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Logistik: Nachhaltige Frachtausschreibungen

Erfolgsfaktoren für umweltfreundliche Transportlösungen
Grüne Chance: Nachhaltige Frachtausschreibung

Unternehmen wie der Spirituosenkonzern Pernod Ricard setzen auf innovative Ansätze, um Nachhaltigkeitskriterien in ihre Frachtbeschaffung zu integrieren. Entsprechende Beschaffungssoftware ermöglicht eine effiziente Datenerfassung und die Auswahl umweltfreundlicher Transportpartner.

Nachhaltigkeit ist seit geraumer Zeit fester Bestandteil des Geschäftsjargons im Transportsektor. Ein Grund dafür sind die immer strengeren Vorschriften und die steigenden Anforderungen an das Emissionsmonitoring. So gelten etwa seit 5. Januar 2023 die Europäischen Normen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards, ESRS). Darin sind im Umweltbereich fünf themenbezogene Berichtsstandards vorgesehen. Einer davon (ESRS E1) enthält Berichtsanforderungen zu Klimaschutz, Klimaanpassung und Energie. Ein anderer Standard (ESRS E2) enthält Berichtsanforderungen zur Umweltverschmutzung, insbesondere zur Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden. Für ESRS-berichtspflichtige Firmen ist es wichtig zu verstehen, welche Daten benötigt werden und Mittel zur Erhebung dieser Daten zu finden. Selbst wenn eine Firma selbst nicht berichtspflichtig ist, so werden ihre Partner oder Auftraggeber voraussichtlich Informationen von ihr anfordern, die sie in ihre eigenen Berichte aufnehmen müssen. Denn die ESRS-Berichterstattung ist so konzipiert, dass sie Informationen über die gesamte Wertschöpfungskette erfordert.

Modernisierung der Frachtbeschaffung

Die Frachtausschreibung kann dabei der Ausgangspunkt für eine effiziente Datenerfassung mit Hinblick auf das ESRS-Reporting sein. Denn nicht alle Faktoren, die den Umfang der Güterverkehrsaktivitäten und die daraus resultierenden Treibhausgasemissionen beschreiben unterliegen der direkten Kontrolle eines berichtspflichtigen Unternehmens. Deshalb sollte schon in der Frachtausschreibung auf die Notwendigkeit der Datenerhebung hingewiesen werden. Im Idealfall sollten Firmen ihre eigenen Methoden zur Emissionsberechnung verwenden und ihre Ausschreibungskriterien nahtlos in die Frachtbeschaffungssoftware integrieren können, damit sie ein natürlicher Bestandteil des Analysedatensatzes sind. Durch Prozessoptimierung und mithilfe der richtigen Kriterien für Emissionen können Beschaffungsexperten also schon vor der Auftragsvergabe dafür sorgen, dass ihre Firma den gesetzlichen Anforderungen nachkommt.

Eine Firma, die das schon vor der Einführung von ESRS praktizierte ist Pernod Ricard, einer der weltweit größten Hersteller von Weinen und Spirituosen. Dazu zählt auch die Marke Absolut Vodka, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die CO2-Emissionen der Transporte von der Produktion zum Lager bis zu reduzieren. Dabei hilft eine SaaS-Frachtbeschaffungslösung, mit der Beschaffungsvorgänge modernisiert, Frachtausgaben optimiert und nachhaltigere Transportlösungen gefunden werden können.

Im Jahr 2019 entschied sich das Unternehmen bei der Suche nach Lastkraftwagen für den Transport von Fertigwaren zwischen Åhus und drei anderen Standorten in Schweden für die Beschaffung von Fahrzeugen, die mit fossilfreiem Kraftstoff betrieben werden – insbesondere HVO-Kraftstoff (Hydrotreated Vegetable Oils). Dieser ist mit Dieselmotoren und -maschinen kompatibel und wird aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Im Vergleich zu herkömmlichem Diesel oder Biodiesel reduziert HVO-Kraftstoff die Treibhausgasemissionen um bis zu 90 Prozent. Absolut Vodka erstellte separate Strecken in der Ausschreibung in der Frachtbeschaffungssoftware, in denen die Spediteure nur dann ein Angebot abgeben konnten, wenn sie spezifische HVO-Daten lieferten. Da es verschiedene HVOs gibt wurden die Anforderungen über die Software veröffentlicht. So durften beispielsweise nur HVOs verwendet werden, die kein PDAF (Palmy Fatty Acid Distillate) enthalten, das ein Nebenprodukt aus der (nicht als nachhaltig eingestuften) Palmölproduktion ist. Auch andere Kriterien, die mit den Nachhaltigkeitszielen des Unternehmens übereinstimmen, wurden definiert und im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens von den Spediteuren abgefragt, zum Beispiel Daten zu CO2-Emissionen und die Verwendung von Motoren der Euroklasse 6.

Vergleich von Lösungen
mit und ohne HVO

Um die Kosten- und CO2-Unterschiede dieser neuen Lösungen zu verstehen nahm Absolut zwei verschiedene Strecken in die Ausschreibung auf, damit die Spediteure sowohl einen normalen Lkw als auch einen HVO-Lkw zum Vergleich anbieten konnten. Die Flexibilität der Plattform ermöglicht es, relevante Nachhaltigkeitskriterien genau zu definieren und dann diejenigen Spediteure auszuwählen, die diese Kriterien erfüllen.

Künftige Containerausschreibungen werden die Routen und Transitzeiten einzelner Schifffahrtslinien bewerten sowie das Serviceniveau, die Anzahl der Umschlaghäfen auf jeder Route und die Unterschiede bei den CO2-Werten. Diese Informationen können in der Frachtbeschaffungsplattform erfasst und verglichen werden, um neue Lösungen für bestimmte Strecken zu finden. Betrachtet man zum Beispiel verschiedene Optionen für den Transport nach Shanghai, so kann die Transitzeit für einen Spediteur mit zwei Umschlaghäfen 49 Tage betragen. Ein anderer Spediteur hat vielleicht weniger Umschlagshäfen oder eine kürzere Transitzeit, was die CO2-Emissionen reduzieren würde. Absolut kann sich dann bewusst für den Spediteur entscheiden, der auf lange Sicht eine bessere Umweltbilanz aufweist.

Als Absolut eine Frachtbeschaffungssoftware einführte, um HVO-Transportmöglichkeiten in Schweden zu vergleichen wusste die Firma, dass die Frachtkosten steigen würden. Mithilfe der Software konnte sie aber sicherstellen, dass sie den Marktpreis für das von ihr geforderte Serviceniveau zahlen würde. Die Einführung nachhaltiger Praktiken im Transport- und Beschaffungswesen von Absolut wurde unterstützt, weil Nachhaltigkeit eine der strategischen Top-down-Initiativen von Pernod Ricard ist.

Verlader sind bereit, für umweltfreundlichere Alternativen zu zahlen oder sie zumindest in Betracht zu ziehen – solange sie alle Optionen vergleichen können. Nachhaltigkeitskriterien sollten deshalb bereits in den Beschaffungsprozess einbezogen werden. Dadurch können alle verfügbaren Optionen und ihre Auswirkungen schon vor der Auftragsvergabe beurteilt werden. Die richtige Beschaffungssoftware ist dabei ein entscheidender Bestandteil des strategischen Beschaffungsmanagements und ein Instrument für das Gewinnen von Wettbewerbsvorteilen. Zudem bildet sie die Basis langfristiger Partnerschaften mit Lieferanten.


Bild: Alpega

Benoît Gruber

ist Director of Product Marketing TMS bei Alpega TMS.

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