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Zukunftstrends in der Beschaffung: Einkauf mit künstlicher Intelligenz und Tokens

Serie Zukunftstrends in der Beschaffung, Teil 2
Einkauf mit KI und Tokens

Einkauf mit KI und Tokens
Daten werden zukünftig sowohl Branchen- als auch Lieferketten-übergreifend von einer KI analysiert, was eine hohe Lieferanten- und Preistransparenz schaffen soll. Bild: watchara tongnoi/stock.adobe.com
Künstliche Intelligenz ist nicht zuletzt seit der Einführung der neuen Version von ChatGPT in aller Munde. Sie verändert auch den Einkauf: Wie wird KI dort schon heute eingesetzt und was bringt die Zukunft?

Künstliche Intelligenz (KI) wird bereits heute von Unternehmen im Einkauf eingesetzt. Das ist zum Beispiel bei intelligent unterstützten Selektions-, Such- und Entscheidungsprozessen der Fall, die dadurch effektiver und effizienter werden. Künftig wird der Einsatz von KI im Einkauf nicht nur massiv zunehmen, sondern bei definierten Aufgabenstellungen auch zur Standardlösung, wenn sich die Einkaufsorganisation eines Unternehmens keine massiven Wettbewerbsnachteile einhandeln möchte.

Die Einsatzgebiete im Einkauf sind vielfältig. Daher sollten Unternehmen sich frühzeitig damit beschäftigen, welche Aufgaben künftig vor allem mithilfe von KI durchgeführt werden oder komplett von ihr übernommen werden können. Was bedeutet künstliche Intelligenz demnach für den Einkauf der Zukunft? Im Folgenden werden drei Trends beschrieben, die sich bereits heute für alle analytischen Prozesse im Einkauf ankündigen.

KI-Benchmarking

Was professionelle Einkäufer stets brennend interessiert: Welchen Preis bezahlt der Wettbewerb? Bei welchen Lieferanten kauft der Wettbewerb? Das gängige Prozedere der Einkäufer ist heute die manuelle Recherche und der Aufbau entsprechender Datenbanken über Lieferanten und Preise bis hin zur Durchführung umfassender Ausschreibungsprozesse. In Zukunft dagegen werden Daten in einer Cloud sowohl Branchen- als auch Supply-Chain-übergreifend von einer KI analysiert. Dadurch schaffen Einkäufer für eine nahezu unbegrenzte Menge von Artikeln eine sehr hohe Lieferanten- und Preistransparenz.

Schon heute liefern ChatGPT und vergleichbare Tools auf Anfrage einen kostengünstigen, umfangreichen und stichhaltigen Überblick über die Wettbewerbs- und Preislandschaft. Bis zum Jahr 2033 rechnen Zukunftsforscher mit einer speziell für den Einkauf geschulten KI, die den Einkäufer als virtuellen Agenten unterstützt.

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Der Begriff KI-Benchmarking macht deutlich: Die KI wird dann nicht nur Wettbewerbs- und Preistransparenz liefern, sondern auch ein Benchmarking, zum Beispiel der Einkaufs- und Lieferbedingungen oder der Nachhaltigkeitsanforderungen der eigenen Einkaufsfunktion im Vergleich zu den stärksten Wettbewerbern und anderen Branchenorganisationen. Unternehmen werden so sehen können, wo sie stehen und was sie verbessern müssen, um zur Spitze aufzuschließen – von kommerzieller Performance im Einkauf bis hin zum Risikomanagement in Lieferketten.

Ein in seinem Bereich führendes US-Unternehmen schöpft das derzeit mögliche Spektrum beispielsweise schon heute aus: Mithilfe seiner KI analysiert es eine Unmenge von Daten unter anderem über Lieferketten, Rohstoffe, Demographie, Weltereignisse und Satellitenbilder, um daraus wahrscheinliche Entwicklungen zu prognostizieren.

Token Procurement

Auch die Tokenisierung wird den Einkauf künftig nachhaltig prägen. Wenn der bestellte Artikel nicht mehr nur durch eine Artikelnummer gekennzeichnet ist, sondern als digitales Abbild mittels eines sogenannten Tokens in der Blockchain erfasst wird, ist die Transparenz der Supply Chain nahezu vollkommen. Die Tokenisierung wird aber nicht nur Artikel, sondern auch sämtliche Transaktionen und logistische Prozesse in einem Wertschöpfungsnetzwerk sichtbar machen und das auf fälschungssichere Weise.

Das Procurement der Zukunft kann so täglich mit Smart Contracts Geschäftsrisiken reduzieren und Handelsbeziehungen ohne Zwischenhändler direkt abwickeln. Außerdem ermöglicht die Tokenisierung den 24-Stunden-Handel mit Rohstoffen. Eine solche Tokenisierung des Einkaufs auf breiter Basis wird in circa 15 Jahren erwartet.

Schon heute nutzen viele Organisationen Tokens für ihre Produkte. Ein österreichisches Unternehmen tokenisiert zum Beispiel Solaranlagen, die dadurch nicht nur als Ganzes, sondern auch in Teilen ver- und gekauft werden können. Auch bei der umweltgerechten Allokation von Rohstoffen können Tokens helfen: Ein großes deutsches Software-Haus hat eine Blockchain-basierte Plattform geschaffen, die Rohstoffe rückverfolgbar macht. So kann beispielsweise bei der Beschaffung von Palmöl die Herkunft aus möglichst ESG-optimalen Anbaugebieten nachverfolgt werden.

Der Quantencomputer

Die Leistungen von KI im Einkauf werden im wahren Sinne des Wortes einen Quantensprung erleben, wenn die künstliche Intelligenz nicht mehr auf „normalen“ Computern läuft, sondern auf Quantencomputer zugreift. Diese werden schätzungsweise ab dem Jahr 2038 die Rechenleistung eines Computers nicht mehr um das Zigfache, sondern um das doppelt Exponentielle steigern. Bis heute gilt für die Zunahme der Rechenleistung – grob nach Moore‘s Law – eine Verdopplung alle zwei Jahre.

Das heißt: Computer vergrößern binnen zehn Jahren ihre Leistung um das 32-Fache. Der Quantencomputer dagegen soll die Rechenleistung um das circa viermilliardenfache im gleichen Zeitraum steigern können (Neven‘s Law). Mit dieser Quantenüberlegenheit werden dann Rechen- und Optimierungsprobleme gelöst werden, die heute mangels Rechenkapazität selbst für Supercomputer unlösbar sind.

Außerdem werden Betrugsfälle in der Supply Chain, die heute noch wie ein „perfektes Verbrechen“ wirken, künftig zeitnah aufgeklärt oder können sogar verhindert, weil ein Quantencomputer eine viel größere Zahl an Indizien sehr viel schneller und zuverlässiger suchen, finden, bewerten und zu einem Gesamtbild verknüpfen kann als ein herkömmlicher Computer. Im Sinne eines „Predictive Policing“ werden solche Rechenwunder dann tatsächlich auch Delikte und Betrügereien in einer Supply Chain so exakt vorhersagen, dass sie in der Realität gar nicht ausgeführt werden können.

Besser, intelligenter, zufriedener

Doch damit sind die Möglichkeiten der KI im Einkauf noch nicht erschöpft. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) zeigt in einer aktuellen Studie, dass ChatGPT schon jetzt die Produktivität von sogenannten Wissensarbeitern – also von Managern, Datenanalysten, Beratern und anderen Spezialisten – um 35 Prozent steigert. Zudem verbessert sich die Qualität ihrer Arbeit beträchtlich; die Arbeitszufriedenheit nimmt ebenfalls zu.

Kein Wunder also, dass die Teilnehmer nach Abschluss der Studie bereit waren, für eine solche KI auch Geld zu investieren – der hohe Return-on-Investment überzeugte sie. Daneben gibt es auch eine starke strategische Motivation: Wenn die Konkurrenz schon heute mithilfe von KI aufrüstet, welches Unternehmen kann es sich dann noch leisten, nicht ebenfalls schleunigst auf eine künstliche Intelligenz im Einkauf zu setzen?

Der Einkauf im Metaverse


Die Autoren:

Julia Ruf, Partnerin, Consulting, Value Chain Transformation, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Marc Ennemann, Partner, Consulting, Head of Value Chain Transformation, Head of Alliances & Technology, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Prof. Dr. Heiko von der Gracht, Zukunftsforscher und Department Head Portfolio Management & Digital Delivery, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft


Trends im Blick behalten

Die KPMG-Forscher haben nach der Sichtung von über 1000 Studien, Meldungen und Reports einen Trendradar veröffentlicht, der 30 Trends auflistet, die dem Unternehmen zufolge den Einkauf der Zukunft prägen werden. Er informiert zudem über 140 aktuelle Treiber künftiger Entwicklungen, über Use Cases und Prototypen.

Regelmäßig aktualisiert werden die Trends in der CPO Suite. Der Zugriff
auf die Plattform ist nach einer Registrierung bei KPMG Atlas möglich, die Sie über den QR-Code erreichen.

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