Datenbanken, Tabellenkalkulationssoftware und auch Basisfunktionen von ERP‐Systemen etc. (siehe Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky/Prof. Dr. Holger Müller: „Fortgeschrittene digitale Lösungen zur Unterstützung von Einkauf und SCM 2021“).   

„Fortschrittlich“ sind danach E-Procurement-Tools und -Plattformen, die zum Beispiel Big Data Analytics, Social Media Analytics, Künstliche Intelligenz (Machine Learning) etc. nutzen, um die Anwender vor allem bei eher als strategisch einzuordnenden Aufgaben zu unterstützen. „Dabei ist unerheblich, ob diese Technologien selbst entwickelt und eingesetzt werden oder ob eine Plattform bzw. ein Dienstleister diese – beispielsweise als Software‐ oder Platform‐as‐a‐Service – bereitstellt“, heißt es in der Untersuchung.

Laut Bogaschewsky/Müller gibt es die stärksten Veränderungen bei der Einführung eines ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsmanagements sowie eines verstärkten Risikomanagements.

E-Procurement: Tool-Landschaft und Einsatzgebiete

Der Blick auf die Gliederung der Untersuchung verhilft zu einem belastbaren Überblick über die aktuelle Tool-Landschaft und Einsatzgebiete von E-Procurement:

  • vom Einkauf gesteuerte Beschaffungsprozesse, die die Identifizierung, Auswahl, Evaluation von Lieferanten sowie Vertragsverhandlungen erfordern;
    Unterbereiche: Supplier Scouting, Beschaffungsmarkttransparenz, Evaluation von Lieferanten und Risikoanalysen, Vertragsverhandlungen
  • Beschaffungsprozesse, bei denen direkt auf – zumeist von Dienstleistern betriebenen – Internet‐Plattformen aus einer Vielzahl von Anbietern ausgewählt bzw. bestellt werden kann;
    Unterbereiche: Plattformnutzung sowie Kriterium „Nachhaltigkeit“ via Plattformen

Trend: Business Intelligence

Die Unterstützung von Procure2Pay und Source2Procure waren wichtige Schritte zur Entlastung des operativen Einkaufs. Aber sie liefern für einen Einkauf als Manager der externen Wertschöpfung bestenfalls eine Datengrundlage. Für echte Einkaufserfolge braucht es eine sinnhafte Strategie. Diese wiederum verlangt Transparenz. Produktivitäts-Booster und Enabler für echten strategischen Einkauf ist Business Intelligence (BI).

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) im Zusammenspiel mit einem BI-System führt über plausible Messgrößen für die eigene Performance und die der Lieferanten, für Innovationspotenziale, für ökologische und soziale Kriterien – alles unter der genauen Analyse von Kostenentstehung und Kostenzielen – zu intelligenten Entscheidungen. Und: Es lassen sich Vorhersagen für die Zukunft ableiten. Man ist in der Lage, via BI generierte und kanalisierte Einkaufsdaten (viele tausend!) mit strategischem Einkaufs-Know-how zu verbinden.

Idealerweise sind alle wertvollen Informationen über eine einfach anzuwendende digitale Plattform jederzeit direkt abrufbar. Mittlerweile gibt es Lösungen, die mit wenig Konfigurationsaufwand auf den üblichen Datenquellen und ERP-Systemen aufsetzen, praktisch sofort Erkenntnisse liefern und für jeden Einkaufsleiter sowie jeden strategischen Einkäufer enormen Mehrwert bringen.

ProcureTech: Wie Start-ups die Beschaffung verändern

Fülle an Möglichkeiten beim E-Procurement

Generell wird von einem Zuwachs der Bedeutung von Einkauf und SCM ausgegangen. Die Frage ist, inwieweit es den Verantwortlichen in den Unternehmen bzw. Einkaufsorganisationen gelingt, die Rolle als Integrator zwischen internen Bedarfsträgern und dem Beschaffungsmarkt bzw. den Lieferanten (externen Bedarfsträgern) zumindest mit einem „voll befriedigend“ auszufüllen. Dabei ist der Weg das Ziel … Schließlich gilt es diverse Schubladen und dringliche Anfragen zu bedienen, aber auch komplexe Sachverhalte zu erkennen und zu verstehen – das Ganze ohne Medienbrüche und möglichst in Echtzeit auf Knopfdruck.

Einkaufsorganisationen haben mittlerweile einen ganzen Strauß an Möglichkeiten, sich zumindest innerhalb ihres Unternehmens zu profilieren: indem sie sich die bunte Palette elektronischer Tools des E-Procurements zunutze machen, die Mitarbeitenden im ersten Schritt lästige, zeitraubende Tätigkeiten abnehmen. Dann sollte genügend Raum für das wirklich Wichtige da sein. Es gibt heute eine interessante Anbieterlandschaft auch für selektive Aufgabengebiete.

Keine Einkaufsorganisation ist mehr gezwungen, einen teuren starren Tanker zu implementieren, der angeblich alle Anforderungen abdeckt, in der Praxis aber Eingebundene rasch an ihre Grenzen bringt (und sie störrisch werden lässt). Dank Baukastenmodulen und Cloud Computing mit Service-as-a-Service (SaaS) lässt sich auch meckernden IT-Kollegen der Wind aus den Segeln nehmen. Es gibt schlichtweg keine Argumente mehr gegen die Einführung einer neuen eigenen Lösung für den Einkauf, sofern sie sich problemlos auch ans ERP andocken lässt.

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