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Wasserstoff: Linde Material Handling nimmt eigene Infrastruktur mit Tankstation in Betrieb

Grüner Wasserstoff für den innerbetrieblichen Materialfluss
Wasserstoff: Linde MH nimmt eigene Infrastruktur in Betrieb

Mit einer eigenen Infrastruktur produziert Linde Material Handling (MH) grünen Wasserstoff und versorgt damit 21 Brennstoffzellenstapler der Werksflotte. Am 11. Mai wurden Anlage und Fahrzeuge am Standort Aschaffenburg in Betrieb genommen. Rund 2,8 Millionen Euro flossen in die Planung und Errichtung der Wasserstoffinfrastruktur.

„Das Thema Energie entwickelt sich zu einer der großen Herausforderungen dieser Dekade und darüber hinaus“, sagte Stefan Prokosch, Senior Vice President Brand Management Linde Material Handling, anlässlich der Eröffnungsfeier. „Bei der Suche nach möglichen Lösungen sehen wir Wasserstoff als eine Option im Energiemix der Zukunft.“

Das gelte nicht zuletzt für Anwendungen in der Intralogistik. Denn neben der potenziellen Klimaneutralität sei vor allem das schnelle Betanken der Flurförderzeuge mit Wasserstoff bei intensiven Mehrschichteinsätzen ein Vorteil. „Eine dreiminütige Betankungszeit entspricht einer vergleichbaren Ladeleistung von ca. 480 kW“, verdeutlichte Prokosch.

Darüber hinaus könne der Energieträger bei einer zukünftig stärkeren Nutzung regenerativer Energiequellen als Energiespeicher fungieren, um beispielsweise mittels Photovoltaik oder Windkraft erzeugten Strom zwischenzuspeichern.

„Wir wollen die gesamte Bandbreite an Energieversorgungslösungen im Portfolio haben, um unseren Kunden die für sie beste Lösung anzubieten. Mit dieser Strategie bleiben wir zudem flexibel und sind offen für unterschiedliche Entwicklungen. Denn: Keiner weiß heute so genau, wohin die Reise am Ende tatsächlich geht“, erklärte der oberste Markenverantwortliche.

Weg zum Wasserstoffproduzenten und -anwender

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Betankung des Brennstoffzellenstaplers.
Bild: Linde MH

Die Produktionsanlage entstand in einer Bauzeit von elf Monaten auf einer 280 qm großen Bestandsfläche an einer verkehrsgünstigen Stelle innerhalb des Fertigungs- und Montagewerks. Die Investition wird durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert, durch die Now GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.

Rund 50 Subunternehmen waren unter der Regie des Generalunternehmers Covalion, einer Marke der Framatome, und der Bauabteilung von Linde MH an der Errichtung der Wasserstoffinfrastruktur beteiligt.

„Mit der Inbetriebnahme von Anlage und Staplern werden wir selbst zum Wasserstoffproduzenten und -anwender und bauen damit unser technologisches Know-how weiter aus. Davon profitieren auch unsere Kunden. Denn die Erfahrungen, die wir bei Planung, Errichtung und Betrieb der Anlage sowie dem Einsatz der Brennstoffzellenstapler machen, geben wir bei zukünftigen Materialflussprojekten an diese weiter“, erklärte Prokosch.

Energietransformation im Non-Road-Bereich

Kurt-Christoph von Knobelsdorff, CEO und Sprecher der Now GmbH: „Leuchtturmprojekte wie das von Linde Material Handling sind für den weiteren Hochlauf der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie von großer Bedeutung. Sie zeigen, was in der Intralogistik bereits möglich ist, und sie machen klar, dass die Transformation in Richtung Klimaneutralität auch im Non-Road-Bereich Fahrt aufgenommen hat. Die Unternehmen, die hier vorangehen und ihre Erfahrungen in Netzwerken wie dem Clean Intralogistics Net austauschen, profitieren schon heute und sichern damit ihre Erfolge weit über morgen hinaus.“

Michael Kraus, Projektleiter von Framatome (Covalion): „Die Projektplanung und der Anlagenbau haben insgesamt zirka drei Jahre in Anspruch genommen – und wir durften Linde Material Handling vom ersten gemeinsamen Treffen bis hin zum Genehmigungsverfahren und der ersten Betankung der Flurförderzeuge begleiten. Wir haben eng mit den Projektverantwortlichen zusammengearbeitet, um die individuellen Anforderungen des Projekts zu erfüllen und die beste Lösung zu finden.“

Eine Fülle an Technik in unscheinbaren Containern

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Herzstück der Anlage ist ein PEM-Elektrolyseur.
Bild: Linde MH

Die Anlagenteile der Wasserstoffinfrastruktur verteilen sich auf mehrere Module. Herzstück ist ein PEM(Polymer-Elektrolyt-Membran)-Elektrolyseur, der auf eine Produktionsmenge von 50 Kilogramm Wasserstoff pro Tag eingestellt ist. Hier wird gereinigtes und deionisiertes Trinkwasser mithilfe von grünem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt.

In einem weiteren Container wird der Wasserstoff stufenweise auf 450 bar komprimiert und gelangt anschließend über Rohrleitungen und Ventile in die Hochdruckspeicher. Ein softwaregesteuertes Ventilsystem regelt die Zuleitung zum Dispenser, der Zapfsäule. Hier schließen die Mitarbeiter die Fahrzeuge mit wenigen Handgriffen an. Der Hochdruckspeicher ist so ausgelegt, dass er bei 450 bar bis zu 120 Kilogramm Wasserstoff speichern kann, um Abnahmespitzen durch vermehrtes Tanken zum Schichtwechsel abzudecken.

Emissionsfreier Betrieb mit Brennstoffzellenstaplern

Die insgesamt 21 Elektrogegengewichtstapler mit Brennstoffzellenhybridsystem, davon zwölf Linde E50 mit 5 Tonnen Tragfähigkeit sowie neun Linde E35 mit 3,5 Tonnen Tragfähigkeit, ersetzen bisher eingesetzte Modelle mit Verbrennungsmotor. Als Teil der Werksflotte übernehmen sie unter anderem das Be- und Entladen von Lkw und die Versorgung der Montagebänder mit großen und schweren Komponenten wie beispielsweise Gegengewichten, vormontierten Rahmen oder Fahrerkabinen.

„Die Fahrzeuge stoßen im Betrieb keine Emissionen aus“, hob Prokosch hervor. Im Brennstoffzellensystem des Flurförderzeugs reagieren der Wasserstoff und der Sauerstoff der Umgebungsluft. Die erzeugte elektrische Energie lädt eine Lithium-Ionen-Batterie auf, die den Stapler antreibt. „Nebenprodukte“ sind lediglich Wasser und Wärme.

Die Erzeugung und Nutzung des Wasserstoffs erfolgt unmittelbar dort, wo Intralogistik im Betrieb stattfindet. Neben den Linde-Staplern kommen weitere technische Lösungen des Unternehmens zur Anwendung:

  • Die explosionsgeschützte Zugangskontrolle der Flottenmanagemensystem „Linde:connect“ sorgt dafür, dass nur berechtigte und geschulte Personen die Wasserstoffanlage benutzen können.
  • Das Ex-geschützte Sicherheitsassistenzsystem „Safety Guard“ am Dispenser und in den Fahrzeugen reduziert automatisch die Geschwindigkeit der Stapler im Umfeld der Tankstelle.
  • Die Energiemanagementlösung „Linde Energy Manager“ soll eine intelligente Planung und Steuerung des Energiebedarfs am gesamten Standort ermöglichen, Stromlastspitzen vermeiden und der Kostenoptimierung dienen.

Wasserstoff bei Linde MH

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Die Produktionsanlage befindet sich auf einer 280 qm großen Bestandsfläche an einer verkehrsgünstigen Stelle innerhalb des Fertigungs- und Montagewerks in Aschaffenburg.
Bild: Linde MH

Bereits im Jahr 2000 entstand bei Linde MH der erste voll einsatzfähige Staplerprototyp mit Brennstoffzellenantrieb. Seit 2010 sind die Brennstoffzellenstapler in die Serienproduktion integriert und Stand heute können 80 Prozent der Baureihen, darunter Gegengewichtstapler, Schlepper und Hochhubwagen, als „kundenspezifische Lösung“ mit H2-Antrieb bestellt werden.

In Studien und Projekten zeigte Linde MH mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft, unter welchen Voraussetzungen Brennstoffzellenstapler marktfähig und heute schon wirtschaftlich sind. Das sind insbesondere dann gegeben, wenn vor Ort bereits eine Wasserstoffinfrastruktur vorhanden ist oder hochreiner Wasserstoff als Abfallprodukt im betrieblichen Prozess anfällt.

Infrage kommen Brennstoffzellenstapler zudem im Mehrschichtbetrieb mit hohen jährlichen Betriebsstunden im Innenbereich oder bei begrenzten Flächen für Lade- oder Batteriewechseleinrichtungen.

Produktion eigenen Brennstoffzellensysteme

Parallel zum Bau der Wasserstoffinfrastruktur in Aschaffenburg wird die Entwicklung und Produktion von eigenen Brennstoffzellensystemen im Mutterkonzern, der Kion Group, vorangetrieben. Zur Messe Logimat stellte Linde MH das erste eigene 24-Volt-System für Lagertechnikgeräte vor, welches am Standort Aschaffenburg entwickelt wurde. Für die Entwicklung eines 48-Volt-Brennstoffzellensystems liegt bereits ein genehmigter Förderbescheid vor und das Team arbeitet an der Umsetzung.

„Indem wir die Entwicklung von Brennstoffzellensystemen und Lithium-Ionen-Batterien ins Haus geholt haben, bietetbm sich zukünftig auch die Chance, eigene, vollintegrierte Brennstoffzellenhybridsysteme zu konzipieren, die genau auf die Anforderungen von Flurförderzeugen zugeschnitten sind“, skizzierte Prokosch. (ys)

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