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Brennpunkt Rotes Meer – Frachtraten steigen rapide

Meinung
Brennpunkt Rotes Meer – Frachtraten steigen rapide

Brennpunkt Rotes Meer – Frachtraten steigen rapide
Der Autor: Prof. Dr. Robert Fieten, wissenschaftlicher Berater der BA, Köln

„Die Inflation geht zurück, nicht zuletzt weil sich die Lieferketten normalisieren.“ Dies war eine der nicht gerade zahlreichen guten Nachrichten im vergangenen Jahr. Doch seit November 2023 gibt es im wahren Sinne des Wortes heftige Störfeuer im Roten Meer. Der Gaza-Konflikt war Anlass für spektakuläre Attacken der jemenitischen vom Iran unterstützten Huthi-Miliz auf Frachtschiffe. Rund zwanzig Schiffe sind bis Anfang Januar im Roten Meer von Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen beschossen worden. Vor diesem Hintergrund formiert sich unter Führung der USA eine internationale Marinemission unter dem bezeichnenden Namen „Operation Prosperity Guardian“. Diese soll dem militärischen Schutz der Schifffahrt dienen. Deutschland wird hieran mitwirken.

Immerhin gehen 12 Prozent des Welthandels und ein Drittel des Containerverkehrs durch den Suezkanal und das Rote Meer. Diese Route verbindet Europa mit Asien, Afrika und Australien. Transportiert werden Öl, Flüssiggas und Konsumgüter aus Fernost. Auf der Route macht zurzeit die 27 Kilometer lange Meerenge Bab al-Mandab („Tor der Tränen“) ihrem Namen alle Ehre. Die globale Schifffahrt ist dort zurzeit massiv gestört und bedroht.

Die Versicherungsgesellschaften haben die Risiken einer Befahrung des Roten Meeres bereits überdeutlich eingepreist. Sie wenden jetzt den Kriegstarif an. Die Reedereien haben auf die neue Lage reagiert: Sie wählen die alternative Route um das Kap der Guten Hoffnung. Diese Route ist rund 6000 Kilometer länger als die durch den Suezkanal. Damit verbunden sind erheblich höhere Treibstoffkosten, mehr Schadstoffausstoß und Zeitverzögerungen von bis zu drei Wochen.

Marktbeobachter stellen fest, dass die längere Seeroute um Afrika die Verfügbarkeit an Schiffen deutlich eingeschränkt habe. Dies habe auch dazu geführt, dass die Frachtraten sich seit Anfang November 2023 bis Ende Januar 2024 vervierfacht hätten. Laut Drewry World Container Index betrug am 2. November 2023 die durchschnittliche Frachtrate für einen Standard 40-Fuß-Container auf der Route Shanghai-Rotterdam 1048 US$. Am 25. Januar 2024 waren es 4984 US$. Gleichwohl wird von Experten nicht erwartet, dass es zu einer ähnlichen Explosion der Frachtraten wie in Coronazeiten kommen wird, denn die Reeder hätten ihre außergewöhnlichen Gewinne während der Pandemie in neue Schiffe investiert und dadurch latente Überkapazitäten in der globalen Schifffahrt geschaffen. Dies gelte umso mehr, als die Weltwirtschaft in 2024 nur sehr verhalten wachsen werde. Insofern dürfte es wohl nicht zu einem ähnlichen Lieferketten-Chaos kommen wie zu Pandemie-Zeiten.

Dennoch sind die wirtschaftlichen Konsequenzen der vermutlich noch länger andauernden Störungen der internationalen Schifffahrt nicht gering zu schätzen. So könnten laut Oxford Economics die höheren Frachtraten rund 0,6 Prozentpunkte zur Inflation in der Welt beitragen. Dies könnte wiederum die erwarteten Zinssenkungen der Notenbanken und die Erholung der Wirtschaft deutlich verzögern. Für die Einkäufer ist es daher in 2024 unverzichtbar, die Entwicklungen der internationalen Schifffahrt permanent zu verfolgen.

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