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„Als Partner darf man keine eigene Hidden Agenda verfolgen“

Unternehmenszusammenschluss Einkaufsberater
„Als Partner darf man keine eigene Hidden Agenda verfolgen“

„Als Partner darf man keine eigene Hidden Agenda verfolgen“
Drei Einkaufsberatungen gehen zukünftig gemeinsame Wege. Bild: dzm1try/stock.adobe.com
Unter dem Namen Procurement Excellence Group (PEG) wollen die Dienstleister Durch Vorne denken Consult, Einwerk Consulting und Günzel Consulting künftig als Einheit auftreten und somit auch für größere Kunden interessant werden. Kann ein solches Konstrukt gelingen, ohne dabei das eigene „Gesicht“ zu verlieren? Und was bedeutet das für bestehende und potenzielle Kunden? Wir haben mit den drei PEG-Initiatoren gesprochen.

Sie werfen Ihre Expertise zusammen, bleiben aber jeweils eigenständig. Ist das die Geburt eines neuen Scheinriesen?

Frank Sundermann: Nein. Wir sehen uns als drei Musketiere, gemäß dem Motto „Alle für Einen und Einer für Alle“. Und damit sind wir alles andere als ein Scheinriese. Unser Zusammenschluss ist aber in der Tat ungewöhnlich, weil sich hier drei mittelständische Dienstleister auf Augenhöhe zusammentun. In der Regel schluckt ja eine große Beratung eine kleinere. Das war für keinen von uns eine Option. Wir haben das Ganze seit Monaten sauber ausgearbeitet und gehen nun damit an den Start.

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Frank Sundermann
Bild: Durch Denken Vorne Consult

Ich beobachte immer wieder, dass Dienstleister bzw. eigenständige Berater zwar miteinander über ein neues Konglomerat reden, dieses aber am Ende nicht – oder zumindest nicht lange – auf die Straße bringen. Woran scheitert das Ihrer Ansicht nach?

Heiner Baerecke: Auch ich habe in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass anfangs allerlei gut Gemeintes am Ende doch nicht funktioniert hat. Meist scheitert das Ganze, weil der gute Wille mindestens eines der Beteiligten fehlt oder auch, weil man sich nicht eindeutig über Zuordnung und andere Modalitäten verständigt hat. Und wenn es diese gibt, dann sollte man sich auch daran halten. Ich bin mittlerweile sehr vorsichtig geworden. Umso mehr freut es mich, dass sich jetzt hier drei Experten zusammengetan haben, die unkompliziert und rasch handeln, inhaltlich die gleiche Sprache sprechen und keine Hidden Agenda verfolgen, denn das wäre ansonsten kritisch.

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Heiner Baerecke
Bild: Einwerk Consulting

Sundermann: Ausgangspunkt unserer Überlegungen war, dass wir einen Kundenkreis ansprechen wollen, dem einer allein schon wegen mangelnder Größe nicht hätte gerecht werden können. Wir haben analysiert, wer welche Kunden hat, wie man diese und potenzielle gemeinsam ansprechen könnte, wie Website und Marketing aussehen sollten. Dann erst kamen die Spielregeln dazu. Wer den Teamgedanken in den Vordergrund stellt, braucht keinen Wust an NDA-Erklärungen. Was mich schon während der Gründung unseres Projektes Procurement Excellence Group überzeugt hat, war die pragmatische Herangehensweise jedes Einzelnen. Auch Eheleute fahren in bestimmten Fällen mit einem eindeutig formulierten Vertrag am Ende besser. „Scheidung“ ist ja auch in Ihrem Fall nicht auszuschließen. Wie sieht Ihr Vertrag aus?

Manuel Günzel: Der beschreibt unser methodisches und praktisches Vorgehen. Und natürlich sind dort auch Trennungsszenarien definiert. Wichtig war uns, dass das Ganze einfach, verständlich und eindeutig abgefasst ist. Man braucht dafür wie gesagt keine 50 Seiten, wie das so oft in der Branche der Fall ist.

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Manuel Günzel
Bild: Günzel Consulting

Sie bedienen im Wesentlichen denselben Markt. Wie gleichen Sie Ihre Unternehmensbereiche bzw. Ihre Kernkompetenzen ab?

Sundermann: Es geht bei der PEG nicht um Abgrenzung, sondern um die Verstärkung unserer jeweiligen Portfolios. Wir sind z.B. alle fit im Warengruppen- und Lieferantenmanagement. Mit mehr personeller Power sind wir auch für Dax-Unternehmen interessant, das war früher mit unseren einzelnen Firmen ja nicht immer der Fall. Ich habe bisher auch nichts angenommen, was ich nicht erfüllen konnte. Über die vergangenen 13 Jahre hinweg habe ich gelernt, dass es klare Leistungskonturen braucht und keine Beliebigkeit. Jeder von uns profitiert nun auch von den Stärken des anderen Dienstleistungsunternehmens. Manuel Günzel hat spezielle Expertise in Sachen Qualitätsmanagement, Heiner Baerecke bringt langjährige Erfahrung im Personalmanagement ein. Ich habe Know-how in den Bereichen Produktkostenoptimierung und Digitalisierung.

Günzel: Wir wollen als Einheit wahrgenommen werden. Der Punkt ist, dass wir auch größeren Kunden das gesamte Portfolio aus einer Hand bieten.

Wer läuft wann mit welchem Portfolio los?

Günzel: Es gibt in diesem Fall kein „meins oder deins“. Jeder, der beim Kunden ist, wird die ganze PEG-Bandbreite anbieten. Und dann entscheiden wir, wer konkret vor Ort umsetzt. Die Erfahrung und inhaltliche Nähe zum Kunden zählen.

Wie gehen Sie bei sich überschneidenden Kundenkontakten gleicher Güte vor?

Baerecke: Die haben wir bei drei Kundenstämmen im Mittelstand natürlich. Wir überlegen gemeinsam, wer den besten Draht hat oder auch, wer einen speziellen eigenen Erfahrungshorizont in einer Branche einbringen kann. Ich rede nicht von einem „Man kennt sich“, sondern von konkreten Kontakten bzw. einer bestehenden oder historischen Beziehung. Wenn es Sinn macht, eine zusätzliche Perspektive zu erläutern, werden wir auch zu zweit auftreten. Ansonsten sehen wir vieles pragmatisch: Warum sollte zum Beispiel jemand von uns von München nach Hamburg fahren, wenn ein anderer geografisch näher dran ist? Wir besprechen uns aber mindestens einmal pro Woche.

Wenn Sie im Lift zwei Minuten haben, um einem CEO, CFO oder Einkaufsleiter ihre PEG zu erklären, wofür Sie stehen – wie argumentieren Sie?

Günzel: Das kommt darauf an, welches Unternehmen unser Gegenüber im Lift vertritt. Basis eines jeden Gesprächs ist zunächst unser Vorgehen, das im traditionellen Beratungsgeschäft sonst nur schwer zu finden ist: nämlich praxisorientierte Herangehensweise und „Hands-on“-Mentalität. 

Haben Ihre Sales-Leute das neue Konstrukt schon verinnerlicht?

Sundermann: Die Mitarbeitenden sind seit Beginn der Überlegungen eingebunden. Und natürlich haben wir alle Zielkunden definiert, die wir künftig gemeinsam akquirieren wollen. Jeder in unseren drei Unternehmen weiß, wen er auch im Namen der PEG wie ansprechen soll. Keiner läuft unstrukturiert los.

Werden Sie bei größeren Aufträgen auch Interims hinzuziehen?

Baerecke: Fakt ist, dass wir für Unternehmen, die eine gewisse Komplexität mitbringen, künftig besser aufgestellt sind. Wir gehen davon aus, dass wir neue Projekte mit unseren Bordmitteln stemmen können, und zwar ohne diverse Interims hinzuzuziehen, wie es so mancher Scheinriese tut, um nochmal auf Ihre Eingangsfrage zurückzukommen. Derzeit gibt es Interims wie Sand am Meer am Markt, was auch gut für meinen eigenen Geschäftszweck, die Personalvermittlung, ist. Aber bei PEG-Projekten greifen wir nur auf die Expertise unserer drei Firmen zurück, weil wir hier Perfomance und Vorgehen genau kennen. Und wir setzen auch keine Rookies von der Uni ein, die die Materie nur von der Theorie her kennen und den Kunden üblicherweise unverhältnismäßig viel Geld kosten.

Schwarze Schafe gibt es in der Beraterbranche so einige.

Günzel: In der Tat. Uns geht es auch nicht darum, dem Kunden nur die Hälfte zu erzählen, um dann drei Monate später dort wieder für viel Geld aufzuschlagen. Bei uns stehen Fakten statt Folien im Vordergrund. Vieles lässt sich auch anhand von Excel vermitteln, ohne dass es Folien braucht. Wir stehen für eine Hands-on-Mentalität, die im Übrigen auch so manchem CEO, CFO oder Einkaufsleiter durchaus gut zu Gesicht stände.

Sie haben die PEG nicht in eine rechtliche Gesellschaftsform überführt. Wie regeln Sie die Rechnungsstellung?

Baerecke: Die erfolgt jeweils über eine der Gesellschaften. Das gilt auch für die Haftung. Jeder kennt das Beispiel der Star Alliance im Luftverkehr. Auch dort verstärken sich mehrere Player, ohne ihre Eigenständigkeit, Rechte und Pflichten aufzugeben.

Was raten Sie potenziellen Kunden von Beratungen generell? Worauf sollten diese achten?

Sundermann: Ich rate dazu, auf möglichst pragmatische Unterstützung zu achten und nicht vorrangig auf scheinbare Größe oder einen bekannten Namen zu schauen. Oft werden Beratungen ja von der Geschäftsleitung vorgegeben, das ist aber nicht immer die beste Lösung für denjenigen, der damit auch operativ in den Teams arbeiten muss. Das haben viele Einkaufsleiter leidvoll erfahren, wie wir wissen. Durchlauferhitzer sind schlichtweg die falsche Truppe, und zwar eine teure, die obendrein viel verbrannte Erde hinterlässt. Das ist im Übrigen auch nicht gut für das Image unserer Branche.

Günzel: Man sollte sich im Vorfeld einer Auftragserteilung unbedingt selbst bei Referenzkunden erkundigen und erst dann eine Einordnung vornehmen. Ich rate auch zu fragen, welchen Einkaufshintergrund ein Berater mitbringt. Wer vor der Beratertätigkeit selbst in Einkauf, Supply Chain Management oder in der Logistik gearbeitet hat, ist im Zweifel auch als temporärer Dienstleister beim Kunden vor Ort der Verständigere. Beispiel: Was eine Warengruppenstrategie bedeutet, kann eigentlich jeder in Fachbüchern nachlesen, aber die Umsetzung vor Ort und das Mitnehmen der Beteiligten ist eine ganz andere Nummer. Hier sind Empathie, Verständnis und Ausdauer gefordert.

Wo sehen Sie die dringlichsten Handlungsfelder?

Sundermann: Die größten Engpässe sehen wir nicht etwa bei der Versorgung des Unternehmens, sondern bei der Belegschaft. Wenn man nichts für sie tut, fällt einem das ganz schnell vor die Füße. Unabhängig von klassischen Trainings muss auch Transformationsprozess an den in- und ausländischen Standorten begleitet werden. Es reicht nicht, ein Konzept durchzupeitschen und dann darauf zu hoffen, dass prompt alles wie am Schnürchen klappt.

Baerecke: Verantwortungsvolle Beratung bedeutet gemeinsames Umsetzen. Theoretische Konzepte sind das eine, aber vor Ort ist rasches, pragmatisches Vorgehen wichtig. Es wird immer Friktionen geben, sei es aus pekuniären oder menschlichen Gründen. Erfahrung und Empathie sind für einen Berater unerlässlich. Einkauf und Supply Chain Management stehen angesichts der immer großer werdenden Risikolandschaft vor immer umfangreicheren Aufgabenstellungen – oder auch Herausforderungen, wie es so schön heißt. Die Digitalisierung hilft – aber nur demjenigen, der versteht, sie auch gewinnbringend einzusetzen. Das gilt für den Mittelstand ebenso wie für große Unternehmen. Und für beide Sektoren haben wir mit der PEG durch den Zusammenschluss entsprechende Konzepte. Auch Beratungen müssen sich anpassen.

Die Fragen stellte Sabine Ursel, freie Journalistin.


Procurement Excellence Group (PEG)

Gemeinsames Auftreten von …

  • Durch Denken Vorne Consult (Hilden)
    seit 2010 aktiv
    Gründer: Frank Sundermann
  • Einwerk Consulting (Bonn)
    seit 2017 aktiv
    Gründer: Heiner Baerecke
  • Günzel Consulting (München)
    seit 2013 aktiv
    Gründer: Manuel Günzel

Bereiche: Beratung, Personalmanagement/Interimsmanagement, Trainings

  • Cost Engineering
  • Digitalisierung Einkauf
  • Einkaufsbündelung
  • Einkaufscontrolling
  • Einkaufsorganisationsentwicklung
  • Lieferantenmanagement
  • Nachhaltigkeit im Einkauf
  • Qualitätsmanagement
  • Risikomanagement
  • Supply Chain Management
  • Umgang mit Versorgungsengpässen
  • Warengruppenmanagement
  • Wertanalyse

www.pegroup.info

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