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Einkauf 2030: Perspektiven und Impulse

Die Zukunft beginnt 2024
Einkauf 2030: Perspektiven und Impulse

Die Herausforderungen der letzten Jahre haben den Einkauf präsenter und selbstbewusster werden lassen. Um jedoch wahre strategische Relevanz zu erlangen, ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung entscheidend. Die gezielte Analyse von Wettbewerbspotenzialen spielt dabei eine Schlüsselrolle, erfordert aber einen vorausschauenden Blick. Die Hochschule München präsentiert Prognosen für den „Einkauf 2030“ und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für 2024.

Das Zitat „Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“ unterstreicht die Schwierigkeit von Zukunftsvorhersagen und impliziert, dass es möglicherweise besser ist, sich erst gar nicht auf solche Vorhersagen einzulassen. Doch um die vom Einkauf angestrebte strategische Anerkennung zu erzielen, reicht es nicht, auf das steigende externe Beschaffungsvolumen zu verweisen. Es ist vielmehr entscheidend, sich frühzeitig mit den Entwicklungen der Zukunft auseinanderzusetzen, um diese bewerten, nutzen und gestalten zu können. Der Anspruch besteht nicht zwangsläufig darin, eine vollkommen präzise Prognose abzugeben. Selbst kleine Schritte in die richtige Richtung können langfristig zu Wettbewerbsvorteilen führen, insbesondere wenn man sie früher geht als andere.

Vor diesem Hintergrund befragte ein Team der Hochschule München im Jahresverlauf 2022 über 50 Führungskräfte aus dem Einkaufsumfeld zu deren Einschätzung über die Eintrittswahrscheinlichkeit wesentlicher Zukunftstrends. Aus diesen Befragungen konnten vier zentrale Schwerpunkte herausgearbeitet werden, die sich zu einem facettenreichen Bild der zukünftigen Entwicklungen im „Einkauf 2030“ zusammenfügen.

Die Studie Einkauf 2030

Erstes Schwerpunktfeld sind die Strategie und Ziele, wobei hier besonders zusätzliche Ziele wie Nachhaltigkeit und Innovation sowie die zukünftige Rolle des Einkaufs als Wertschöpfungspartner erwartet werden. Wichtiger Baustein hierfür ist die Entlastung durch Digitalisierung von Prozessen, primär im Bereich der operativen und taktischen Beschaffung. Hier werden sogar vollständig eigenständig, also autonom ablaufende Prozesse erwartet.

Zentrales Element für den Erfolg

Zentrales Element des Einkaufs bleibt dabei die Zusammenarbeit mit Lieferanten, die verstärkt in Partnerschaften und mehr innovationsorientiert gestaltet werden dürfte. Regionale Lieferketten sind zudem ein wichtiger Baustein für mehr Nachhaltigkeit, welches mit hoher Priorität erwartet wird.

Getragen werden diese Veränderungen auch zukünftig von einer professionellen, agilen Einkaufsorganisation, die über spezialisiertere Mitarbeitenden, dynamischere Führung einerseits sowie eine gezieltere Personalgewinnung und -entwicklung andererseits verfügt.

Im Gesamtblick zeigen sich hier eine Vielzahl von wichtigen Themen, die den Einkauf (auch) zukünftig prägen werden. Kritisch betrachtet fehlen jedoch – trotz des zeitlichen Horizonts von knapp zehn Jahren – „echte“ Neuerungen und Innovationen. Mehr Kreativität und unternehmerisches Denken für den Einkauf sind gefragt. Außerdem sollte auch gezielt „über den Tellerrand“ geblickt werden.

Dazu gehören zum Beispiel bewusst erweiterte Analysen zu Megatrends im Unternehmensumfeld, die nicht in erster Linie den Einkauf betreffen. Daneben kann der Blick in andere Managementfunktionen (wie IT oder Vertrieb) und dortige Entwicklungen wertvolle Impulse geben.

Des Weiteren spiegeln sich in dem dargestellten Zukunftsbild auch zeitgebundene Einflüsse der während der Befragungszeiträume herrschenden Situationen wider. Insbesondere lässt sich eine klare Verbindung zwischen der wahrgenommenen Wichtigkeit von Versorgungsengpässen und Risikomanagement herstellen, die auf den zu diesem Zeitpunkt gerade begonnenen Russland-Ukraine-Krieg und die noch spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Die im späteren Jahresverlauf 2022 extrem starke öffentliche Fokussierung auf Nachhaltigkeit oder das in 2023 aufkommende Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI) sind demnach (noch) nicht enthalten.

Natürlich werden auch für 2024 schon Voraussagen zu den wesentlichen Einkaufstrends getroffen. Folgende Entwicklungen werden dabei am häufigsten als „Top-Themen“ genannt:

  • Ausbau der Nutzung von KI, z. B. für Preis- und Kostenanalysen sowie intelligente Prozessautomatisierung, zudem prozessunterstützender Einsatz von generativer KI wie ChatGPT, z. B. beim Entwerfen von Verträgen oder der Entwicklung von Verhandlungsstrategien. Ebenso kann diese Technologie im operativen Bereich bei Bestellungen in elektronischen Katalogen assistieren.
  • Professionalisierung des Lieferantenmanagements für stabile Versorgung, gemeinsame Bestandsoptimierung sowie mehr Innovationen auch in der digitalen Vernetzung.
  • Ausbau von Nachhaltigkeitsansätzen und erhöhter Lieferkettentransparenz, unter anderem getrieben durch immer mehr regulative Vorgaben zur Reduzierung von Emissionen sowie Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei Zulieferern.
  • Fachkräftemangel im Einkaufsbereich wegen des demografischen Wandels, aber ebenfalls durch Zunahme der zu berücksichtigenden Umfeldeinflüsse (wie Nachhaltigkeit und Risikomanagement).

Diese überblicksartige Auswahl unterstreicht noch einmal, wie vielfältig die Herausforderungen für den Einkauf in absehbarer Zeit sein werden. Welche Themen genau den Einkauf prägen, bleibt dabei allein schon deswegen mit Unsicherheit behaftet, weil starke Einflüsse aus Umfeld und Märkten bestehen.

Mit Herausforderungen rechnen

Daraus zu schließen, der Einkauf sollte sich doch lieber auf die Gegenwart konzentrieren, würde allerdings die bereits erwähnten Differenzierungspotenziale für den Einkauf außer Acht lassen. Um als strategisch relevant angesehen zu werden, muss der Einkauf andere Dinge tun. Es geht nicht nur darum, die aktuellen (Versorgungs-)Probleme zu lösen, sondern auch einen Beitrag zur Bewältigung zukünftiger Herausforderungen zu leisten.

Für die konkrete Umsetzung ergibt sich die Empfehlung, sich über Netzwerke, Publikationen, Webinare, Gespräche und weitere Instrumente regelmäßig (aber nicht zwingend häufig!) über Trendentwicklungen zu informieren. Als relevant erachtete Einflüsse sind anschließend gezielter zu beobachten bzw. zu begleiten und sukzessive in konkrete Maßnahmen zu überführen. Damit steigen die erforderlichen Investitionen auch erst mit zunehmender Umsetzungswahrscheinlichkeit. Genau hier ist das verstärkte unternehmerische Denken des Einkaufs gefragt: Investitionen bedeuten Aufwand, aber auch Chancen auf Mehrwerte. Nur durch eine dynamischere und zukunftsorientierte Vorgehensweise lassen sich diese Potenziale optimal ausschöpfen. Dies ermöglicht dem Einkauf, möglicherweise nicht erst im Jahr 2030, eine tatsächlich anerkannte strategische Bedeutung zu erlangen und somit seinen Beitrag zum Gesamterfolg des Unternehmens weiter zu stärken.

Die Autoren:


Bild: HS München

Prof. Dr. Florian C. Kleemann

lehrt an der HS München Einkauf & Beschaffung, berät zudem Unternehmen bei deren Einkaufstransformation.


Bild: privat

Ramona Niederschweiberer

Absolventin der HS München, Einkäuferin in der Automobilindustrie.


Bild: privat

Florian Diermeier

Master-Student im Programm „Digital Sustainable Procurement & Supply Management“ an der HS München.

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