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Schweres Erdbeben in der Türkei und Syrien verursacht Störungen in Logistik und Wirtschaft

Störungen in Logistik und Wirtschaft
Erdbeben in der Türkei: Auswirkungen auf die Wertschöpfungsketten

Erdbeben in der Türkei: Auswirkungen auf die Wertschöpfungsketten
In der Türkei ereignete sich am frühen Morgen des 6. Februar 2023 ein sehr schweres Erdbeben. Die Katastrophe forderte Tausende Tote und verursachte in der gesamten Region umfangreiche Infrastrukturschäden. Bild: VLRS/stock.adobe.com

Der Süden der Türkei und der Norden Syriens wurden am 6. Februar von einem schweren Erdbeben heimgesucht. Die Katastrophe kostete Tausende Menschenleben und verursachte in der gesamten Region umfangreiche Infrastrukturschäden. Die Auswirkungen auf die Wertschöpfung sind enorm und es ist unwahrscheinlich, dass die Störungen in Lieferketten angesichts der strukturellen Schäden kurzfristig nachlassen werden. Eine Analyse von Everstream Analytics, Spezialist im Bereich Risikoanalyse und Risikomanagement für Lieferketten.

Erdbebenkarte des GFZ mit den Markern der Erdbeben (Magnitude 5,0 bis 7,7) am 6.Februar 2023 (Stand: 17:00) im Südosten der Türkei.
Erdbebenkarte mit den Markern der Erdbeben (Magnitude 5,0 bis 7,7) am 6.Februar 2023 (Stand: 17:00) im Südosten der Türkei. Bild: GFZ GEOFON, 2023

Nördlich von Gaziantep im Süden der Türkei ereignete sich am Morgen des 6. Februar 2023 um 04:17 Uhr Ortszeit ein Erdbeben der Stärke 7,7 sowie eine Reihe von schweren Nachbeben. Die Zahl der Todesopfer nach den Erdbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet ist nach offiziellen Angaben auf mehr als 15.000 gestiegen. (Stand: 9.2.23, 09:00). Die Katastrophe beschädigte darüber hinaus Tausende von Gebäuden, ließ die Infrastruktur zusammenbrechen und brachte den gesamten Verkehr in den betroffenen Gebieten zum Erliegen.

In mehreren türkischen Provinzen wie Adana, Aiyaman, Diyarbakir, Gaziantep, Hatay, Kahramanmaras, Kilis, Malatya, Osmnaiye und Sanliurfa wurden erhebliche strukturelle Schäden bestätigt. Da die Rettungsarbeiten noch andauern und die Infrastruktur stark beschädigt wurde, ist in den kommenden Wochen in vielen Teilen der Südtürkei mit erheblichen Beeinträchtigungen der Logistik und der Geschäftsabläufe zu rechnen.

Erdbeben verursacht Störungen im Energiesektor

Die vollen Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb in der Südtürkei werden wahrscheinlich erst sichtbar, wenn mit den Aufräumarbeiten begonnen werden kann. Eine Reihe von Betriebsstörungen, insbesondere im Energiesektor des Landes, wurden jedoch bereits bestätigt.

Kurz nach den Erdbeben wurden mindestens zwei Explosionen an einer Erdgaspipeline in der Nähe des Dorfes Topbogazy in der Provinz Hatay bestätigt. Die Botaş Petroleum Pipeline Corporation, ein staatliches Öl- und Gasunternehmen, hat angekündigt, die Erdgaslieferungen in die südlichen Regionen der Provinzen Gaziantep, Hatay und Kahramanmaras aus Sicherheitsgründen einzustellen. Das Unternehmen bestätigte zwar, dass die Ölpipelines wahrscheinlich keine größeren Schäden erlitten haben, hat aber als Vorsichtsmaßnahme die Lieferungen zum Exportterminal Ceyhan in der Provinz Adana kurzzeitig unterbrochen.

Nach Sicherheitsprüfungen haben die Behörden nun die Wiederaufnahme des Betriebs des Terminals angeordnet. Über die Anlage werden normalerweise täglich eine Million Barrel Öl aus dem Irak und Aserbaidschan über den Hafen von Ceyhan exportiert, die häufig für Raffinerien in Europa bestimmt sind.

Türkische Chemieindustrie ebenfalls betroffen

Auswirkungen wurden auch in der chemischen Industrie bestätigt, wo in den Provinzen Gaziantep und Adana eine Reihe von Industrieanlagen, die Polymerprodukte herstellen, gestört sein sollen. Die Hersteller von Terephthalsäure (PTA, Purified Terephthalic Acid) in Asien – aus denen im Jahr 2022 nahezu 80 Prozent der türkischen PTA-Importe stammten – erwägen Berichten zufolge, ihre Lieferungen zu verschieben. Insbesondere die Lieferungen, die über den Hafen von Iskenderun abgewickelt werden, welcher bei den Erdbeben schwer beschädigt wurde.

Industriegebiete sind zum Teil schwer beschädigt

Da Gaziantep, das Epizentrum des Erdbebens, ein wichtiges Industrie- und Produktionszentrum der Türkei ist, muss in den kommenden Tagen mit Betriebsunterbrechungen und Verzögerungen bei der Versorgung gerechnet werden. Besonders betroffen sind die Textil-, Medizin-, Bau-, Möbel-, Lebensmittel-, Papier- und Metallindustrie, welche bei Gaziantep angesiedelt sind.

Auch in Hatay wurden Industriegebiete schwer beschädigt, was wahrscheinlich zu Betriebsunterbrechungen bei Produktions- und Zulieferbetrieben in der Region führen wird.

Hafenbetrieb im Süden der Türkei lahmgelegt

In der Provinz Hatay musste der gesamte wasser- und landseitige Betrieb des Hafens Iskenderun wegen schwerer Infrastrukturschäden auf unbestimmte Zeit eingestellt werden. Die türkische Schifffahrtsbehörde bestätigte, dass mehrere Docks eingestürzt sind und einige Kais inzwischen erhebliche Risse aufweisen. Hunderte von Containern sollen während des Erdbebens zusammengebrochen sein, mindestens einige Dutzend sind seitdem in Brand geraten. Auch der Verkehr in und um das Hafengebiet ist zum Erliegen gekommen, da die Straßen für Lastwagen unpassierbar sind.

Wegen der erheblichen Schäden haben Reedereien bereits angekündigt, den Hafen bis auf weiteres nicht mehr anzulaufen. Maersk wird Berichten zufolge seine Transporte auf andere Häfen umleiten, darunter den Hafen von Mersin im Nordosten der Türkei und den Hafen von Said in Ägypten. Zusätzlich zu den unmittelbaren Transportunterbrechungen von und nach Iskenderun könnte es in den kommenden Wochen auch in nahegelegenen regionalen Seehäfen zu Verspätungen und Überlastungen kommen.

Standorte von Fracht- und Tankschiffen Innerhalb von 50 Seemeilen um die Türkei, Syrien, Zypern und Ägypten. Bild: Project44
Standorte von Fracht- und Tankschiffen Innerhalb von 50 Seemeilen um die Türkei, Syrien, Zypern und Ägypten. Bild: Project44

Luftfracht schon vor Erdbeben beeinträchtigt

Der Luftfrachtverkehr in Teilen der Türkei war bereits vor dem Erdbeben beeinträchtigt, da die Flughäfen Istanbul, Kahramanmaras und Hatay aufgrund schlechter Wetterbedingungen Flüge gestrichen hatten. Die Verzögerungen dürften sich in nächster Zeit noch verschärfen, da der Flughafen Istanbul nach der Beschädigung seiner Start- und Landebahn durch das Erdbeben für den Flugverkehr geschlossen wurde, während der Flughafen Kahramanmaras und der internationale Flughafen Gaziantep für den zivilen Flugverkehr gesperrt wurden. Das soll den Zugang für Rettungsmannschaften und Hilfsgüter bis auf weiteres gewährleisten.

Das genaue Ausmaß der Schäden am Straßennetz in der Südtürkei ist aufgrund der andauernden Bergungsarbeiten noch unklar. Da jedoch in fast einem Dutzend Provinzen erhebliche Schäden an der Infrastruktur gemeldet wurden, ist in den kommenden Tagen mit erheblichen Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs zu rechnen, bis die Aufräum- und Reparaturarbeiten in den betroffenen Gebieten beginnen können.

Logistik- und Geschäftsbetrieb für Wochen gestört

Die Such- und Rettungsarbeiten sind in weiten Teilen der betroffenen Region noch im Gange und es ist unklar, wann mit den Aufräumarbeiten begonnen werden kann. Bisher wurden in der Türkei etwa einhundert Nachbeben gemeldet, von denen eines annähernd die Stärke des ursprünglichen Bebens hatte. Dies erschwert alle Versuche, Trümmer zu beseitigen oder strukturelle Schäden zu reparieren. Unternehmen, die in der Türkei geschäftlich aktiv sind, müssen in den kommenden Wochen mit weiteren Beeinträchtigungen der Geschäfts- und Logistikabläufe rechnen, insbesondere im Süden der Türkei.

Lieferketten-Verantwortliche können eine SCM-Risikomanagement-Software wie beispielsweise Reveal von Everstream nutzen, um über die Entwicklungen in der Region auf dem Laufenden zu bleiben und Frühwarnsignale für weitere Störungen bei Unternehmen und Logistikdienstleistern sowie Informationen über die jüngsten Maßnahmen der Regierung zu erhalten. (ys)

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