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Auf dem Weg zu einem Beschaffungsweg für 430 Märkte

Interview mit Sebastian Janzen, Leiter Zentraleinkauf bei Das Futterhaus
Auf dem Weg zu einem Beschaffungsweg für 430 Märkte

Auf dem Weg zu einem Beschaffungsweg für 430 Märkte
Sebastian Janzen ist seit Mitte 2022 Leiter Zentraleinkauf bei Das Futterhaus. Bild: Das Futterhaus
Die Franchise-Unternehmensgruppe Das Futterhaus aus Elmshorn richtet seine IT-Prozesslandschaft seit 2021 mit Investitionen im Millionenbereich neu aus. Für den Zoofachhändler mit 432 Märkten in Deutschland und Österreich sind die Investitionen in die digitale Infrastruktur wichtige Elemente für die weitere positive Entwicklung. Welche Rolle spielt dabei der Einkauf von indirekten Materialien und Dienstleistungen? Darüber haben wir mit dem Leiter Zentraleinkauf Sebastian Janzen gesprochen.

Das Interview führte für Beschaffung aktuell Sabine Ursel, Fachjournalistin, Wiesbaden.

Beschaffung aktuell: Herr Janzen, Sie haben im Juli 2022 die Aufgabe übernommen, den Futterhaus-Zentraleinkauf von Nicht-Handelswaren zu digitalisieren. Als Einstieg in unser Interview: Beschreiben Sie das Projekt bitte mal in wenigen Sätzen.

Sebastian Janzen: Als Zentraleinkauf sind wir dafür verantwortlich, die Kosten sämtlicher Nicht-Handelswaren bestmöglich zu beeinflussen, das sind zum Beispiel Ladenbauteile, Möbel, Druckerzeugnisse, Arbeitskleidung, Technik oder auch Verpackungsmaterial. Künftig kommen weitere Bereiche wie IT und Dienstleistungen hinzu. Wir haben jetzt 18 aufreibende und spannende Monate der Vorbereitungen hinter uns, und seit Januar haben wir die Organisation im Zentraleinkauf neu ausgerichtet. In den Teams sind die Bereiche nun nach strategischen und operativen Aufgaben klar abgegrenzt. Prozesse werden weiter digitalisiert. Als Franchisegeber wollen wir für unsere Franchisepartner effizienter Dienstleister sein, der die wirtschaftliche Gesamtsituation fest im Blick behält.

Was haben Sie vorgefunden, als Sie nach Elmshorn ins Unternehmen kamen?

Für die indirekten Materialien und Dienstleistungen gab es kein einheitliches System, das ein analytisches Spend Management ermöglichte.

Welche IT-Lösung haben Sie implementiert?

Mit der Einführung von Onventis als ganzheitlicher Beschaffungs-Suite haben wir den Grundstein für die strategische Steuerung des Zentraleinkaufs gelegt. Unsere Märkte beschaffen ebenfalls via Onventis-Lösung einen Teil ihres derzeitigen indirekten Sortiments. Vorher gab es für sie mit dem Werbemittelshop ein einfaches Beschaffungstool. Die Artikel waren manuell auf einer Plattform bestellbar. Nun können Franchisepartner-Märkte und zentralgeführte Filialen anhand eines Rollen- und Rechtesystems bestellen.

Stichwort Transparenz: Was können Sie nun erkennen, um Maßnahmen abzuleiten?

Wir erhalten einen Überblick über Ausgaben und Entwicklungen, über die Gewichtung von Artikeln, Dienstleistungen und Lieferanten. Wir sehen, ob und wo die Anzahl Lieferanten gegebenenfalls zu verringern oder zusammenzuführen ist. Wir erfassen Reklamationen. Wir können die Vertragsquote und Inhalte kontrollieren und haben eine transparente Übersicht durch Genehmigungsverfahren.

Und wie nutzen Sie die Lösung im Zentraleinkauf strategisch?

Das System unterstützt uns bei zahlreichen operativen Themen: Wir können über die Plattform Ausschreibungen und RFQs versenden, Auftragsbestätigungen archivieren, Verträge verwalten und Reklamationen aufnehmen. Wir kommunizieren auch mit Schnittstellenabteilungen, Bedarfsträgern oder Lieferanten im System. Darüber hinaus liefert das Analysetool Kennzahlen, die wir für die strategischen Optimierung unserer Prozesse benötigen. Und wir können ein umfangreiches Lieferantenmanagement betreiben.

Was wollen Sie in Sachen Lieferantenmanagement beeinflussen?

Dabei geht es zunächst darum, wie wir Unternehmen anbinden. Welche Voraussetzungen müssen Lieferanten mitbringen, um Partner von uns zu sein bzw. zu werden? Akzeptieren sie unsere Einkaufsbedingungen oder unseren Code of Conduct? Wir wollen Lieferantenqualifikationen umsetzen, ebenso den Bereich Bewertung und Klassifizierung. Am Ende wollen wir mit wenigen Mausklicks vollumfänglich wissen, wer unser Partner ist. Dafür gibt Onventis den Rahmen vor. Mittelfristiges Ziel ist, alle indirekten Materialien und Dienstleistungen in dem System abzubilden. Den Märkten und Filialen wollen wir in Zukunft nur noch einen Beschaffungsweg für ihre Bedürfnisse anbieten, also einen Ort, an dem sie alles finden.

Wie haben die angebundenen Händler, Lieferanten und Dienstleister bisher mitgemacht?

Unser Lieferantenstamm ist so vielfältig wie unser Einkaufsportfolio. Die großen Lieferanten kennen solche Lösungen zum Teil und arbeiten auch mit anderen Kunden in solchen Tools. Bei kleineren Lieferanten waren schon einige Gespräche notwendig. Einige Handwerksbetriebe mussten erst überredet werden.

Was müssen Ihre Lieferanten jetzt „können“?

Nicht viel. Sie bekommen eine Mail mit dem Zugang. Wir wickeln Bestellungen, Auftragsbestätigungen, abgeänderte Auftragsbestätigungen und Reklamationen über eine Plattform ab. Die Lieferanten müssen lediglich unsere Allgemeinen Einkaufsbedingungen akzeptieren.

Haben Sie seit Projektbeginn schon Lieferanten gewechselt?

Ja, in verschiedenen Warengruppen. Unsere neuen Partner werden in Onventis angebunden, hier legen Sie auch ihre Auftragsbestätigungen ab. Wir beschaffen die Ware für das Gesamtsystem. Das macht uns für viele Lieferanten interessant und gibt Lieferanten auch eine gewisse Sicherheit. Aktuell haben wir ca. 100 Lieferanten aus der DACH-Region im System. Die Anzahl steigt stetig. Dabei haben wir auch das europäische Ausland im Visier.

Welche Freiheiten haben Ihre Franchisepartner?

Unsere Franchisepartner sind selbstständige Kaufleute. Entsprechend gibt es keinerlei Verpflichtungen zur Nutzung unserer Services im Zentraleinkauf. Als Systemzentrale ist es unsere Aufgabe, attraktive Einkaufskonditionen und -prozesse zu bieten, die die Nutzung unserer Services selbstverständlich macht.

Im Rückblick: Wo lagen bisher die Schnittstellenklippen?

Wir mussten zunächst klären, welche Systeme bzw. Tools angebunden werden sollen. In der Regel bleibt eine Beschaffungs-Suite ja nicht allein. Unser Ziel war maßgeblich die Verzahnung der Bereiche Logistik, Finanzen, Marketing, Ladenplanung zur Sicherstellung eines optimalen Workflows.

Was raten Sie Anderen bei der Auswahl eines Dienstleisters?

Bleiben Sie bei Ihren Geschäftsfällen, erstellen Sie Bewertungskriterien, lassen Sie sich Referenzbeispiele zeigen, sprechen Sie auch mit Referenzkunden. Wichtig: Binden Sie alle internen Schnittstellenabteilungen frühzeitig ein.

Seit Januar ist Ihre Abteilung nun in strategischen und operativen Einkauf unterteilt, das bringt einen Change mit sich.

Absolut. Wir sind diesen wichtigen strategischen Schritt gemeinsam und sehr bewusst gegangen. Dabei haben wir unsere Mitarbeitenden früh in den Änderungsprozess eingebunden. Jeder Einzelne muss sich innerlich darauf einlassen und die Chancen erkennen. Dadurch haben wir eine hohe Akzeptanz für die Veränderungen erzielt, und die ersten Erfolge, die daraus resultieren, motivieren, diesen neuen Weg weiter zu gestalten.

Wie sahen die Transformationsmaßnahmen bei Ihnen aus?

Grundlage waren sehr klar definierte Zielsetzungen und der daraus resultierende Konsens zur Einführung einer neuen Softwarelösung. Es folgten eine Ausschreibung und zahlreiche Gespräche mit unterschiedlichen Anbietern von Einkaufsplattformen. Am Ende hatte Onventis die Nase vorn. Das Tool bildet nahezu alle Geschäftsfälle ab. Die Gestaltung der Aufgabenbereiche wurden im Team durch Workshops erarbeitet. Zuletzt gab es eine sehr intensive Schulung der Kollegen im Bereich Verhandlungen. Hinter uns liegt ein Transformationsprozess, an dem viele intensiv und engagiert mitgearbeitet haben, so dass wir heute zurecht von einer modernen, effizienten Einkaufsorganisation sprechen. Im Alleingang ist ein solches nicht Projekt zu stemmen. Ich rate allen Einkaufsleitern, sich nach einem solch aufwändigen Prozess auch glaubwürdig beim Team zu bedanken, denn alle waren bzw. sind gefordert, hart und konzentriert an den einzelnen Themen mitzuarbeiten. Das ist nicht selbstverständlich.

Wird die Zeit für Implementierung bzw. Onboarding und Gewöhnung allgemein unterschätzt?

Wir waren uns sehr bewusst, dass dieses Projekt viele Ressourcen benötigen würde und haben entsprechend geplant. Bis zum ersten Go live mit einem Teilsortiment haben wir zwölf Monate gebraucht. Es wird voraussichtlich weitere zwölf Monate dauern, bis alle indirekten Materialien und Dienstleistungen live sind.

Herr Janzen, Sie waren zuvor neun Jahre Einkaufsleiter beim SV Werder Bremen. Auch darüber haben wir in Beschaffung aktuell mehrfach berichtet. Was haben Sie mitgenommen? Und was haben ein Spezialist für Tierbedarf- sowie Tiernahrung und ein Fußballbundesligist gemeinsam?

In der Bundesliga geht es auch um die Beschaffung von indirekten Materialien und Dienstleistungen. Die Themen sind nahezu gleich, nur der Rahmen ist ein anderer. Ich stehe noch mit meinen früheren Bundesliga-Kollegen in anderen Clubs in Kontakt. Wir tauschen uns seit Jahren regelmäßig aus. Auch beim SV Werder Bremen durfte ich eine Beschaffungsplattform integrieren. Diese Erfahrung hat mir geholfen. Im Sport liegt der Fokus auf dem Bereich Teamführung – das ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Auch diesen Erfolgsfaktor versuche ich nun in mein Team zu integrieren.


Sebastian Janzen

Der gebürtige Bremer hatte Einkaufserfahrung bei den Firmen C. Melchers, Nordsee und Finnern gesammelt, ehe er zum SV Werder Bremen kam. Im Juli 2022 wechselte er dann nach Elmshorn zum Futterhaus als Leiter Zentraleinkauf. Hier hat er sechs Mitarbeiter – und derzeit noch eine Vakanz.


Bild: Das Futterhaus

DAS FUTTERHAUS

Das Franchiseunternehmen mit 432 Märkten per Ende Dezember 2023 plant rund 20 Neueröffnungen in 2024 in Deutschland und Österreich. Mit einer Zuwachsrate von über 6 Prozent verzeichnet der Fachhändler für Tiernahrung und -zubehör 2023 eine positive Umsatzentwicklung über dem Vorjahresniveau. Die Unternehmensgruppe mit Sitz in Elmshorn erzielte in Deutschland und Österreich zuletzt einen Gesamtumsatz von 580 Mio. Euro. Davon entfielen 523 Mio. Euro auf das Geschäft in Deutschland.

www.futterhaus.com

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