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Elektronische Rechnung wird verpflichtend

Wie der Einkauf von der eRechnung profitiert
Elektronische Rechnung wird verpflichtend

Elektronische Rechnung wird verpflichtend
Stellt sich die E-Rechnung auf den ersten Blick vor allem für Buchhaltung und Rechnungsabteilung als Vereinfachung dar, so ergeben sich doch auch für den vorgeschalteten Einkauf ungeahnte Möglichkeiten. Bild: ipuwadol/ stock.adobe.com
Die öffentliche Verwaltung sowie viele Großunternehmen digitalisieren ihre Zahlungsprozesse seit Jahren. Jetzt kommt die gesetzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnung für alle Unternehmen. Übergangsfristen erleichtern die Umstellung, von der auch der Einkauf profitiert.

Auch wenn der Bundesrat das Wachstumschancengesetz Ende vergangenen Jahres statt zur Verkündung zunächst in den Vermittlungsausschuss schickte: Die Pflicht zur elektronischen Rechnung wird kommen. Geplant war der 1.1.2025, aber der Länderkammer schienen die Zumutungen für die deutsche Wirtschaft zu groß, die Umsetzungsfrist zu kurz; nun kommt sie vielleicht erst 2027. Dabei ist das Thema eRechnung bereits seit rund einer Dekade existent und weicht nicht mehr aus den Köpfen.

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Dr. Axel T. Schulte, Abteilungsleiter „Einkauf & Finanzen im SCM“ beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund.
Bild: IML

Denn die Zahlen sprechen für sich: „Schätzungen gehen von Kosteneinsparungspotenzialen in Höhe von 60 bis 80 Prozent aus“, sagt Dr. Axel T. Schulte, Abteilungsleiter „Einkauf & Finanzen im SCM“ beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund. Laut dem Verband elektronische Rechnung (VeR) wiederum kann ein durchschnittliches Unternehmen zwischen 9,50 und 15 Euro pro verarbeiteter Rechnung sparen, die Bearbeitungsdauer soll sich auf ein Drittel reduzieren lassen. Doch das ist noch nicht alles.

Neben der Zeit- und Kostenersparnis ist der schnelle und bedienungsfreundliche Verarbeitungsprozess ein enormer Vorteil. Er ermöglicht größtmögliche Transparenz. Fehler beim Verarbeiten und Abgleichen der Belege werden vermieden, Compliance-Anforderungen sind durch die transparenten Prozesse leichter zu erfüllen, und die Rechnungsdaten sind durch die Automatisierung besser und strenger geschützt.

Transparenz und Sicherheit

Dabei spielt die E-Rechnung ihr wahres Potenzial erst dann aus, wenn sie zentraler Bestandteil einer durchgängig digitalen Kette vom Lieferanten bis zum Kunden ist – ja sogar „von der Auftragserteilung über die Auftragsbestätigung, den Lieferschein, den Wareneingang bis zur Rechnung und Bezahlung“, wie IML-Fachmann Schulte sagt, „denn alle Schritte betreffen dieselbe Einkaufstransaktion und müssen gegeneinander abgeglichen werden können.“

Bestimmte Datenstruktur erforderlich

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Tim Roßky, Geschäftsführer von Cegedim eBusiness, einem Dienstleister für den digitalen Belegaustausch mit Sitz in München.
Bild: Cegedim

Voraussetzung dafür sind strukturierte elektronische Daten, die eine durchgängige Verarbeitung ohne Medienbrüche ermöglichen. Dabei helfen soll die europäische CEN-Norm EN 16931, die festlegt, wie das Datenformat aussehen soll. „Durch diese Standardisierung kommunizieren dann alle Unternehmen nach den gleichen Spielregeln“, hofft Tim Roßky, Geschäftsführer von Cegedim eBusiness, einem Dienstleister für den digitalen Belegaustausch mit Sitz in München. „So lässt sich die gesamte Beschaffungs- und Lieferkette in Zukunft ganz einfach digitalisieren.“

Den Standard der CEN-Norm erfüllen gängige Formate wie xRechnung oder ZUGFeRD (für „Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland“). Sie werden von spezialisierten Dienstleistern zur Verfügung gestellt, die eingangs- und ausgangsseitig alle Rechnungsformate – ob Papier, PDF oder ein anderes Datenformat – digitalisieren, vereinheitlichen und innerhalb von Sekunden wieder direkt in die betrieblichen Prozesse einspeisen. Experte Roßky ist sich sicher: „Wenn alle Systeme richtig konfiguriert und die Prozesse sauber ausgeführt werden, ist eine hohe Dunkelverbuchungsquote zu erzielen, die das Hauptziel eines jeden Unternehmens ist: Vorfälle zu verbuchen, ohne manuell eingreifen zu müssen.“

Der rechtliche Zeitrahmen

Die EU hat mit „ViDA“ (für „VAT in the Digital Age“) eine große Initiative gestartet, die europaweit das Mehrwertsteuerrecht harmonisieren und modernisieren will und dafür als zentralen Bestandteil eine standardisierte eRechnung benötigt. Im Vorgriff darauf will der deutsche Gesetzgeber die Pflicht zur elektronischen Rechnung bereits jetzt im Umsatzsteuergesetz festschreiben. Laut Gesetzentwurf gilt diese ab 1.1.2025, allerdings soll es Übergangsfristen geben, die bis 2027 gestaffelt sind. Bis Ende 2026 bleiben Papierrechnungen zulässig, ebenso elektronische Rechnungen in „alten“ Formaten. Diese Frist verlängert sich für Rechnungsaussteller mit einem Vorjahresumsatz von nicht mehr als 800.000 Euro auf Ende 2027. Ab 2028 wird es endgültig Ernst, die Pflicht trifft dann alle Unternehmen mit Sitz im Inland. Der Zeitplan könnte sich allerdings aufgrund der Intervention des Bundesrates noch verschieben.

Doch Zurücklehnen ist trotz der großzügig bemessenen Umsetzungsfristen nicht angesagt: Weil der Rechnungsaussteller die oben genannten Übergangsfristen nicht in Anspruch nehmen muss, sondern sofort auf die eRechnung umstellen kann, muss jeder Rechnungsempfänger bereits ab 1.1.2025 in der Lage sein, die Daten empfangen und verarbeiten zu können.

Tim Roßky empfiehlt, die Umstellung in kleinere Häppchen zu zerteilen, etwa zunächst überall da, wo noch einfache PDF-Rechnungen versandt werden, auf das ZUGFeRD-Format umzusteigen. „Der Empfänger behält sein Sichtdokument und ihm geht nichts verloren“, erläutert der Experte. „Im Idealfall kann er die mitgelieferten strukturierten Daten schon nutzen und seine Prozesse beschleunigen.“

Wertvolle Daten

Stellt sich die E-Rechnung auf den ersten Blick vor allem für Buchhaltung und Rechnungsabteilung als Vereinfachung dar, so ergeben sich doch auch für den vorgeschalteten Einkauf ungeahnte Möglichkeiten. Insbesondere das Einkaufscontrolling erhält Zugriff auf einen Datenschatz von bisher unbekannter Quantität, Qualität und Aktualität. „Diese Daten sind die Basis für eine Vielzahl von Analysen zur Unterstützung des Einkaufsprozesses“, erläutert Fraunhofer-Forscher Schulte, „von der Einkaufsplanung über Budgetierungen bis hin zu Logistikplanungen und Finanzierungen.“

Rechnungen werden digitaler, aber Belege kommen oft auf Papier

Idealerweise gelingt es, sich mit seinen Lieferanten auf einen durchgängig digitalen Prozess zu einigen – und auf ein Datenformat. Auch nach der Neuregelung im Umsatzsteuergesetz bleibt es zulässig, das Format für den Belegaustausch zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger individuell zu vereinbaren, solange die umsatzsteuerrechtlichen Anforderungen erfüllt werden. Die gesetzlichen Vorgaben sind in dieser Hinsicht technologieoffen gestaltet. So kann auch auf Lieferantenseite die elektronische Rechnung die Abwicklung vereinfachen und manuelle Prozesse ablösen.

Wer als Lieferant immer noch zögert, den überzeugt vielleicht die simple Formel „Schnelle Prüfung – schnelle Zahlung!“ von der smarten Rechnung.


Die Autorin: Anja Falkenstein,

Rechtsanwältin, Karlsruhe


Wie der Einkauf von der eRechnung profitiert

Dr. Axel T. Schulte, Abteilungsleiter „Einkauf & Finanzen im SCM“ beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik, benennt die Potenziale der eRechnung für den Einkauf:

  • Ganzheitlich digitalisierter Purchase-to-Pay- oder Procurement-Prozess
  • Chance, frühzeitig Rechnungsdaten in strukturierter Form zu erhalten, somit effiziente Datenverarbeitung und weitergehende Analyse möglich
  • Automatischer Abgleich von Bestellung, Auftragsbestätigung, Lieferschein und Rechnung möglich
  • Durch Abgleich von Rechnung und Stammdaten Minimierung von Betrugsrisiken möglich
  • Nutzung der strukturierten Daten für Tax-Reporting möglich
  • Durch schnellere Bearbeitung der Eingangsrechnungen Skontoabzug möglich
  • Nutzung der Rechnungsdaten für Finanzierung von Lieferanten: Supply Chain Finance, insbesondere Reverse Factoring und Dynamic Discounting

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RA Anja Falkenstein stellt aktuelle und einkaufsrelevante Rechtsthemen vor.

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