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Willi Ruopp, CEO von CNC24, im Interview

Willi Ruopp, CEO von CNC24, im Interview
Mehr als eine Notlösung

Die Beschaffungsplattform für Präzisionsbauteile CNC24 bezieht Bauteile für mehr als 1500 Kunden über ein internationales Fertigungsnetzwerk von rund 500 Lieferanten. Obwohl viele Kunden seit Jahren treu sind und ihr Auftragsvolumen stetig wächst, sind die Vorbehalte und Berührungsängste zum Start der Zusammenarbeit mit Beschaffungsplattformen groß. Woran liegt das? CEO Willi Ruopp im Gespräch über Wahrheit und Vorurteile bei der Zusammenarbeit mit einer Beschaffungsplattform.

Das Gespräch führte Yannick Schwab, Beschaffung aktuell

Beschaffung aktuell: Herr Ruopp, viele Unternehmen haben ein langjährig aufgebautes und sehr differenziertes Fertigungsnetzwerk. Welchen konkreten Mehrwert kann hier eine Beschaffungsplattform bieten?

Willi Ruopp: Der Mehrwert einer Zusammenarbeit mit einer Beschaffungsplattform, wie wir sie haben, liegt in der effizienten Erweiterung des bestehenden Fertigungsnetzwerkes. Wir bieten unseren Kunden Zugang zu einem breiten Spektrum an europäischen und internationalen Lieferanten. Die eigene Lieferantenbasis wird mit nur einem zusätzlichen Partner um ein Vielfaches erweitert. Die aufwändige Suche, das Onboarding und die Auditierung entfallen. Das schafft eine resilientere Lieferkette und kann Beschaffungskosten reduzieren.

Eine Umfrage hat ergeben, dass wir Kosten um 10 bis 20 Prozent optimieren können. Das schaffen wir über das Matching von Bauteilen und Lohnfertigern sowie über die Realisierung von Skaleneffekten.

Welche Vorbehalte haben Unternehmen, wenn Sie in ein Erstgespräch gehen?

Unternehmen haben teilweise schlechte Erfahrungen mit Plattformen oder Händlern gemacht, die Anfragen ungeprüft in ihrem Netzwerk verteilen. Ein niedriger Einkaufspreis resultiert dabei häufig in schlechter Qualität und erheblicher Mehrarbeit für die Einkaufsabteilungen. Denn niedrige Preise stehen oft auch für fehlende Prozesssicherheit. Es ist ein Unterschied, nur ein Muster oder eine Serie belastbar zu produzieren.

Außerdem gibt es Bedenken, die auf den Verlust des direkten Lieferantenzugriffs abzielen. Hier werden häufig fehlende Auditierungsmöglichkeiten genannt. Wobei wir diese als ISO 9001 zertifiziertes Unternehmen im Sinne des Kunden übernehmen. Hinzu kommen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit und Einhaltung von Qualitätsstandards. Wir verstehen diese Bedenken und adressieren sie proaktiv, indem wir Transparenz und Qualität in den Mittelpunkt unserer Prozesse und der Kontrolle stellen. Wir setzen auf eine kontinuierliche, kennzahlengetriebene Lieferantenentwicklung.

Qualitätssicherung: Eigenes Messzentrum in Berlin

Wie kann bei Ihrem breiten und internationalen Fertigungsnetzwerk die Qualität jeder einzelnen Bestellung gewährleistet werden?

Qualitätssicherung ist ein zentraler Bestandteil der Wertschöpfung von CNC24. Wir setzen auf einen digitalen Auditprozess zur Aufnahme neuer Lieferanten, wobei diese zunächst einfache Bauteile erfolgreich abwickeln müssen, bevor sie für komplexere Aufträge in Betracht gezogen werden. Zusätzlich führen wir Vor-Ort-Audits bei unseren weltweit wichtigsten Lieferanten durch, um unseren hohen Qualitätsstandard sicherzustellen.

Als einzige deutsche Beschaffungsplattform betreiben wir ein vollausgestattetes Messzentrum. In Berlin vermessen wir alle Bauteile, bevor diese mit entsprechenden Prüfnachweisen an die Kunden versandt werden. Qualitätsprobleme identifizieren wir so, bevor diese beim Kunden landen. Das spiegelt sich auch in unserer Kundenreklamationsquote von 0,11 Prozent wider, mit der wir einen branchenweiten Spitzenwert erreichen. Alle im Messzentrum gesammelten Daten fließen in unseren kontinuierlichen Verbesserungsprozess und die Lieferantenentwicklung ein.

Der direkte Kontakt und ein fester Ansprechpartner sind für viele Einkäufer ein elementarer Punkt, um an der klassischen Lohnfertigung festzuhalten. Was kann eine Plattform hier als Alternative anbieten?

Wir verstehen die Bedeutung eines direkten Kontakts und festen Ansprechpartners. Deshalb agieren wir für unsere Kunden im rechtlichen Sinne als Lieferant. Unser Kundenportal ermöglicht eine effiziente Auftragsverfolgung und vereinfacht die Abwicklung von Rahmenverträgen. Dennoch legen wir großen Wert auf den persönlichen Kontakt und stellen sicher, dass unsere Kunden feste Key-Account-Manager und Fertigungsexperten an ihrer Seite haben. Dies gewährleistet eine hohe Erreichbarkeit und schnelle Reaktionen auf Kundenanfragen, einen Service-Level, der weit über das hinausgeht, was klassische Lohnfertiger bieten können.

In welchen Situationen kommen Unternehmen auf Sie zu?

Unternehmen wenden sich häufig an uns, wenn sie mit Qualitäts- oder Liefertreueproblemen bei ihren aktuellen Lieferanten konfrontiert sind und dringend einen alternativen Lieferanten benötigen. In solchen Fällen können wir schnell reagieren und adäquate Lösungen anbieten. Ein weiterer Impuls kann ein Personalwechsel in der Einkaufsabteilung sein. Dieser geht häufig mit einer Überprüfung der eigenen Lieferantenbasis einher. Wir haben auch immer wieder Anfragen von Unternehmen, die Cost-Down-Projekte im Einkauf durchführen. Wir analysieren dann ganze Warengruppen, um die Bauteile mit dem größten Einsparpotenzial zu identifizieren.

Der Ansatz: Digitalisierung trifft Expertise

Einkäufer haben eine große Expertise für die Bauteile ihres Unternehmens. Wie kann der Wissenstransfer über einen Mittelsmann funktionieren, ohne dass bei der Überlieferung Informationen verloren gehen?

Bei CNC24 nutzen wir eine Kombination aus Digitalisierung und Fachexpertise. Informationen aus Fertigungszeichnungen werden automatisch extrahiert und digital erfasst, wobei bis zu 60 Datenpunkte pro Bauteil mit den Fähigkeiten unserer Lieferanten abgeglichen werden. Im Team haben wir viele erfahrene Fertigungsexperten, Ingenieure und Zerspanungsmechaniker, die die Praxis aus eigener Erfahrung kennen. Diese prüfen die Bauteilanforderungen und markieren kritische Punkte auf den Zeichnungen. Um Fehler frühzeitig zu erkennen, müssen unsere Zulieferer vor Versand der Bauteile Messprotokolle übermitteln. Zudem übersetzen wir Zeichnungen und Anweisungen für unsere internationalen Fertiger.

Stichwort Digitalisierung – wie schätzen Sie den Stand der digitalen Transformation in der Beschaffung ein?

Unsere Beobachtungen zeigen, dass insbesondere „Industrie 4.0“ eher in den Medien als in der Realität des deutschen Mittelstands stattfindet. Viele Unternehmen kämpfen noch mit veralteten IT-Infrastrukturen und ERP-Systemen, wodurch eine Vernetzung mit Lieferanten häufig keine Priorität hat. In der Beschaffung werden Anfragen in der Regel per E-Mail gestellt. Der Angebotsabgleich erfolgt dann teilweise manuell oder in selbstprogrammierten Lösungen. Hier bietet CNC24 eine innovative Lösung, um diese Lücke zu schließen und die Digitalisierung in der Beschaffung voranzutreiben.

Digitalisierung, Automatisierung und KI – welches Know-how sollten Einkäufer mitbringen, um Aufträge über eine Beschaffungsplattform abzuwickeln?

Für die Nutzung von Beschaffungsplattformen wie CNC24 ist kein spezialisiertes Fachwissen erforderlich. Während einige Anbieter auf Sofortpreiskalkulatoren setzen, bei denen Fertigungszeichnungen hochgeladen und Bauteile individuell konfiguriert werden müssen, verfolgen wir einen anderen Ansatz. Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Algorithmen und KI-Anwendungen im Hintergrund arbeiten, ohne dass der Einkäufer direkt damit interagieren muss.

Wir haben den Anfrageprozess bewusst einfach und vertraut gestaltet. Einkäufer können ihre Anfragen über unser Kundenportal oder per E-Mail einreichen. Innerhalb von 48 Stunden erhalten sie dann ihre Angebote ebenfalls per E-Mail. Dies ermöglicht es den Einkäufern, ihre Anfragen nahtlos in ihren normalen Workflow zu integrieren, ohne sich an neue Systeme oder komplizierte Prozesse anpassen zu müssen. Unsere Plattform ist darauf ausgerichtet, die Digitalisierung nutzerfreundlich und effizient zu gestalten, um den Einkäufern einen reibungslosen Übergang und eine einfache Handhabung zu ermöglichen.

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