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Trommelmotoren: Standardbaukasten für den Förderbandantrieb

Trommelmotoren
Standardbaukasten für den Förderbandantrieb

Wenn man Trommelmotoren im Einsatz sieht, sehen sie aus, als wären sie speziell für diese eine Förderaufgabe in der jeweiligen Maschine oder Anlage maßgeschneidert. Betreiber und Instandhalter gehen deshalb oftmals davon aus, dass man diesen spezifischen Motor nur bei dem Hersteller beziehen kann, dessen Produkt bereits verbaut ist. Das ist jedoch weit gefehlt.

Der Autor: Andreas Flies, Vertriebsleiter DACH für Stückgutfördertechnik, Rulmeca

Trommelmotoren sind wie Aufsteckgetriebemotoren ein Standardprodukt, das von mehr als einer Handvoll an teils weltweit agierenden Herstellern bezogen werden kann. Der Unterschied ist, dass man für den spezifischen Zuschnitt auf die jeweilige fördertechnische Aufgabe auch all die Punkte des Pflichtenhefts erfüllen muss, die bei konventionellen Antrieben für die Umlenkrolle und das Transmissionssystem zum Gurt oder Modulband gelten. Im Gegenzug erhält man dem Hersteller Rulmeca zufolge eine Form-fits-Function-Auslegung, die all diese Anforderungen in nur einem passgenauen Förderband- oder Rollenbahnantrieb erfüllen soll.

Weniger ist mehr

Dies ist auch oftmals der entscheidende Punkt, weshalb sich Förderanlagen- und Maschinenbauer für einen Trommelmotor entscheiden: Das Design ist „schlanker“ und soll durch viele „Weniger-ist-mehr-Argumente“ überzeugen: Alle anderen Komponenten braucht man weder einzudesignen, einzeln zu beschaffen oder zu fertigen noch zu montieren und sie als Ersatzteil zu bevorraten. Das macht die Stückliste kleiner, die Konstruktion und Montage einfacher und die Beschaffung schlanker.

Das fertige Produkt hat keine seitlich angeflanschten Bauelemente. Der gesamte Antrieb verschwindet in der Umlenkrolle des Förderers bzw. ist in einer Rollenbahn sowohl Antrieb als auch tragende Rolle in einer einzigen Komponente. Das soll nicht nur besser aussehen, sondern ist auch ergonomischer und steigert zudem die Arbeitssicherheit, da man sich nicht an seitlich herausstehenden Elementen stoßen kann. Auch können Gabelstapler oder Paletten den Antrieb nicht so schnell touchieren. Im beengten Umfeld wird zudem wertvoller Platz gespart.

Ein Trommelmotor hat im Gegensatz zu so manchem Getriebemotor auch keine Lüfter mit verschmutzungsanfälligen Lüftungsschlitzen. Das reduziert die Gefahr von hohem Verschleiß durch abrasive Verunreinigungen und die damit verbundenen Wartungskosten. Von den dadurch hervorgerufenen zusätzlichen Standzeiten abgesehen.

Spart Energiekosten und schont die Umwelt

Trommelmotoren sind zudem effizient: Die abgerufene elektrische Leistung wird laut Rulmeca zu 97 Prozent auf den Gurt übertragen, während traditionelle Aufsteckgetriebe oft nur einen Wirkungsgrad von 75 Prozent erreichen würden. Infolge sinken auch die Betriebskosten.

Die teils kritisierte schwere Zugängigkeit zu dem Motor, da er im Fördertisch verbaut und nicht nur seitlich angeschraubt wird, sei in der Regel auch nur vorgeschoben, denn zum einen ist der Motor dem Hersteller zufolge quasi wartungsfrei, sodass es gar nicht erforderlich ist, den Motor mit ein paar Handgriffen ein- und ausbauen zu können. Zum anderen gibt es zahlreiche Beispiele der Schnellspanntechnik von Gurten, die man ohnehin braucht, wenn der Gurt häufiger gewechselt werden muss. So ist dann auch der Trommelmotor schnell zugängig, sodass diesen Einwand schnell entkräftet ist.

Bestimmen der richtigen Daten

Um einen zur Applikation passenden Trommelmotor zu definieren, bedarf es einiger Erfahrung, beziehungsweise guter Beratung vom Trommelmotorhersteller. Die zur Spezifikation erforderlichen Kenndaten hinsichtlich Leistung (kW), Drehmoment (Nm), Tangentialkraft (N) und Geschwindigkeiten (m/s) sind für Konstrukteure, die nicht ständig Förderbandauslegungen berechnen, nicht immer einfach zu bestimmen.

Gleiche Herausforderungen gelten aber genauso für alternative Antriebe, wobei hier noch ein deutlich höherer Aufschlag für verminderten Wirkungsgrad hinzugerechnet werden muss. Infolge kommen oft überdimensionierte klassische Motoren zum Einsatz, was in Zeiten der Nachhaltigkeit und dem Bedarf nach Energieeinsparungen eigentlich nicht mehr vertretbar ist.

Eine gute Beratung vom Motorhersteller ist deshalb essenziell, ganz gleich, welcher Motor zum Einsatz kommen soll. Besonders gut beraten ist man aber beim Trommelmotor, denn er ist für Fördertechnik konzipiert und seine Hersteller haben damit auch einen deutlichen Wissensvorsprung bei der Auslegung von Förderern aller Art. Bei Bedarf konzipieren sie für Kunden auch die Auslegungen. Solche Services wird man bei Herstellern von Standardmotoren, die für alle möglichen Anwendungen und nicht nur Förderlösungen genutzt werden, kaum finden. Schneller und besser zum Ziel zu einem energiesparenden Antrieb kommt man also mit dem Trommelmotor.

Sind die fundamentalen Leistungswerte bestimmt, findet man in den Produktabellen schnell die passende Auslegung, wobei es kostenseitig von Interesse ist zu prüfen, ob man mit einfacheren Trommelmotoren mit internem Planetengetriebe in Polymer-, Stahl oder gemischter Ausführung auskommt oder ob eine robustere und leistungsfähigere Auslegung mit internem Stirnradgetriebe aus Stahl nötig ist.

Durchmesservielfalt

Die Durchmesser der Mantelrohre sind bei den meisten Motorherstellern identisch, da man sich hier bei dem kostengünstigen Standardportfolio der Stahlwerke bedient. Die üblichen Durchmesserklassen sind 80er, 113er, 138er sowie 165er und 220er. Hersteller wie Rulmeca fertigen auch größere Motoren von 320, 400 und 500 bis hin zu 630, 800 und 1000 mm Durchmesser. Das Mantelrohr ist in diversen Stahl- und Edelstahlausführungen konfigurierbar. Letztere Varianten sind in der Lebensmittelproduktion sehr gefragt, da sie sich für Hygienic-Designs eignen. Das Rohr wird ballig gedreht, damit der Gurt sich durch die Spannung zentriert.

Formschlüssig für jedes Förderband

Für Gurte aus thermoplasichem Ellastomer (TPE), die in der Lebensmittelindustrie gerne zum Einsatz kommen, gibt es Ausführungen mit Führungsnuten oder -profilen, die auf die Auslegungen der Gurthersteller formschlüssig angepasst werden. Mit aufgebrachten Gummierungen soll die Friktion zum Gurt erhöht werden. Formschluss wird zudem durch auf das Mantelrohr aufgebrachte Formgummierungen erzielt, so der Hersteller.

Gerne gewählt wird Rulmeca zufolge der Standardmotor mit aufgeschweißtem Keilstahl, sodass Kunststoff- oder Stahlkettenräder seitlich aufgesteckt werden können. Letztlich gibt es laut Unternehmenangaben passende Auslegungen für quasi jeden weltweit verfügbaren Gummi-, PVC-, PU- oder TPE-Gurt sowie für Kunststoffmodulbänder und Stahlgurte. Diese spezifischen Auslegungsformen lassen die Motoren individuell aussehen, obwohl sie aus einem Standardbaukasten gefertigt werden.

Elektrik und Elektronik

Auch die Art, wie der Stromanschluss des Motors erfolgt, ist unterschiedlich konfigurierbar. So gibt es Lösungen, die das fertig konfektionierte Kabel gerade ausführen oder solche mit einer um 90 Grad abgewinkelte Kabelausführung. Optionen sind zudem runde Klemmkästen. Erstere Variante wählt man in der Regel, wenn die erforderliche Kabellänge bekannt ist. Den Klemmenkasten nutzt man, wenn man flexibel bleiben will und erst vor Ort die passende Länge bestimmen kann und das Kabel selbst anschließen will.

Mitunter ist es auch einfacher, einen Förderer mit Klemmkasten zu verpacken, als das Kabel zum Transport aufzuwickeln und seitlich vom Förderer hängen zu haben. Neben der reinen Stromversorgung können zudem thermischer Überlastungsschutz und elektromagnetische Bremsen, Rücklaufsperre für Steigförderer sowie Inkrementalgeber und Encoder für Steuerungsaufgaben bei Positionierungsaufgaben und exakt steuerbarem Vorschub beispielsweise für Pick & Place-Anwendungen integriert sein. Hier gibt es Auslegungen unterschiedlicher Präzision von 24 Inkrementen bis hin zu Lösungen mit einer Positionierungsgenauigkeit von 4096 Inkrementen pro Umdrehung.

Zu beachten: Der Achszapfen

Bei den Achsen gibt es je nach Hersteller unterschiedliche Durchmesser. Günstig sei es, wenn man Hersteller auswählt, die alle gängigen Achsdurchmesser fertigen, da die Trommelmotoren dadurch in jede Verlagerung Halt finden, sodass in der laufenden Serienproduktion keine Änderungen der Konstruktion erforderlich wird, wenn man den Trommelmotorhersteller wechseln will. Firmen wie Rulmeca geben eine Bestandsgarantie für 80er Trommelmotoren mit 17 mm Achse und 13,5er Schlüsselfläche. Optional sind auch weiterhin eine 20 mm Achse mit 14er Schlüsselfläche und eine optionale Zapfenkappe mit 35 mm Durchmesser und 21er Schlüsselfläche verfügbar.

Passgenaues Produkt von der Stange

Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass es gar nicht so komplex ist, „seinen“ Trommelmotor zu spezifizieren, zumal auch Umlenkrollen aus den gleichen Rohren der Stahlproduzenten hergestellt werden. Es gibt also ohnehin diese Vorgaben, die an anderer Stelle der Konstruktion zum Einsatz kommen. Aus einer Hand kann man diese zudem auch bei dem einen oder anderen Trommelmotorhersteller beziehen und bekommt ein homogenes Set für jedwede Gurtauslegung.

Der Trommelmotor-Baukasten ist folglich auf nahezu alle Bedürfnisse anpassbar. Dennoch ist es ein Standardprodukt, das bei diversen Herstellern quasi aus dem Regal heraus beschafft werden kann – vor allem wenn man Rahmenverträge eingeht und den Bestand beim Hersteller bevorraten lässt.



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