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Wie man ein Gefahrstofflager richtig beschafft

Gefahrstofflager richtig planen und beschaffen
„Zuerst muss geklärt sein, welche Stoffe gelagert werden sollen“

Wird im Unternehmen mit Gefahrstoffen gearbeitet, muss man dafür sorgen, dass diese auf eine sichere Art und Weise gelagert werden. Dabei gibt es einiges zu beachten. Thomas Schmid ist bei der Denios AG als Projektingenieur im Sales des Geschäftsbereichs Engineered Solutions tätig und erklärt im Interview, welche Informationen benötigt werden, um ein Gefahrstofflager genau zu projektieren und welche Rolle der Einkauf dabei spielen kann.

Beschaffung aktuell: Könnten Sie die Denios AG und ihre Produktpalette vorstellen?

Thomas Schmid: Die Denios AG ist ansässig im ostwestfälischen Bad Oeynhausen. Seit 35 Jahren produziert und vertreibt Denios Produkte für den betrieblichen Umwelt- und Arbeitsschutz. Dazu zählen unter anderem Raumsysteme für die Gefahrstofflagerung. Derzeit arbeiten rund 950 Mitarbeiter in 25 Niederlassungen in Europa, China und USA. Neben über 14.000 Standardprodukten wie Auffangwannen oder Transport- und Lagersysteme werden im Geschäftsbereich Engineered Solutions maßgefertigte Raumsysteme für die Gefahrstoff- und Lithiumlagerung, Wärme- und Kältekammern sowie Containment Anlagen entwickelt.

Beschaffung aktuell: 2020 war für uns alle ein besonderes Jahr. Wie haben Sie 2020 erlebt?

Schmid: Ich bin als Projektingenieur im Außendienst für das Verkaufsgebiet Südwestdeutschland bei Denios tätig. Durch Corona sind die Außendiensttermine weniger geworden, weil viele Unternehmen deutlich weniger Besuche zugelassen haben. Wir konnten jedoch schnell und flexibel auf die neue Situation reagieren, da wir die Beratung auch per Telefon- oder Videokonferenz ermöglichen. Dazu greifen wir auf ein umfangreiches Digitalarchiv mit Videos, Bildern und Zeichnungen zu und setzen unseren virtuellen Angebotskonfigurator ein, um für und mit dem Anwender eine individuelle Lösung für seinen Bedarf zu finden. Auf diese Art und Weise konnten wir weiterhin erfolgreich projektieren.

Beschaffung aktuell: Vielen Dank. Kommen wir zum Hauptthema, Gefahrstofflager. Was muss der Einkauf wissen, wenn er ein Gefahrstofflager beschaffen soll?

Schmid: Für diese Aufgabe braucht der Einkauf am besten die Unterstützung aus den Fachabteilungen. Je mehr Aspekte im Vorfeld beachtet werden, desto besser ist das Ergebnis. Zuerst muss geklärt sein, welche Stoffe gelagert werden sollen und welche Stoffeigenschaften bei der Lagerung berücksichtigt werden müssen. Zu jedem Stoff gibt es ein Sicherheitsdatenblatt. Dies ist die Hauptinformationsquelle, hier ist zum Beispiel die Lagerklasse festgelegt. In Abhängigkeit von den Mengen der zu lagernden Stoffe und den Gebindegrößen sieht die Gesetzgebung verschiedene Anforderungen an das Gefahrstofflager vor. Als nächstes müssen genauere Fragen zum Aufstellort beantwortet werden. Soll das Lager innen oder außen aufgestellt werden? Befindet es sich in einem Wasserschutzgebiet? Oder in einer Ex-Zone? Welche klimatischen Bedingungen herrschen vor? Schlussendlich spielt natürlich auch das Budget eine Rolle.

Beschaffung aktuell: Wie kann ich mir das Sicherheitsdatenblatt für Gefahrstoffe im Detail vorstellen?

Schmid: Das Sicherheitsdatenblatt ist quasi der Fahrzeugschein zum Auto. Dazu muss es aber korrekt und aktuell sein, also aus diesem oder letzten Jahr. Der schnelle Wandel, was Gesetze sowie technische Regeln und was Stoffeigenschaften betrifft, macht die Aktualität des Blattes so wichtig. Der Einkauf hat die Möglichkeit, über den Lieferanten das Sicherheitsdatenblatt anzufordern. Anhand der Lagerklassen, die im Sicherheitsdatenblatt hinterlegt sind, lässt sich bestimmen, welche Stoffe zusammengelagert werden dürfen. Das geben in Deutschland die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 510) vor. Die Wassergefährdungsklasse, die ebenfalls im Sicherheitsdatenblatt hinterlegt ist, kommt aus dem Wasserrecht und regelt beispielsweise, welche Prüfplichten und Maßnahmen für den Gewässerschutz einzuhalten sind.

Beschaffung aktuell: Mit welchen Normen und Gesetzen setzen Sie sich oft auseinander und welche Vorgaben gibt es hierzu zu beachten?

Schmid: Für die Lagerung von Gefahrstoffen ist die TRGS 510 wichtig. Die TRGS 510 beschreibt die Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Gebinden oder Behältern, wie zum Beispiel Fässern, IBC oder Paletten mit Kleingebinden. Eine Vielzahl an Normen, Gesetzen, Verordnungen und Regelwerken kommen noch hinzu.

Beschaffung aktuell: Was ist bei der Aufstellung des Gefahrstofflagers von gesetzlicher Seite her gesehen noch wichtig?

Schmid: Bei der Außenaufstellung ist in der Regel eine Baugenehmigung erforderlich. Bei Innenaufstellung muss gegebenenfalls die Anzeige einer Nutzungsänderung gestellt werden.

Außerdem greifen das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV), die den Gewässerschutz regeln. Auch die Betriebssicherheitsverordnung ist wichtig. Werden entzündbare Medien gelagert und es liegt eine Ex-Zone im Lager vor oder steht das Lager in einer Ex-Zone, gilt es auch, den Explosionsschutz zu beachten.

Beschaffung aktuell: Wie kann man sich die Zusammenarbeit mit dem Kunden bei der Projektierung vorstellen?

Schmid: Zu Beginn erfolgt immer die Frage nach dem Stofflistenkataster. In welcher Menge und in welcher Gebindegröße soll welcher Stoff gelagert werden?

Oftmals zeigen sich hier schon die ersten Lücken. Aufstellort und -bedingungen sind ebenfalls entscheidend. Wird das Lager innen aufgestellt, muss die Einbringöffnung groß genug sein, da ein Gefahrstofflager immer fertig montiert geliefert wird. Sind dann Dinge wie Wassergefährdungsklasse, Aufstellort, Stoffeigenschaften, Zusammenlagerung, Ex-Zone und Wasserschutzgebiet geklärt, kann in der Regel mit der Projektierung fortgefahren werden.

Beschaffung aktuell: Ein Fundament braucht man immer, wenn man draußen ein Gefahrstofflager aufstellen will?

Schmid: Alle unsere Lager sind zur Innen- und Außenaufstellung geeignet. Soll das Lager im Außenbereich aufgestellt werden, müssen einige Aspekte beachtet werden: Die Statik verlangt immer ein Fundament (Standsicherheit), um die Lasten definiert ins Erdreich abzuführen. Eine asphaltierte Fläche ist dafür nicht ausreichend. An Küsten oder höheren Lagen können Schnee und Windlasten ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Zudem sollte in dem Fundament eine Stromzuleitung und Erdung geführt werden. Dafür muss ein einreichungsberechtigter Architekt einen Bauantrag stellen. Darüber hinaus ist ein Gefahrstofflager im Außenbereich in der Regel baugenehmigungspflichtig, weil es ein erhöhtes Gefahrenpotenzial mit sich bringt, egal wie klein es ist. Insgesamt entstehen dadurch Peripheriekosten, die der Kunde ebenfalls im Auge haben sollte.

Beschaffung aktuell: Was versteht man unter einer DIBt-Zulassung?

Schmid: Nach deutschem Baurecht gilt ein Raumsystem mit Brandschutz als sogenanntes ungeregeltes Bauprodukt. Für diese Art Bauprodukt ist zwingend eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung erforderlich. Diese wird vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) erteilt. Eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung ist ein zuverlässiger Nachweis, der für unsere Produkte die Eignung zur vorschriftsmäßigen Gefahrstofflagerung bestätigt. Weiterhin liegt der Zulassung eine geprüfte Statik zugrunde. Dies sind entscheidende Vorteile beim Kauf eines Denios-Produktes, das behördlicherseits anerkannt ist. Dies erleichtert die Abwicklung des Genehmigungsverfahrens sowie die zügige Inbetriebnahme eines Brandschutzlagers, da eine Eignungsfeststellung und eine Einzelabnahme nicht mehr notwendig sind.

Beschaffung aktuell: Das heißt, Sie müssen nicht für jeden Kunden das einzelne Lager beantragen?

Schmid: Ja, genau. Die Baugenehmigung muss natürlich für jedes einzelne Gefahrstofflager bei Aufstellung im Außenbereich beantragt werden. Aber die DIBt-Zulassung liegt dem Kunden dazu dann schon vor.

Beschaffung aktuell: Was gibt es bei der Projektierung sonst noch zu beachten?

Schmid: Auf keinen Fall sollte man vergessen, weitere Ansprechpartner während der Projektierungsphase mit einzubinden. Dazu zählen beispielsweise Behörden, Versicherungen oder auch die Feuerwehr, die ohnehin wissen sollte, was in welchen Mengen wie gelagert wird.

Beschaffung aktuell: Welche Bauarten gibt es und worauf muss der Einkauf hier achten?

Schmid: Es gibt den kalten, nicht isolierten Stahlbau. Dann gibt es zwei verschiedene Arten von isolierten Bauten: eine für temperaturempfindliche Stoffe und es gibt die Brandschutzbauweise für die Lagerung von entzündlichen Stoffen.

Beschaffung aktuell: Besonders aufwendige Konstruktionen sind die Brandschutzlager. Können Sie mehr dazu sagen?

Schmid: Ein Brandschutzlager ist das aufwendigste Produkt. Hier zählt ganz besonders die Expertise des Herstellers im Brandschutz, die wir seit 35 Jahren als erfolgreicher Anbieter mitbringen.

In Deutschland muss ein Brandschutzlager eine Feuerwiderstandsfähigkeit von mindestens 90 Minuten besitzen. Das bedeutet, dass es auch im brennenden Zustand 90 Minuten lang stabil stehen bleiben muss. Sollte ein Brand entstehen, hat die Feuerwehr theoretisch 90 Minuten Zeit zur Brandbekämpfung, ohne dass Gefahr vom Gefahrstofflager ausgeht. Da unsere Brandschutzsysteme weltweit vertrieben werden, müssen sie auch den internationalen Anforderungen an Feuerbeständigkeit mit bis zu 120 Minuten von innen und außen erfüllen, welches Denios bei jedem System prüfen und zertifizieren lässt.

Beschaffung aktuell: Sie bieten jetzt ein Brandschutzlager mit Schiebetorsystem an. Wenn ich das richtig verstehe, ist es das einzige Lager mit Schiebetor und Brandschutz von 120 Minuten?

Schmid: Genau, das ist unsere neueste Innovation im Bereich Brandschutz. Denios hat ein bestehendes, etabliertes Brandschutzlager mit Flügeltüren durch Schiebetore ersetzt. Die Flügeltür ist technisch relativ einfach zu lösen.

Ein Schiebetor so dicht zu bauen, dass es dem Feuer zwei Stunden widersteht, ist technisch aufwendiger. Das haben wir als erster Hersteller geschafft. Das System bringt alle Zertifikate auf europäischer Ebene mit, die die Feuerwiderstandsfähigkeit in allen Klassen bestätigen. Damit bietet Denios eine große Vielfalt und Auswahl an unterschiedlichen Raumsystemen, die kundenindividuell konfigurierbar und einsatzfähig sind.

Beschaffung aktuell: Sie haben erwähnt, dass Brandschutzlager mit Flügeltüren viel einfacher zu bauen sind. Warum bieten Sie es nun mit Schiebetoren an?

Schmid: Raumsysteme mit einem Schiebetor ermöglichen größere Bauarten. Große Lagermengen können somit auf relativ kleinem Raum gesetzeskonform gelagert werden. Zudem lässt sich das Schiebetor komfortabel per Knopfdruck elektrisch öffnen. Dies ist beispielsweise für die Fernbedienung direkt vom Gabelstapler aus besonders praktisch.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass ein Schiebetor bei einer hohen Windlast nicht so einfach zufallen kann wie eine Flügeltür, was den Sicherheitsaspekt deutlich erhöht.

Beschaffung aktuell: Welche After-Sales-Services bietet Denios seinen Kunden für Gefahrstofflager an?

Schmid: Unser After-Sales-Service beginnt schon mit der Lieferung. Die reine Entladung und Montage eines Gefahrstofflagers unterliegen der Fachbetriebspflicht. Wurde das Lager in Betrieb genommen, sollte es alle zwölf Monate wiederkehrend geprüft werden. Der Prüfungsumfang ist stark von der Ausstattung des Lagers abhängig. Bei einer regelmäßigen Kontrolle werden Schäden, technische Defekte oder eine nicht bestimmungsgemäße Nutzung frühzeitig entdeckt und in Absprache mit dem Kunden behoben. Auch eine Aufbereitung von verunreinigten und beschädigten Systemen bieten wir an.

Beschaffung aktuell: Und Denios kann diese Prüfung durchführen?

Schmid: Selbstverständlich. Unsere Monteure sind für ihren Einsatz ausgebildet und zertifiziert. Zu den Wartungen gibt es ein Prüfbuch, in dem festgehalten wird, was gemacht wurde, wer es gemacht hat und zu welchem Zeitpunkt. Ist alles in Ordnung, wird ein Prüfstempel angebracht und die Wartung ist abgeschlossen.

Beschaffung aktuell: Gibt es noch weitere Serviceleistungen, die Denios seinen Kunden anbietet?

Schmid: Unser Serviceverständnis verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, so dass wir zu jeder Zeit im Bestellprozess und darüber hinaus oder auch unabhängig von einem Produktkauf wichtige Services anbieten. Wir verfügen über ein Beratungsangebot, das wir auch vor Ort beim Kunden durchführen. Bei Projekten findet immer das Gespräch mit dem Projektingenieur statt, worauf eine individuelle, exakt auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Lösung folgt. Mit der Denios Academy haben wir zusätzlich ein Angebot an Trainings und Seminaren geschaffen, um praxisnahes Wissen zu vermitteln. Digitale Services zählen ebenfalls zu unseren Leistungen, wie zum Beispiel E-Procurement-Lösungen im Rahmen der internationalen Großkundenbetreuung.

Das Gespräch führte Sanja Döttling,
Redakteurin Beschaffung aktuell.


In Kürze

Was muss der Einkäufer vor der Beschaffung eines Gefahrstoffschranks wissen?

Bevor ein Gefahrstofflager eingeführt wird, sollten folgende wichtige Aspekte im Vorfeld abgeklärt werden:

  • Welche Gefahrstoffe sollen in welchen Mengen und Gebindegrößen gelagert werden?
  • Liegen von allen Stoffen die Sicherheitsdatenblätter vor und sind diese noch aktuell? Welche Vorgaben gehen daraus hervor? Wie sind die Gefahrstoffe klassifiziert?
  • Welche besonderen Maßnahmen gehen aus der Gefährdungsbeurteilung und dem Brandschutzkonzept hervor?
  • Wo soll das Lager aufgestellt werden? Welche lokalen, baurechtlichen Anforderungen sind zu berücksichtigen?
  • Bei einer Außenaufstellung ist ein Bauantrag zu stellen und ein Fundament zu berücksichtigen. Peripheriekosten sollten schon im Vorfeld Beachtung finden.
  • Bei einer Innenaufstellung: Ist genügend Platz vorhanden?
  • · Sind externe Ansprechpartner wie z.B. Feuerwehr und Behörden eingebunden?

Die Autorin

Sanja Döttling, Redakteurin Beschaffung aktuell

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