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Optimierung von Kunden-Lieferanten-Beziehungen

Praxisbeispiel
Optimierung von Kunden-Lieferanten-Beziehungen

Im Rahmen des Lieferantenmanagements bei Siemens werden ausgewählte Lieferanten mit aktiver Unterstützung durch eine professionelle Lieferantenberatung bei ihren Verbesserungsbemühungen unterstützt. Dabei werden kurzfristig Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität, der Logistik und der Kosten erarbeitet und unmittelbar im Projekt umgesetzt.

Projektergebnis ist die Senkung der Kosten um ca. 15%, bezogen auf das untersuchte Einkaufsvolumen. Grundsätzlich ist für die Lieferantenberatung weniger die Höhe des Einkaufsvolumens entscheidend, als der gemeinsame Wille von Kunde und Lieferant, die Lieferbeziehung zu verbessern. Das macht die Lieferantenberatung insbesondere für mittelständische Unternehmen zum interessanten Lösungsansatz. Siemens bewertet im Rahmen des Lieferantenmanagement-Programmes alle wichtigen Lieferanten durch die Funktionen Einkauf, Logistik, Qualität und Technik.

Diese Lieferantenbewertungen sowie das Einkaufsvolumen und die strategische Bedeutung des Lieferanten sind entscheidend für die Festlegung der Lieferantenstrategie, das heißt für das weitere Vorgehen gegenüber dem Lieferanten. Ein besonderes Problem sind dabei diejenigen Lieferanten, die zwar schlecht bewertet wurden, aber ein hohes Einkaufsvolumen oder eine hohe strategische Bedeutung haben. Nahezu jeder Einkauf kennt derartige schlecht bewertete Lieferanten, die für den Erfolg des Unternehmens zumindest kurzfristig wichtig sind. Das folgende Praxisbeispiel zeigt, welchen Beitrag eine Lieferantenberatung bei der Verbesserung solcher Problemlieferanten leisten kann.
Ausgangslage
Der im Praxisbeispiel zugrundeliegende Lieferant ist ein mittelständisches Unternehmen in der Automatisierungstechnik und liefert komplexe elektronisch-mechanische Produkte, die in diverse Anwendungen des Kunden integriert werden. Er hat eine hohe technische Kompetenz und die Preissituation ist wettbewerbsfähig. Die Bewertungen des Lieferanten zeigen jedoch insbesondere auf dem Gebiet der Qualität und Liefertermintreue erhebliche Schwächen, die bereits soweit gehen, dass Nacharbeitsmaßnahmen, Zusatzprüfungen und Produktionsstillstände zu erheblichen Mehrkosten geführt haben. Die Situation spiegelt sich in der Restricted-Bewertung des Lieferanten wider (Bild 1).
Grundsätzlich ist für die Akzeptanz einer Lieferantenberatung immer die wechselseitige Abhängigkeit zwischen Kunde und Lieferant entscheidend. Im konkreten Fall beträgt das relevante Einkaufsvolumen nur 1,5% des Umsatzes des Lieferanten. Aufgrund der technischen Integration der Lieferantenprodukte in die Serienprodukte ist der Kunde tendenziell vom Lieferanten technologisch abhängig, was sich in der strategischen Bedeutung des Lieferanten niederschlägt. Bild 2 charakterisiert die Gesamtsituation.
Zusammenarbeit Kunde – Lieferant
Ein Lieferantenberatungsprojekt erfordert ein Vertrauensverhältnis zwischen Kunde, Lieferant und den eingesetzten Beratern. Im Falle des betrachteten Lieferanten wurde die Beratung durch den Kunden initiiert und stieß beim Lieferanten aufgrund der schlechten Lieferperformance auf hohe Bereitschaft. Zum Projektstart wurde eine detaillierte Vereinbarung zwischen Lieferant, Kunde und Beratern geschlossen, die folgende Punkte – auch für zukünftige Projekte – geregelt hat:
–Vertraulichkeit: Alle Daten des Lieferanten (insbesondere Kosten, Kalkulationen und Personal) bleiben bei den Beratern und werden nur in Abstimmung mit dem Lieferanten an den Kunden weitergegeben.
–Potential- und Aufwandsteilung: Die erarbeiteten Potentiale werden zwischen Lieferant und Kunden im Verhältnis 1/3 zu 2/3 geteilt, dafür trägt der Kunde die Beraterkosten.
–Projektorganisation und Teamzusammensetzung: Der Lieferant hat ein Team von Mitarbeitern zusammengestellt, das durch zwei Berater ergänzt wurde. Das Team hat im Projektverlauf mehrfach an einen Lenkungsausschuss berichtet, der mit dem Geschäftsführer des Lieferanten und dem Einkaufsleiter des Kunden besetzt war.
–Vorgehen: Das Vorgehen, der Zeitrahmen und der Aufwand für Lieferant, Kunde und den Beratereinsatz wurden vorab detailliert festgelegt.
Diese Vereinbarung war entscheidend für den Projekterfolg und ist Grundlage für eine weitere positive und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Projektablauf
Das Projekt dauerte ca. drei Monate, wobei nach jeder Projektwoche ca. zwei bis drei Wochen Pause vereinbart wurden. Diese Unterbrechungen ermöglichten die Abarbeitung von „Projekt-Hausaufgaben“ und sorgten dafür, dass das Tagesgeschäft beim Lieferanten nicht zu stark unter dem Projekt gelitten hat. Bild 3 gibt einen Überblick über den Projektablauf.
Projektstart Kundenseite:
Nach Übereinkunft zwischen Kunde und Lieferant wurde das Projekt mit einer zweitägigen Analyse im Einkauf des Kunden gestartet. Dabei wurde mit den vorhandenen Daten ein konkretes Bild der Situation aufgebaut. Grundlage sind Historiendaten über Lieferverzug, Qualitätsmängel (Art und Häufigkeit), aus Kundensicht dargestellt. Auf dieser Basis wurden in einem gemeinsamen Gespräch durch den Einkaufsleiter die Ziele für das Projekt festgelegt:
–deutliche Reduzierung der Fehler im Wareneingang im Zeitraum von 4 Monaten,
–bei gleichzeitiger Preisreduzierung um 5%,
–stufenweise Verbesserung der Liefertermintreue auf > 70% nach 5 Monaten und 95% nach 7 Monaten.
Erste Projektphase beim Lieferanten:
Nach dem offiziellen Kick-off beim Lieferanten wurde mit den Know-how-Trägern des Lieferanten als Ausgangslage für die Einsparungsberechnung eine Basiskalkulation für die betroffenen Produkte aufgebaut, die sogenannte Null-Linie. Diese bildete den Entstehungsprozess der Produkte in einem hohen Detaillierungsgrad ab. Nach strukturiertem Aufbau und Auswertung der Produktkalkulation zeigte sich auch zur Überraschung des Lieferanten, dass unter den zu diesem Zeitpunkt existierenden Bedingungen bereits ohne Gewinn gearbeitet wurde.
An der Null-Linie wurden im weiteren Projektverlauf alle Einsparungen gemessen. Diese musste deswegen von Kunde und Lieferant als Projektbasis anerkannt und unterschrieben werden. Grundlage dafür ist die Bereitschaft des Lieferanten, seine Kalkulation offen zu legen. Das setzt eine faire Projektabwicklung und die detaillierte Vertraulichkeitsvereinbarung über die Tiefe der Kalkulationsdaten und deren Verteilung/Weitergabe an Kunden, Mitarbeiter und Berater voraus.
Kernphase:
Im Mittelpunkt der Kernphase stand die Erarbeitung und Umsetzung von Maßnahmen in drei Fertigungslinien (zwei Vorfertigungen, eine Montage) mit Hilfe der KVP-Methodik (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess). Daneben wurden in einer Kaufteilpreisanalyse die wesentlichen Einkaufsteile des Lieferanten analysiert. Der dritte Optimierungshebel, die Entfeinerung des Produktes wurde bei zwei Produktteilen angewandt. Bild 4 gibt einen Überblick über die Optimierungsfelder. Entscheidend ist die Fokussierung auf diejenigen Prozessstrecken, Einkaufsteile und Produktbestandteile, die in Kundenprodukte einfließen.
Zu Beginn jeder Phase standen halbtägige Schulungen aller betroffenen Mitarbeiter, um die angewandte Methodik zu vermitteln. Schulungsinhalte waren Grundgedanken und Prinzipien von KVP sowie Fehler-/Ursachenerkennung, um auch das Potential der Ausschussreduzierung in vollem Umfang ausschöpfen zu können.
In gemischten Arbeitsteams wurden anschließend alle Bauteile, Fertigungs- und Prüfschritte auf ihr mögliches Verbesserungs- und Einsparungspotential hin durchleuchtet und so Maßnahme für Maßnahme entwickelt und bewertet, bis schließlich eine Liste von über 100 Verbesserungsvorschlägen vorlag. Die Projektarbeit erfolgte dabei weitgehend im Prozess mit Meistern, Vorarbeitern und Maschinenbedienern.
Projektergebnisse:
Im Anschluss an die Priorisierung und Sortierung wurden die Maßnahmen unter Begleitung und Koordination der Berater bewertet und umgesetzt. Am Ende des Projektes – nur drei Monate nach Projektstart – waren 40 der 107 Maßnahmen bereits umgesetzt, 20 befanden sich in der Umsetzung. Für weitere 31 Maßnahmen war eine Freigabe bzw. Prüfung durch den Lieferanten oder Siemens notwendig. Beispiele für Maßnahmen sind die Optimierung einer Stanzmaschine mit dem Ergebnis, dass der Nutzen von 12 auf 17 Stück je Platte erhöht und der Abfall entsprechend reduziert werden konnte. Auch die Zusammenlegung von Arbeitsschritten und die Einführung des Ziehprinzips in einem Montagebereich sind Beispiele, die in der dreimonatigen Projektlaufzeit realisiert wurden. Bild 5 gibt einen Überblick über die Maßnahmen.
Die daraus bewertbaren und berechenbaren Einsparungen ergaben bereits eine Kostensenkung von 18% gegenüber der Null-Linie. Zu diesem Zeitpunkt war die anvisierte Einsparung von 5% weit übertroffen. Die Qualität hat sich in der Projektlaufzeit ebenso erheblich verbessert, wobei die Erreichung des Zieles zu Projektende kurz bevor stand. Mehr als 40% der Maßnahmen hatten direkt eine Qualitätsverbesserung bzw. Fehlervermeidung zum Ziel.
Den positiven Ergebnissen steht ein Gesamtaufwand von 45 Beratungs-Manntagen gegenüber sowie ca. 50 Manntagen beim Lieferanten. Bild 6 fasst die Ergebnisse zusammen.
Resümee
Sowohl Siemens als auch der Lieferant zeigten sich von dem Ergebnis nach drei Monaten positiv überrascht. Die erzielten Kosteneinsparungen haben die Erwartungen übertroffen, eine deutliche und nachhaltige Entspannung der Qualitätssituation war zu erkennen. Bei der Liefertreue zeichnete sich zwar eine Verbesserung ab, aber auf Grund der aufgelaufenen Problemfälle trat hier die Normalisierung erwartungsgemäß mit einer zeitlichen Verzögerung ein.
Nach Änderungswünschen für ein Wiederholungsprojekt gefragt, wurde vom Lieferanten die Bereitschaft zur Übernahme eines Teiles der Beratungskosten genannt, bei gleichzeitig höherer Beteiligung am erarbeiteten Kostensenkungspotential. Die Methodik und Vorgehensweise, wie sie während des Projektes vermittelt wurde, würdigte der Lieferant als durchweg positive Erfahrung.
Vertiefendes Material über Lieferantenmanagement und Hinweise zur Einführung auf Anfrage unter Fax-Abruf 0 89/92 21-83 97
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