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Digitale Beschaffung macht mehr Schwarmintelligenz

Digitale Beschaffung
Vom Herrschaftswissen zur Schwarmintelligenz in der Beschaffung

Die Implementierung einer digitalen Beschaffungsplattform und ihr Einsatz können sehr simpel sein und deutliche Vorteile für das Unternehmen bringen. Das Beispiel eines Maschinenbauers in Herne zeigt, wie Unternehmen schnell und umkompliziert von der Digitalisierung in der Beschaffung profitieren können.

Waren für die Produktion beschaffen, den täglichen Bedarf in Büro und Werkstatt abdecken – dem Einkauf kommt eine Schlüsselrolle innerhalb des Unternehmens zu. Was zu welchem Preis eingekauft wird, hat nicht nur Einfluss auf die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, sondern auch auf die Produktqualität und die Handlungsfähigkeit des Unternehmens. Das gilt für die Produktion genauso wie für die administrativen Abteilungen einer Firma. Doch obwohl Industrieunternehmen heute in der Regel ihre Produktionsprozesse überarbeitet und in weiten Teilen automatisiert haben, ist die Beschaffung häufig nach wie vor ein Stiefkind in Sachen Digitalisierung. Die Gründe sind vielfältig und reichen von mangelnder Datentransparenz im Unternehmen über fehlende Akzeptanz für elektronische Lösungen bis hin zu internen Widerständen, die die Weiterentwicklung des Einkaufs zu einer modernen Lösung verhindern.

Vor allem traditionsreiche Unternehmen tun sich schwer mit dem Schritt in die digitale Beschaffung – oft überwiegt die Ansicht, dass einmal eingeführte Strukturen nicht geändert werden sollten, solange sie funktionieren. Der eigentliche Aufwand an Zeit und Geld gerät dabei komplett aus dem Blickfeld. Aber genau dieser macht traditionelle Bestellungen mit Katalog, Stift und Papier unwirtschaftlich. Firmen, die ihren indirekten Einkauf digitalisieren, erhalten einen besseren Überblick über die Kosten, können Angebote rascher vergleichen und Skonti nutzen. Die Geschäftsvorgänge werden zudem vollständig dokumentiert. Und: Durch die Bündelung der Liefervorgänge erhält der Einkauf letztendlich mehr Freiheit für seine eigentlichen, strategischen Aufgaben.

Dieses Aufbrechen althergebrachter Strukturen und die Vereinfachung des Einkaufsvorgangs mithilfe einer elektronischen Beschaffungsplattform hat die Vulkan-Gruppe in Herne vor einiger Zeit in Angriff genommen. Das Traditionsunternehmen, 1889 gegründet, unterhält drei Divisionen mit jeweils eigenem Produktportfolio und ist auf Lösungen für maritime und industrielle Antriebstechnik sowie lötfreie Rohrverbindungen für die Kälte- und Klimatechnik spezialisiert. Mit ACOTEC – Advanced Coupling Strategy – hatte der Antriebsspezialist bereits vor einiger Zeit eine eigene Produktionsstrategie eingeführt, die sämtliche Kompetenzen inhouse bündelt, um den Kunden die besten Produkte und Services bereitstellen zu können. So fortschrittlich die Vulkan Group in Produktion und Entwicklung unterwegs ist, so traditionell war bis vor drei Jahren noch die Beschaffung geregelt. Egal ob Meister in der Instandhaltung oder Ingenieurin in der Entwicklungsabteilung – es war beiden bis dato nicht möglich, die benötigten Spezialschrauben oder aktuellen Desktops direkt zu ordern.

Weg aus der alten Welt

Eine Bestellung erforderte vor allem Zeit: Erst die Recherche in Katalogen verschiedener Anbieter, dann das korrekte Ausfüllen eines Bestellformulars und zuletzt die manuelle Einreichung der Bestellung bei einer zentral für den Einkauf zuständigen Einzelperson. Auch die Genehmigungen und die Archivierung von Bestellungen wurden bislang analog gehandhabt. Damit war die Beschaffung nicht nur mühsam, sondern auch absolut intransparent. Quer durch das Unternehmen bestellten Mitarbeiter Waren über ihre jeweiligen individuellen Beschaffungskanäle. So ließ sich weder nachvollziehen, wer wann was geordert hatte, noch konnten Bestellungen gebündelt werden. Auch das Controlling der Mengen und Kosten war nahezu unmöglich.

Doch wie lassen sich die bisherigen Abläufe ersetzen und der Engpass über die zentrale Instanz im Einkauf beseitigen? Es wurde immer deutlicher, dass eine E-Procurement-Lösung der richtige Weg zu einer modernen Beschaffung ist. Den Verantwortlichen war bewusst, dass ein entsprechendes E-Procurement-Tool nicht nur einfach zu implementieren sein sollte, sondern die Arbeit in den Abteilungen auch wirklich unterstützen und somit deutlich schneller und effizienter gestalten muss. Bei der Suche nach einem System, das diese Anforderung erfüllt, stieß der Einkaufsleiter der Vulkan Group schließlich auf die Beschaffungsplattform simple system. Die übersichtliche Abbildung des Beschaffungsprozesses, der Zugriff auf 80 Millionen Artikel führender Lieferanten und die einfache Anbindung an das firmeneigene Warenwirtschaftssystem SAP ERP überzeugten ebenso wie die einfache Handhabung über eine intuitiv zu bedienende Benutzeroberfläche. Eine Optimierung der Einkaufsprozesse durch Automatisierung sei längst überfällig gewesen, so Andreas Wallny, IT-Analyst bei Vulkan: „Die Alternative, die uns simple system geboten hat, war so einfach und überzeugend, dass sich uns gar nicht erst die Frage stellte, ob wir umstellen sollen.“

Die Einkaufsplattform als Basis

Die Mehrlieferanten-Plattform des Münchener Unternehmens simple system steht seit dem Jahr 2000 bereit und ist vor allem auf die Anforderungen mittelständischer Unternehmen abgestimmt. Diese erhalten über die Plattform Zugang zum Sortiment der 750 führenden Lieferanten im europäischen Raum. Die Produktpalette reicht dabei von A wie Arbeitsschutz bis Z wie Zerspanungstechnik und umfasst auch Dienstleistungen. Zusätzlich hat simple system mehr als sechs Millionen Artikel kuratiert, die den indirekten Standardbedarf von Unternehmen abdecken und über sogenannte „Click & Order“-Kataloge ad hoc bestellt werden können. Das ist vor allem für den Fall wichtig, dass gewohnte Lieferanten ausfallen sollten und neue Bezugsquellen erschlossen werden müssen. Dabei unterstützt simple system eine umfassende Einkaufsstrategie: Der Einkauf kann über die Plattform die gewünschten Artikel einzeln oder in Warengruppen geordnet für die jeweiligen Fachabteilungen freischalten. Damit können Mitarbeiter auf einer übersichtlichen Nutzeroberfläche ihre Wunschartikel leicht nach Preis, Lieferant, Warengruppe oder Liefernummer finden und im Self-Service ordern.

Die Einführung von simple system bei der Vulkan Group war ein voller Erfolg – der Einkaufsprozess läuft seither deutlich effizienter. Sämtliche Bestellungen können direkt über die Plattform getätigt und auch genehmigt werden. Dieser Prozess ist durchgängig automatisiert und umfasst die Bestellauslösung und Vergabe der Bestellnummer ebenso wie die Kontierung und die Übermittlung weiterer Informationen wie Warenkorbdaten, Sachkonten oder Kontierungswerte. Jede Warenbewegung hat eine sofortige Finanzbuchung zur Folge, sodass Verbindlichkeiten jederzeit aktuell nachgehalten werden können.

Aus dem Herrschaftswissen einer zentralen Instanz ist sozusagen eine Schwarmintelligenz geworden, denn die Plattform bildet den Beschaffungsprozess optimal ab. „Mehr als neunzig Prozent der in simple system getätigten Bestellungen würden ohne die Integration in unserem SAP ERP weder für den Wareneingang noch für die Rechnungsstellung zur Verfügung stehen“, so Wallny. Im Zuge der Vereinheitlichung der Prozesse sei dies sehr von Vorteil. Beispielsweise lassen sich einzelne Bestellungen leicht im System nachverfolgen. Tätigt ein Mitarbeiter auf der Plattform einen Kauf, erhalten sowohl der Lieferant als auch die Einkaufsabteilung eine E-Mail. „Da dies in Outlook geschieht, sind die Prozesse sehr einfach nachzuvollziehen und sehr transparent – auch mögliche Fehler sind rasch geklärt“, so Wallny.

Gute Akzeptanz, mehr Übersicht

Heute bestellen insgesamt 39 Mitarbeiter aus allen Teilen des Unternehmens – vom allgemeinen Einkauf über den Betrieb bis hin zur Entwicklungsabteilung – über die Plattform direkt bei den gleichen Lieferanten wie vor der Umstellung, und das schnell, unkompliziert und per automatisiertem Bestellprozess. Neben dem Wegfall manueller Aufwände haben sich weitere deutliche Verbesserungen ergeben. Beispielsweise wird die Anlieferadresse bei den Benutzergruppen gleich mit eingetragen, sodass der Wareneingang auf dem Etikett ablesen kann, an wen die bestellten Produkte gehen sollen. Auch hier also eine deutliche Zeitersparnis und mehr Klarheit in den Prozessen. Die Mitarbeiter haben das System laut Wallny schnell akzeptiert: „Die Plattform ist gut angenommen worden. Es ist ja auch einfach zu handeln – ob ich online nun Schuhe kaufe oder dreiadrige Leitungen ist vom Vorgang her ja im Grunde egal. Das kann heute eigentlich jeder.“ In vier Jahren sind rund 10.000 Bestellpositionen getätigt worden, die einem fast siebenstelligen Betrag an Bestellvolumen entsprechen. Die E-Procurement-Lösung liefert dank der einfachen Vergleichsmöglichkeit eine bessere Übersicht über die Kosten und ermöglicht die Bündelung von Warengruppen – auch abteilungsübergreifend. Nur noch sehr spezielle Teile sind im Angebot von simple system nicht verzeichnet und müssen bei weiteren Lieferanten bestellt werden.

Die Plattform ist Cloud-basiert, der einfache Zugang als schlüsselfertige Lösung konzipiert. Am Anfang jeder Umstellung steht der persönliche Kontakt mit den Experten von simple system, um die bisherigen Beschaffungsprozesse im jeweiligen Unternehmen zu analysieren. Darauf aufbauend wird unter dem Motto „Stärken stärken“ die optimal auf die kundenindividuellen Anforderungen zugeschnittene Einkaufslösung entwickelt. Vor dem endgültigen Rollout stehen dann nur noch kleinere Anpassungen, etwa die Erstellung von Mapping-Tabellen, die Vergabe von Rechten und die Zusammenstellung der Warengruppen. „Die Einführungsphase bei Vulkan war sehr kurz, und ich musste lediglich die entsprechenden Programme administrieren und einstellen“, berichtet Wallny.

Anbindung an das Warenwirtschaftssystem

Bei Vulkan plant man, im nächsten Schritt auch das Werk in Herne an die Beschaffungsplattform anzubinden. Dann soll auch die Vollintegration in das Warenwirtschaftssystem mittels simple system Cockpit erfolgen. Diese gemeinsame Schnittstelle für alle Lieferanten ist modular aufgebaut und lässt sich an die kundenindividuellen Anforderungen anpassen und gegebenenfalls erweitern. In Form eines Dashboards bietet das simple system Cockpit nicht nur eine Übersicht der übertragenen Bestellinformationen und Folgebelege, sondern auch die Möglichkeit, diese zu pflegen. Außerdem werden Lieferanten- und Benutzerdaten für eine automatische Anlage von Bestellungen oder Bestellanforderungen aufbereitet. Angelegte Bestellungen vermittelt das Cockpit zurück an die Beschaffungsplattform und berücksichtigt automatisch die vorhandenen Stammdaten im Gesamtprozess. Diese benutzerfreundliche Oberfläche sorgt für geringen Schulungsbedarf und kann schnell und unkompliziert in SAP integriert werden.

Der Weg zur intelligenten Fabrik

Weg von Katalog und klassischem Bestellformular hin zur elektronischen Lösung: Mit Unterstützung von Beschaffungsplattformen werden Einkaufsprozesse effizienter, transparenter und auch krisenfester. Das ist nicht nur in Zeiten von Corona wichtig, wenn das Personal im Homeoffice auf digitale, remote zugängliche Systeme angewiesen ist. Es macht Unternehmen vor allem fit for future, denn E-Procurement-Systeme werden dank einfacher Anbindung an die Disposition oder Kanban-Systeme zu einem wichtigen Bestandteil der intelligenten Fabrik. (sas)


E-Procurement

In fünf Schritten zur digitalisierten Beschaffung

  • Stellen Sie die Einkaufsstrategie an den Anfang: Wie soll der digitale Einkauf das digitale Gesamtkonzept des Unternehmens unterstützen und welche bestehenden digitalen Strukturen sollen angebunden werden? Wie können Sie Ihre eigenen Stärken stärken? Auch die Frage der Ressourcen ist wichtig.
  • Prüfen Sie, mit welchen Lieferanten Sie zusammenarbeiten und welche E-Procurement-Plattform diese Lieferanten bzw. Ihren Bedarf abdeckt.
  • Wichtige Checkpunkte bei der Auswahl des richtigen Partners: Einfache Implementierung, gute Benutzerführung, Möglichkeit der Vernetzung mit dem firmeneigenen Warenwirtschaftssystem und Anbindungsmöglichkeiten an weitere digitale Systeme.
  • Schulen Sie Ihr Einkaufs-, Logistik-, Buchhaltungs- und IT-Personal hinsichtlich der Gestaltung und Steuerung von Prozessen.
  • Ordnen Sie die Zuständigkeiten neu: Zu Beginn kann es durchaus Sinn machen, eine zentrale Koordination des Einkaufs beizubehalten. Später sollte die E-Procurement-Plattform dann ein vernetztes Handeln unterstützen.

Mehr als neunzig Prozent der in simple system getätigten Bestellungen würden ohne die Integration in unserem SAP ERP weder für den Wareneingang noch für die Rechnungsstellung zur Verfügung stehen.“
Andreas Wallny, IT-Analyst,
Vulkan Group


Die Einführungsphase bei Vulkan war sehr kurz, und ich musste lediglich die entsprechenden Programme administrieren und einstellen.“
Andreas Wallny, IT-Analyst,
Vulkan Group

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