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Wie Bosch seine globalen Nachhaltigkeitsziele einführt

Serie Nachhaltige Beschaffung, Teil 2: Bosch
Wie Bosch seine globalen Nachhaltigkeitsziele einführt

Wie Bosch seine globalen Nachhaltigkeitsziele einführt
Die neue Bosch-Halbleiterfabrik in Dresden. Damit die Nachhaltigkeitsziele des Konzerns überall in der globalen Organisation ankommen, bedarf es eines gut abgestimmten Vorgehens. Bild: Bosch
Bosch hat eine riesige Einkaufsorganisation und zahlreiche Geschäftseinheiten. Die Anforderungen des Lieferkettengesetzes und die CO2-Ziele implementiert der Konzern in einem agilen Chapter-Konzept. Das funktioniert besser als ein rein zentraler Ansatz.

Annette Mühlberger, Journalistin, Stuttgart

Selbst für Konzernverhältnisse ist die weltweite Einkaufsorganisation von Bosch groß. 9000 Mitarbeitende gehören zum globalen Einkauf, dazu 21.000 Kollegen und Kolleginnen in der Logistik. Der Zentralabteilung Supply Chain Management obliegt auch die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie in den Bosch-Lieferketten.

Um die Implementierung von Nachhaltigkeitsanforderungen wie Umwelt-, Sozialstandards und CO2-Reduzierung in den Beschaffungsprozessen des Unternehmens als auch in der Lieferkette zu beschleunigen, hat Bosch einen agilen bereichsübergreifenden Ansatz entwickelt. Das Konzept erhielt den Sustainable Supply Award des BME. Wir haben mit den im Einkauf verantwortlichen Nachhaltigkeitsmanagerinnen Judith Diem und Anita Tode über ihre Erfahrungen mit dem agilen Ansatz gesprochen. Gemeinsam kümmern sie sich um die Implementierung der Nachhaltigkeitsziele in die Lieferketten des Unternehmens, die sich auch aus dem deutschen Lieferkettengesetz ergeben.

Einkaufsnah arbeiten

Betriebswirtin Anita Tode bringt mehr als 15 Jahre internationales Praxiswissen aus dem Bosch-Einkauf und Risikomanagement in das Nachhaltigkeitsmanagement der Lieferketten ein. Ingenieurin Judith Diem, mit der Anita Tode sich die Aufgabe im Jobsharing teilt, ergänzt deren Einkaufs-Know-how mit langjähriger Erfahrung aus der Luft- und Raumfahrtindustrie und einem tiefen Wissen um die aktuelle CSR-Regulatorik. „Mit unseren verschiedenen Erfahrungen können wir sehr unterschiedliche Perspektiven einbringen“, erzählt Tode und Diem ergänzt: „Angesichts der Vielschichtigkeit des Themas ist unser Jobsharing für diese Aufgabenstellung auch inhaltlich ein großer Vorteil.“

Regulatorik in die Praxis übersetzen

Die zentralen Nachhaltigkeitsziele für die Lieferketten werden bei Bosch über sogenannte Chapter in den weltweiten Einkauf der Geschäftseinheiten gebracht. Die Aufgabe ist keine kleine: Sie reicht von Risikoanalysen für menschenrechtliche und umwelttechnische Fragestellungen bis zu Schulungen der weltweit rund 24.000 Lieferanten. Insbesondere nach der Klimaneutralstellung des Unternehmens im Jahr 2020 arbeitet Bosch derzeit an der weiteren Reduzierung der CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Gemeinsam mit den Lieferanten geht Bosch das Vorhaben an. Das Chapter-Konzept hilft, die komplexe Materie für die Einkaufseinheiten in gut umsetzbare Arbeitspakete zu zerlegen.

Vorgaben gemeinsam entwickeln

„Bosch ist mit seinen Unternehmensbereichen dezentral organisiert, deshalb arbeiten die Zentralfunktionen Nachhaltigkeit und Einkauf mit den Vertretern aus den Geschäftseinheiten gemeinsam an den verschiedenen Themen“, beschreibt Anita Tode das Konzept. Die Chapter sind mit Einkaufsexperten aus den Geschäftsbereichen und mit ganz unterschiedlichen Rollen besetzt. „Ob bei uns eine Person mit Erfahrung aus dem Risiko- und Lieferantenmanagement oder mit einem ganz anderen Hintergrund im Einkauf mitarbeitet, das überlassen wir den Einheiten. Wichtig ist nur, dass diese eine bestimmte Kapazität und Motivation für das Thema zur Verfügung stellen“, erklärt Judith Diem die Vorgaben.

Die agile Organisationsform fördert eine intensive Kommunikation, die zu großen Lerneffekten im Unternehmen führt: „Das ist die vielleicht größte Stärke der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit, wenn es um die nachhaltige Weiterentwicklung von großen Beschaffungsorganisationen geht“, sagt Anita Tode.

Warum trotzdem nicht einfach nur zentrale Vorgaben? Schließlich läuft das in vielen Großunternehmen so. „Ein rein zentraler Ansatz wäre für Bosch mit seiner breiten Aufstellung über verschiedene Branchen und Regionen hinweg nicht zielführend“, erklärt Judith Diem und ergänzt: „Wir brauchten passgenaue Lösungen für verschiedene Geschäftsmodelle, Geschäftseinheiten und Märkte, um gesetzliche Anforderungen umsetzbar zu machen.“

Steile Lernkurve durch engen Austausch

Aktuell arbeiten im Chapter „Corporate Social Responsibility“ fünf Sub-Teams parallel und sequenziell an ihren Themen. „Mit unserem agilen Modell sind wir deutlich schneller als in einem starren Projektrahmen“, meint Judith Diem. Allerdings erfordere die agile Struktur, zumal weltweit ausgerollt, Bereitschaft zur Mitwirkung und in Summe ein ebenso stringentes Vorgehen. „Die Subthemen werden von den Geschäftseinheiten sehr eigenverantwortlich abgedeckt“, erzählt Tode und betont: „Wir bauen auf den eigenständigen Austausch der Kollegen und Kolleginnen.“ Die wichtigsten Entscheidungen werden im regelmäßigen Einkaufsleitermeeting getroffen. Für die hohe Akzeptanz und eine schnelle Umsetzung der Nachhaltigkeitskonzepte sei es laut Diem wichtig, die Vorgehensweisen und konkreten Zielvorgaben gemeinsam zu erarbeiten.

Entscheidend: Messbare Kennzahlen

Die Chapter fungieren seit 2021 als Schnittstelle und Multiplikator in die Geschäftseinheiten und übersetzen die Regelungen zum deutschen Lieferkettengesetz und den unternehmenseigenen Klimazielen in die Praxis. Hinzu kommen Schulungsangebote für den Einkauf sowie Webinare für Lieferanten, die die neuen Anforderungen und Prozesse verdeutlichen. Gemessen wird der Erfolg an Kennzahlen, etwa an einer Überprüfungsquote von Lieferanten bezüglich der Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards, oder in Form der transparenten Darstellung von CO2-Emissionen von Lieferanten in einem Dashboard. „Dass wir CSR und Klimaziele für die Lieferkette so gut messbar gemacht haben, auch das ist ein Erfolg des Chapter-Ansatzes“, betont Judith Diem. Da sich der agile Chapter-Ansatz bewährt hat, soll die Vorgehensweise in Zukunft auch für andere komplexe Themen ihren Einsatz finden.

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